Der 4. Stern – Deutschland ist Weltmeister

Es ist geschafft, es ist tatsächlich geschafft. Die deutsche Nationalmannschaft halt als erstes europäisches Team die WM in Südamerika gewonnen. 1:0 nach Verlängerung gegen beinharte und saustarke Argentinier, die dieses Spiel ebenso hätten gewinnen können. Am Ende aber bleibt die Erkenntnis:

Die über das gesamte Turnier beste und konstanteste Mannschaft hat den Titel geholt.

Fußball-Deutschland feiert, aber auch HSV-Fans können aus dieser Weltmeisterschaft etwas lernen und für die Zukunft mitnehmen.

Mannschaft schlägt Stars.

Brasilien – Neymar. Argentinien – Messi. Holland – Robben. England – Rooney. Italien – Balotelli. Frankreich – Benzema. Deutschland – Team.

Obwohl die deutsche Nationalelf mit Weltklasse-Spielern gespickt ist, ist sie im Gegensatz zu nahezu jeder anderen Nation nicht anhängig von nur einem Weltstar.

Mit Müller, Klose, Özil, Hummels, Khedira, Kroos, Schürrle und Götze hatten die Deutschen 8 verschiedene Torschützen, mehr als jedes andere Land.

Jeder ist jederzeit in der Lage, für den anderen einzuspringen, eine unglaubliche Qualität. Dazu kommt die beste Bank, die eine WM wohl jemals gesehen hat. Viele Spiele wurden von Auswechselspielern geprägt, ein Umstand, den Bundestrainer Löw bereits vor der WM betonte.

Glaube an sich selbst.

Was mussten sich Trainer und Mannschaft im Vorfeld der WM alles anhören, was müssen sich alle Spieler und Trainer anhören? Millionen von Kneipen-Experten und Internet-Trainern wissen es besser, um sich dann, wenn sich ihre Prognosen in Wohlgefallen aufgelöst haben, in der Anonymität zu verkriechen. Diese Mannschaft aber glaubte an sich, an seine Stärken und seine Chancen. Und der Trainer glaubte an sein Team und konnte dieses Vertrauen während der gesamten Weltmeisterschaft perfekt transportieren.

Kontinuität schlägt Aktionismus.

Hätte Sami Khedira gestern gespielt, wären 6 Spieler in der Anfangsaufstellung gewesen, die 2009 die U21-EM gewonnen hatten. Neuer, Boateng, Höwedes, Hummles, Özil, Khedira. Aber der eigentliche Aufbau begann im Grunde bereits 9 Jahre zuvor. In Deutschland hatte man begriffen, dass man als Fußballnation stagnierte, dass man technisch und taktisch international nicht mehr mithalten konnte. Also wurde das gesamte Nachwuchssystem revolutioniert, das Endergebnis sah man gestern und wird man in Zukunft sehen können. Spieler wie Meier, Draxler, Ginter, Durm, Kramer rücken nach, Reus und Gündogan werden zurückkehren.

Demut tut gut.

Während in Deutschland über die Höhe des nächsten Sieges philosophiert wurde, übte sich Mannschaft und Trainer in Demut. Für Überheblichkeiten ist bei der heutigen Dichte im internationalen Fußball kein Platz, wer es sich trotzdem meint, leisten zu müssen, ist raus. Die deutsche Mannschaft und besonders Bundestrainer Löw spielte dem deutschen Fußballvolk einen gelebten Respekt gegenüber dem Gegner vor, den man verinnerlichen sollte. Nur so gelingt es, sich auch den Respekt des Gegners und der gegnerischen Fans zu erwerben. Die deutsche Nationalmannschaft war ein großartiger Botschafter Deutschlands während dieser WM.

Bescheidenheit und Optimismus.

Ich gebe zu – wirklich keine grunddeutschen Tugenden. Die Nationalelf hat es vorgemacht, wie man bescheiden, aber selbstbewußt auftreten kann und muss.

Wenn ich andererseits lesen, wie z.B. das Hamburger Abendblatt die Gewinner und Verlierer der WM bereits zwei Tage vor dem Finale identifiziert, um ihre leeren Seiten zu füllen und bei den Verlierern Mario Götze benennt, sollten sich vielleicht ganz besonders die Medien einmal grundlegende Gedanken über ihren Auftrag und ihre Funktion machen. Und damit meine ich ausdrücklich nicht nur Journalisten, die Blogger-Gerüchte aufgreifen, um damit Exklusivgeschichten zu kreieren.

