Das Geheimnis der Kette

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Eine Mannschaft gewinnt national eigentlich alle und international so gut wie alle Titel. Diese Mannschaft spielt in einem bestimmten System und zeichnet sich dadurch aus, dass sie in nahezu jedem Match ihren jeweiligen Gegner nicht nur besiegt, sondern beherrscht. Es scheint also so, als hätte der Trainer die für dieses Team perfekte strategische Ausrichtung gefunden, aber was macht dieser Trainer?

Er ändert das System. Normalerweise würde man doch meinen, dieser Mann wäre vom Hahn gehackt. Er hat eine Mannschaft, die das dominante Spielsystem bis zur Perfektion beherrscht, er hat die richtigen Spieler für das System und wenn er sie nicht hat, ist der Verein jederzeit in der Lage, sie zu erwerben. Er aber ändert einfach mal die tatkische Grundordnung, die sich über Jahre hinweg bewährt hatte.

Warum macht Pep Guardiola das? Warum vertraut er nicht einfach dem System, welches sich als überaus erfolgreich entpuppt hat? Warum geht er das Risiko ein, seinen Spielern ein vollkommen anderes System aufdrücken zu wollen, die Spieler aus ihren gewohnten Mustern zu reißen, sie möglicherweise sogar zu verwirren und zu Anfang schlechter zu machen?

Die Antworten  auf diese Fragen sind vielfältig und nicht so einfach zu beantworten, wie man vielleicht denkt.

Um vielleicht noch einmal kurz zu verdeutlichen, worum es hier geht: Wir sprechen von der Abkehr des vielleicht besten Trainers der Welt weg von einer gewohnten und bewährten Vierkette hin zu einer neuen, modernen Dreierkette. Wobei man bedenken muss, dass sich diese Dreierkette nur in dem Fall manifestiert, wenn sich die Bayern in der Offensive befinden. Ist der Gegner im Ballbesitz und in der Hälfte der Münchner, so wandelt sich diese Dreier- zu einer Fünferkette, weil sich die beiden defensiven Mittelspieler (6er) in die Abwehrkette zurückfallen lassen und mit den ursprünglichen Verteidigern auf einer Linie spielen.

Warum aber tut Guardiola dies?

Zuerst einmal denke ich, dass er zu dem Schluss gekommen ist, dass dieses die taktische Ordnung der näheren Zukunft sein wird. Man agiert bei Ballbesitz mit einer Dreierkette, wobei die jeweiligen Außenverteidiger nicht mehr so hoch stehen, wie in der gewohnten Viererkette. Der ca. 90% der Gegner ohnehin nur mit einer Spitze agieren, benötige ich keinen zweiten Innenverteidiger mehr und kann durch die Dreierkette und dem daraus resultierenden 3-4-3 -System eine (noch) größere Kontrolle und eine dauerhafte Überzahl im Mittelfeld erreichen. Dies funktioniert natürlich nur, wenn ich die entsprechenden Spieler dafür habe, wobei der zentrale Mann in der Dreierkette ein extrem polivalenter Spieler sein muss. Umso schwerer trifft die Bayern der Ausfall von Javier Martinez, da dieser Spieler sogar bei den Bayern der einzige Spieler ist, der diesen Part spielen kann. Nicht umsonst bemüht man sich zur Zeit um einen adäquaten Ersatz, da weder Boateng noch Dante diese Rolle spielen können. Sollte dieser Ersatz nicht gefunden werden, wird Guardiola zur Viererkette zurückkehren.

Ein weiterer Grdun für eine derart radikale Veränderung des Systems könnte der Versuch sein, seine Spieler geistig und spielerische flexibel und neugierig zu halten. Die meisten Spieler der Münchner kennen das Spiel mit einem 4-2-3-1 im Schlaf und werden nicht mehr mental gefordert. Jetzt aber müssen Spieler, von denen sich die meisten bei der WM in Brasilien aufhielten, auf ein neues System einstellen. Das impliziert, dass sie zu Beginn Fehler machen werden, dann aber werden sich Erfolge einstellen und die Spieler werden sehen, dass sie dieses System gelernt haben. Der Trainer setzt neue Reize, was besonders bei Akteuren wichtig ist, die sportlich so gut wie alles erreicht haben.

Welches System ist das richtige?