Mario Götze: Nach dem Ausfall von Marco Reus war Götze zunächst Löws Favorit für die linke Außenbahn. Doch der Jungstar konnte das in ihn gesteckte Vertrauen in keinem Spiel rechtfertigen. Gegen Portugal fiel er als Chancentod auf, in allen anderen Spielen fiel er gar nicht erst auf. Seinen einzigen Treffer gegen Ghana erzielte Götze mehr oder weniger zufällig, als er mit Angst und zusammengekniffenen Augen zum Ball ging und sein Knie anköpfte, von wo aus der Ball den Weg ins Tor fand. Für den 22-Jährigen war der Wechsel von Dortmund nach München nicht der erhoffte Karrieresprung.

Vielleicht hat der Trainer manchmal doch Recht?

Auch ohne den Gewinn des Titels wäre Joachim Löw einer der erfolgreichsten Nationaltrainer der Welt gwesen, aber das will in Deutschland keiner hören. Hier wird dem Trainer Ahnungslosigkeit unterstellt, er ist beratungsresistent. Da werden Spieler gefordert und es werden Spieler auf Positionen gefordert, aber über die eventuellen Beweggründe des Trainers macht sich im Grunde keiner so wirklich Gedanken. Auch und besonders die selbsternannten und gekauften Experten in den “WM-Studios”, die ihre sportlichen Höchstleistungen in den 90er Jahren erbrachten und seither mit Gewichtsproblemen zu kämpfen haben.

Ich denke, der HSV und seine Fans  können einiges aus dieser WM mitnehmen, besonders was Respekt, Demut und Kontinuität betrifft. Dann, aber auch nur dann können wir vielleicht irgendwann einmal wieder etwas zu feiern haben.

Heute morgen erreichte mich eine Mail eines Freundes aus Australien, welche ich gern mit euch teilen möchte.

Congratulations to Germany, for once the best team in the competition was the winner.
Unfortunately for the rest of the world they are a team of young talent and could dominate the world stage for the next 10 years
Regards
Richard

http://www.ardmediathek.de/tv/FIFA-WM-2014/Deutschland-gegen-Argentinien-die-H%C3%B6he/Das-Erste/Video?documentId=22366960&bcastId=21675666

Von | 2014-07-14T10:37:26+02:00 14. Juli 2014|Allgemein|21 Kommentare

21 Comments

  1. Eddie F. 14. Juli 2014 um 08:21 Uhr

    Alles grds. Richtig. Das Team war ein toller Botschafter für D.
    Allerdings wenn die Millionen Kneipen-Trainer, Internetblogger nicht mehr über Fussball schreiben und streiten ist der Fussball tot! Wichtig ist doch das Trainer und Verantwortliche einer jeden Mannschaft ihre Philosophie durchziehen und verantworten, unabhängig davon was Fans und Blogger wollen.

  2. Heiliger Bimbam 14. Juli 2014 um 08:45 Uhr

    Ich bin irre Happy, dass Löw jetzt nicht mehr als “ewiger Zweiter/Dritter” betitelt werden kann. Diesmal hat er alles richtig gemacht, und die n11 hat alles geholt, was geht (Klose Rekordtorschütze, Brasilien bei den geschossenen Toren überholt, erster Sieger in Lateinamerika usw usf).

    Dazu die guten Aussichten – in den englischen Zeitungen (Onlineausgaben) sind die Leser echt neidisch auf das DFB-System.

    So, jetzt Kater auskurieren. 😀

  3. Gravesen 14. Juli 2014 um 08:51 Uhr

    Wie immer lese ich am Tag nach dem Spiel den Liveticker von “11Freunde”, meiner Meinung geht einfach nicht mehr.
    Ein paar Highlights für euch:

    11.
    Jetzt Ecke Argentinien. Neuer schickt seine Leute aus dem Strafraum, sagt zu Messi: »Nur du und ich, Freundchen.« Messi entscheidet sich für Abstoß Deutschland.

    14.
    Demichelis haut Klose um. Der macht ’nen Salto. Als Vorgeschmack.

    27.
    Schweinsteiger! Gelupft auf Klose! Romero mit dem eingesprungenen Kahn. Irgendwo in der Schweiz fällt Chapuisat vom Sofa und schreit: »ICH! WILL! DASS! DAS! ENDLICH! VORBEI! IST!«

    33.
    Gelb für Höwedes nach Siegmann-Foul an Zabaleta. Und irgendwo in Rumänien beginnt Ewald Lienens Narbe, rot zu leuchten.

    38.
    Jetzt aber: Riesenchance Deutschland! Müller auf Schürrle. Die Jungs von der Anzeigetafel suchen schon den Umlaut, doch dann: Romero. Müst.

    39.
    Mascherano zu Schweini: »Wetten, dass wir zusammen fünf Eier haben?« Schweini zu Mascherano: »Wieso? Hast du nur eins?«

    46.
    Schon wieder dieser Higuain. »Abseits«, ruft Bartels, diesmal bedeutend gelassener. Higuain hebt sofort den Daumen in Richtung Sprecherkabine. Richtig gesehen. Kompliment.

    93.
    Hat Bartels Hummels eben »Wummels« genannt? Genial! WUMMELS, mach ihn! JETZT!

    22:55 Uhr
    Im Mannschaftskreis der Argentinier zettelt Torsten Frings eine Keilerei an. Misses next match. Egal.

    112.
    JAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA! GÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖTZE! DIE WELT BRENNT AB! Während dem Schiri das Spiel gerade komplett entgleitet, spielt ausgerechnet, ich betone AUSGERECHNET GÖTZE, einfach weiter oder fängt von vorne an, erinnert sich an sich selbst, fängt Schürrles Flanke mit der Brust ab und zimmert den Ball mit einer Bewegung ins Tor! GÖTZE! ICH LIEBE DICH! JAAAAAAAAAAAAAAAA!

    115.
    Und Großkreutz, der kurz vor der Einwechslung stand? Lacht und weint und weint und lacht, lässt sich von Müller-Wohlfahrt tätowieren: »13.7.2014 – Ich war dabei (fast)!«

    124.
    Aus. Aus. Das Spiel ist aus! Deutschland ist Weltmeister! Und wird heute Nacht noch untergehen. Jetzt sprengen sie hier hier das Viertel. Auch Opfer unter den Deutschen.

    23:43 Uhr
    SMS von Watzke: »Freunde?« SMS zurück von Rummenigge: »Unter Vorbehalt.«

    23:47 Uhr
    Ergreifende Momente. Podolski mit seinem Sohn, Klose mit seinen Enkeln, Hummels mit Höwedes.

    23:49 Uhr
    Delling zu Neuer: »Muss ein großartiges Erlebnis sein!« Neuer nickt. So hatte er das noch gar nicht gesehen.

    23:55 Uhr
    Neuer eilt auf die Tribüne, will den Argentiniern die Silbermedaille aus den Händen fausten. Jetzt übertreibt er aber.

    00:02 Uhr
    Schweinsteiger, blutend. Nimmt die 48 Stufen wie die letzen Meter zum Gipfel des Mount Everest. Hinter ihm Sherpa Lahm. Mit letzter Kraft. Und oben warten schon Niersbach, Merkel, Gauck, wie Touristen, die sich mit dem Heli dort absetzen ließen.

    00:10 Uhr
    Und auf seinem Bauernhof bei Hamburg stemmt Hrubesch eine Vase aus dem Baumarkt zur Wohnzimmerdecke. Danke auch dir, Horst.

    00:26 Uhr
    Auch in der Stunde des Jubels muss Löw sich diese Kritik gefallen lassen: Den 3. Platz hat er nicht verteidigt.

    1:04 Uhr
    Eilmeldung: Ratzinger wieder Papst!

  4. Thomas S. 14. Juli 2014 um 09:30 Uhr

    Bei den ganzen Ehrungen hinterher fehlte mir irgendwie noch die “goldene Eistonne” für Mertesacker 😉
    Ja, das war ein großartiges Endspiel, und auch bei einer Niederlage hätte Löw und die Mannschaft meinen vollen Respekt für diese Weltklasseleistung gehabt. Leider ist durch den ganzen Klimbim mit den Sternen und dem goldenen FIFA-Schild die Fokussierung auf nackte Titel noch stärker geworden. Als wenn es nicht ruhmreich sein kann, aus so einem Finale auch als Zweitbester rauszugehen. Man denke nur an 1966.
    Fazit: Große Leistungen beider Teams! (Lediglich der Schiri fiel etwas ab, aber nicht skandalös.)

  5. Andymax 14. Juli 2014 um 10:24 Uhr

    Nach 1,5 Stunden Schlaf kann ich es noch immer nicht ganz fassen, was für ein Krimi, den auch die Argentinier hätten gewinnen können, egal WELTMEISTER und zwar verdient. Das ein Spieler das Siegtor geschossen hat, der sich während der WM nicht ins Team spielen konnte zeigt wie gut und wichtig ein echtes Kollektiv ist. Wahnsinn, wir sind Weltmeister.

  6. profachpersonal 14. Juli 2014 um 11:56 Uhr

    “Die deutsche Nationalmannschaft war ein großartiger Botschafter Deutschlands während dieser WM.”

    Unterschreibe ich vollumfänglich, und das auf und neben des Platzes.