Ich denke, das hängt nicht zuletzt davon ab, welche Spieler ich im gesamten Mannschaftsverbund zur Verfügung habe und welche Spiel-Idee ich grundsätzlich verfolge. Der Matchplan der Bayern sieht grundsätzlich vor, so oft wie möglich in Ballbesitz zu sein. Pressing, schnelle Ball-Rückeroberung und Kontrolle sind das Ziel. Erhalte ich eine eine noch größere Kontrolle durch Überzahl im Mittelfeld, bin ich noch eher in der Lage, den Ball und den Gegner laufen zu lassen.

Bei der WM haben Mannschaften wie Niederlande, Costa Rica, Italien, Algerien und Chile das System der Dreierkette bereits erfolgreich angewandt und ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis auch in der Bundesliga die nächsten Mannschaften auf diesen Zug aufspringen. In Italien wird die Dreierkette übrigens schon seit Jahren von vielen Erstliga-Vereinen praktiziert.

Ach ja, warum schreibe ich eigentlich über ein solches Thema? Hat doch vordergründig mit dem HSV nicht soviel zu tun, oder? 

Doch, hat es. Es soll aufzeigen, dass moderner Fußball eben doch mehr ist als “Tah muss spielen, Rumpelfuss Westermann muss raus”. Oder “Arslan, Badelj, Zoua etc. am besten verschenken”. Ein Trainer wird niemals einen Spieler auf der Bank lassen, der ihm die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs erhöhen würde. Solche Gedanken können nur in wirklich sehr einfach gestrickten Gehirnen vor sich gehen.

Auch deshalb:

https://www.openpetition.de/petition/online/umbenennung-oder-abschaffung-des-hsv-blog-herausgegeben-vom-hamburger-abendblatt

Von | 2014-08-18T08:53:05+02:00 18. August 2014|Allgemein|24 Kommentare

24 Comments

  1. Bernd 18. August 2014 um 09:45 Uhr

    Auch wenn du dich weiter an den Unbelehrbaren abarbeitest, ich bin da ganz bei Asterix: Beati pauperes spiritu (Selig sind die geistig Armen).
    Das aktuelle Problem von Pep dürfte sein das Erfolg satt macht. An dieser Stelle setzen Weltklassetrainer wie er neue geistige Impulse. Ein neues System zwingt jeden Spieler alte Erfahrungswerte über Bord zu werfen und neue zu erlernen. Auch Weltmeister müssen sich in so einer Situation neu erfinden.
    In vielleicht 5-10 Jahren ist es gut möglich, daß auch der HSV vor diesem Luxusproblem steht. Aktuell wäre ich schon sehr froh überhaupt mal wieder ein System zu sehen.
    Das ist auch, natürlich außer dem Nichtabstieg, meine einzige Erwartung an die Spielzeit 2014/15. Ich möchte ein System HSV sehen. Natürlich wird das gerade am Anfang nicht besonders funktionieren. Aber im Laufe der Saison sollte es dann schon eine kontinuierlich besser funktionieren, Rückschläge inklusive.

    • Bernd 18. August 2014 um 09:47 Uhr

      KORREKTUR:
      Aber im Laufe der Saison sollte es dann schon eine kontinuierliche Verbesserung geben, Rückschläge inklusive.

  2. Martin D. 18. August 2014 um 09:48 Uhr

    Zuerst mal,guter Gedankengang von Dir. Bisschen tiefgründiger das alles….

    Ich denke,Mannschaften wie der FC Bayern können sich die veränderten Spiel-Systeme erlauben.
    Sie spielen sowieso immer den dominanten Part in der Partie. Das heißt der Gegner wird sich immer darauf einstellen müssen. Und die meisten denken gegen Bayern,BvB und Co. zu allererst ans verteidigen.
    Das dann eine Vierer-Kette angewandt wird,ist wohl normal. Schon allein deshalb,wenn die dann mit 2 Stürmern angreifen bzw. bei den Bayern sogar mit 3,wenn man Ribery und Robben dazu zählt.
    Diese Gedanken können interessant werden,wenn man gegen Gegner aus der Mitte bzw. unteren Hälfte der Liga antritt.
    Ich sag mal so,solange der HSV nur mit einer nominellen Spitze(Lasogga) ins Rennen geht,könnten unsere Gegner schnell mal auf eine Dreier-Kette umstellen.Wobei es auch hier drauf ankommt,wie torgefährlich die Außenstürmer(Illicevic,Müller)sind.
    Unsere eigene Abwehrreihe könnte ich mir momentan überhaupt nicht als Dreier-Kette vorstellen.Dazu fehlt uns schlichtweg das Personal.
    Ich halte Djourou für einen guten,aber eben nicht überragenden IV.
    Und das muß er sein,um dieses System zu spielen.
    Desweiteren zählen ja auch die beiden def. MF-Spieler dazu. Okay,Behrami traue ich das von seiner Spielintelligenz durchaus zu,hinten mit rein zu rücken,aber Milan? Der hat große Geschwindigkeitsdefizite,das geht nicht gut.

    Mal davon ab,wenn es um die wirklich wichtigen Titel ging,haben immer Mannschaften mit einer Vierer-Kette das Rennen gemacht!!!
    Real in der CL,und unser WM-Titel.Beides mit 4er-Kette…..

    Ich denke,das Guardiola einfach seine Spieler bei Laune halten will.Sprich sie müssen immer am Ball bleiben….

  3. Gravesen 18. August 2014 um 10:32 Uhr

    Es macht mir immer wieder große Freude, mit meinem kleinen One-man-Blog den Stichwortgeber für Printmedien und andere Blogs geben zu dürfen. Auch wenn die Teilnehmer dort aufgrund mentalen Unterdrucks nicht in der Lage sein werden, den Themen folgen zu können 😀

    http://mobil.abendblatt.de/sport/fussball/hsv/article131288211/Der-HSV-entdeckt-die-Geschwindigkeit-fuer-sich.html

    VorStopper sagt:
    18. August 2014 um 10:27

    Bla bla bla…

    An die Taktikliebhaber im Blog : wieviele BL haben/werden in naechsten Saison bereits bei Bedarf auf Dreierkette umstellen/spielen – was meint/wisst Ihr ?
    Endlich geht es wieder looos

  4. Iserbrooker 18. August 2014 um 11:36 Uhr

    Gibt es eigentlich auch einmal einen guten Beitrag ohne einen Schuß gegen den anderen Blog? Muss man die anderen Blogger immer mit beleidigenden Namen titulieren?

    Wie tief muss der Stachel sitzen, dass man nach der langen Zeit noch immer so viel Hass auf DEN HSV-Blog hat?

    Schreibe doch einfach deine zum Teil sehr guten und interessanten Texte zu guten Themen und lass die anderen Blogs links liegen! Würde dir sehr gut zu Gesicht stehen und Ruhe in die Sache bringen! Ich finde es nämlich toll, dass es zwei Bundesligisten in HH gibt – warum nicht auch zwei große Blogs, die sich mit unserem HSV beschäftigen?

    • Gravesen 18. August 2014 um 12:39 Uhr

      Ich würde vorschlagen, du hörst einfach damit auf, dich zu Dingen zu äußern, von denen du keine Ahnung hast. Was mir gut zu Gesicht steht, weiß ich selbst, dafür brauche ich keine Anleitung.

      Es gibt weder Stachel noch Hass, sondern lediglich Feststellungen von Tatsachen und ob ich die meinem Blog beschreibe oder nicht, überlass doch bitte mir. Danke.

    • Gnatz 18. August 2014 um 18:22 Uhr

      Es geht doch genau darum, sich von anderen Blogs abzuheben. Sich unikativ aufzustellen. Von daher sind gerade Seitenhiebe ein willkommenes Stilmittel.
      Was ich viel schöner finde ist, das Gravesen den Leser mit frischen Themen zum denken anregt. Was wiederum, bei oben genannten anderem Blog mal absolut nicht getan wird. Ganz im Gegenteil wird dort versucht dem Leser eine Meinung für bare Münze aufzutischen, welches eine Diskussion im vornherein nur in eine Richtung lenkt.

      Also Gravesen, bitte erquicke mich weiter mit deinen frischen Themen, Danke!

  5. hamuburgmini 18. August 2014 um 12:12 Uhr

    Sehr schöner Beitrag.
    Eine Richtung ist erkennbar, bzw. war bereits bei den Holländern während der WM zu beobachten, sie heißt, weg von starren Systemen, hin zur Flexibilisierung und zur Variabilität des eigenen Spielsystems.
    In starren Systemen sind schnell Schwachstellen auszumachen und gibt den jeweiligen Gegnern die Möglichkeit, diese konsequent anzugreifen.
    Erfährt das System jedoch einen spielenden Wechsel wird es für den Gegner um schwieriger darauf zu agieren, bzw. ist mehr auf Einzelleistungen angewiesen.
    Eine situative Spielanpassung erfordert höchste Spielintelligenz und Antizipation. Es ist umso einfacher zu bewerkstelligen, wenn dieses in der Jugend umgesetzt wird und die Spieler nicht mehr positionsgebunden spielen.
    Für den HSV heißt das erstmal gar nichts, denn die müssen zunächst ein passendes Grundsystem finden, Bayern ist bereits eine, oder zwei Stufen voraus…