  7. HSV-1887-es-ist-liebe 14. Juli 2014 um 12:07 Uhr

    Nach den enttäuschenden letzten Weltmeisterschaften, als wir nur zweiter oder dritter wurden, sind wir nun endlich wieder Weltmeister. Nachdem Katastrophen-Rückpass vom überforderten Christoph Kramer, der für Higuaín direkt auflegt, der aber freistehend vor Neuer vergeigt, war für mich klar, dass wir das Spiel gewinnen werden. Schade dass der Löw, den Götze so lange auf die Bank gesetzt hat. Hätte Götze von Anfang an gespielt, wäre das Spiel schon deutlich früher entschieden gewesen. Vielleicht bekommen wir nun endlich mal einen Erfolgstrainer für unser Nationalteam. Warum sich Podolski und Großkreutz im Gegensatz zum Hummels nach dem Spiel so abfeiern lassen, geht auch auf keine Kuhhaut. Unmöglich so ein Verhalten. Die haben doch gar nicht mitgespielt und Herr Hummels hätte wenigstens zur Humba mal aufspringen können. Na egal, ich geh jetzt nochmal einen saufen. SCHLAND! SCHLAND! SCHLAND!

    • Gravesen 14. Juli 2014 um 12:15 Uhr

      Offenbar hast du noch reichlich von gestern.

    • Andymax 14. Juli 2014 um 12:22 Uhr

      Nur enttäuschender Zweiter oder Dritter ? Bei dir hängen die Sterne aber hoch und Rückpass Kramer ? Also in dem Spiel was ich gesehen habe hat Kroos den Rückpass / Kopfball gemacht. Das sich Spieler mitfreuen die vielleicht nicht, oder nur wenig gespielt haben kann ich voll und ganz nachvollziehen, was ist daran verwerflich ? Das Team hat gewonnen, jeder Einzelne hat seinen Beitrag geleistet und sei es Wasserflaschen zu verteilen.

      • HSV-1887-es-ist-liebe 14. Juli 2014 um 12:30 Uhr

        Oh … ein Beitrag voller Widersprüche? könnte das vielleicht Ironie sein? Humorlose Weltmeister mag keiner 😉

        • Andymax 14. Juli 2014 um 12:37 Uhr

          Hättest es vielleicht als humorvoll kenntlich machen sollen und Ironie ist auch nur mit Erklärung zu erkennen, aber egal WELTMEISTER.

          • HSV-1887-es-ist-liebe 14. Juli 2014 um 12:43 Uhr

            Das wäre ja unwitzig und langweilig.

          • Andymax 14. Juli 2014 um 13:02 Uhr

            Dann ist mein intellektueller Horizont zu eingeschränkt um deine feinen Nuancen von Humor zu erkennen.

            Das war ironisch 😉

  8. Thomas 14. Juli 2014 um 14:03 Uhr

    “Mannschaft schlägt Stars” trifft es m.M nach nur bedingt…
    In Deutschland neigen wir leider dazu, nur Spieler aus dem Ausland als “weltklasse” hochzujubeln…

    Ja, die deutsche Nati hat es geschafft, als super Kollektiv aufzutreten, aber es wäre meiner Meinung nach ein wenig respektlos, den anderen Mannschaften “Stars” anzudichten und unsereren Spielern diesesn Status vorzuenthalten?

    Neuer, Hummels, Schweini, Kroos, Khedira, Özil, Lahm, Götze, …… sie alle würde die deutsche Presse als Superstars bezeichen – wenn, ja wenn sie bei ner anderen (eher durchschnittlichen) Nati spielen würde…
    So sind sie halt “nur” deutsche Nationalspieler…

  9. mendikant 14. Juli 2014 um 18:11 Uhr
  10. HorstUwe 14. Juli 2014 um 18:28 Uhr

    https://twitter.com/BILD_HSV

    Kreuzer ist laut Bild raus.

  11. hamuburgmini 14. Juli 2014 um 19:09 Uhr

    Absolute Zustimmung zum obigen Blog.
    Hr. Löw hat es geschafft, aus ganz vielen Einzelkomponenten eine eingeschworene Truppe zu formen in der jeder, durch innere Transparenz (Gespräche) die jeweiligen Entscheidungsprozesse zu verstehen und mitzutragen.

    Es ist so aberwitzig, die sogenannte Expertenrunde auf Sport1 zu sehen.
    Hr. Strunz spricht davon, daß Hr. Löw sein originäres Konzept, kurz vor der WM über den Haufen geschmissen hätte…Ich fasse es nicht… gröhl…

    Dank an das WM Team, für diese tolle Leistung!

  12. HorstUwe 14. Juli 2014 um 19:11 Uhr

    Was ist das eigentlich für eine Art vom neuen “Chef”? Normalerweise muss man dass doch erst der Presse und dann dem Betroffenen erzählen! Wo kommen wir denn da hin? Wir sind schließlich immer noch der HSV!

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