  6. Gravesen 18. August 2014 um 18:54 Uhr

    ….und die Proleten drehen bereits wieder an Rad

  7. Gravesen 18. August 2014 um 19:27 Uhr

    Immer wieder unbegreiflich, wie ‘DER HSV-BLOG’ immer wieder dieses asoziale Pöbelpack gewähren lässt

    • neuer 18. August 2014 um 19:57 Uhr

      wobei man ja schon etwas sauer, ob der Leistung des hsv sein kann oder ?

      • Gravesen 18. August 2014 um 20:07 Uhr

        Ja, ich bin auch persönlich beleidigt, weil einige Pässe nicht ankommen. Meine Fresse

        • Will nur mal 18. August 2014 um 20:11 Uhr

          Ruhig Brauner… 😉

        • neuer 18. August 2014 um 20:12 Uhr

          ne persönlich darf man das ganze natürlich nicht nehmen…ich bin aber etwas von slomka enttäuscht und hätte etwas mehr mut hinsichtlich der Aufstellung erwartet….

          • Will nur mal 18. August 2014 um 20:16 Uhr

            Was hätte er denn mutiges tun können ?
            Beister vor der OP nochmal spielen lassen, oder Lasogga von Anfang an spielen lassen ?, was sind denn im ersten Pflichtspiel die Optionen “mutig” zu sein ???

          • neuer 18. August 2014 um 20:22 Uhr

            es geht auch darum ein Zeichen zusetzen und jungen spielern wie demirbay,tah eine chance zu geben…. ich bin nicht der Trainer, aber die spieler sollten wissen, dass sie um ihre position kämpfen müssen ….

          • Jan 18. August 2014 um 20:27 Uhr

            Tja, und wenn demirbay oder Tah gespielt hätten und es würde so laufen wie jetzt, dann wäre das Geschrei groß, warum Slomka nicht die (vermeintlich) beste Elf an den Start schickt. Als HSV-Trainer kann man machen, was man will – es ist für manche immer verkehrt.. 😉

          • neuer 18. August 2014 um 20:32 Uhr

            es ging mir darum das der Trainer ein Zeichen setzen sollte und nicht die selben spieler wie letztes jahr auflaufen lassen sollte. der Konkurrenzkampf in der Mannschaft wird doch so komplett untergraben. das bleibt doch auch in den köpfen der spiele hängen! von tah zum Beispiel habe ich nicht ein wirklich schlechtes spiel gesehen. jirazek war auch in den Vorbereitungsspielen nicht gerade überragend ,aber er darf spielen.
            was soll ich das als junger spieler denken ?
            aber ich bin da wohl jetzt zu emotional… übrigens tor vdv 🙂

  8. Will nur mal 18. August 2014 um 20:00 Uhr

    Wieder ein Grund mehr die Diskussion um Heiko Westermann zu beenden…
    Tor für unseren HSV…!!!

    • Jorgo 18. August 2014 um 20:32 Uhr

      ja, großes Kino. So war das auch mit “Holler”. Der konnte nix. Also Fachleute waren der Auffassung. Alle Anderen waren besser. Gespielt hat dann aber “Holler”. Und das was auch gut so 🙂

  9. Bwana Bruce 18. August 2014 um 21:33 Uhr

    Na,da geht das Prollgebrüll im Sadoblock mit Anlauf wieder los ! Motzi und “Kollegen” werdens schon richten .

    Ich freue mich trotzdem für unseren HSV !

    Sonnige grüße , Bwana Bruce

  10. ausgegliedert 18. August 2014 um 21:50 Uhr

    Puh…glanzloses Weiterkommen wie erwartet. Ich würde mir wünschen, daß mit den Neuzugängen noch etwas alter Mief aus der Mannschaft kommt.

    Die erste Hz erinnerte doch zu sehr an letzte Saison.

  11. Thomas S. 18. August 2014 um 21:58 Uhr

    Also, Cottbus hat gekämpft bis zum Umfallen, und der HSV hat den Kampf angenommen. Mit dem guten und verdienten Ende für sich, denn spielerisch war der HSV besser.
    Fazit: Mir hat’s gefallen!

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