Generation Welttrainer

So richtige Fußball-Experten sind doch was Tolles, oder? Die Meisten von ihnen sitzen auf dem Sofa, stopfen sich Chips und Bier rein und haben mehr Ahnung als Guardiola und der Bundestrainer zusammen. Dann gibt’s noch die, die ins Stadion gehen, aber vor lauter Gepöbel auf Spieler, Schiedsrichter, Trainer oder Wetter nur maximal 30% vom Spiel selbst sehen. Dennoch wissen sie alles. Und mehr.

Und dann gibt es da noch die elitäre Gruppe der Ex-Bundesligaspieler. Jungs, die in grauer Vorzeit die Knochen hingehalten haben und die heute Beurteilungen und Analysen abgegeben, dass einem der Frühstück hochkommt. Dabei haben sich nicht nur die Ansichten, sondern auch die Perspektiven extrem verschoben, denn ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, in denen

Lothar Matthäus auf die Presse schimpfte,

Mario Basler Journalisten Prügel androhte,

“Mad Jens” Lehmann aussah, als wolle er im nächsten Moment seinen Fragesteller beißen,

Oliver Kahn seinen Gesprächspartner erst lächerlich machte und dann einfach verschwand,

Frank Rost kurz vorm Hyperventilieren war,

und und und.

Nun, alles vergessen. Heutzutage machen exakt diese Herren im Grunde genau das, wofür sie vor nicht allzu langer Zeit andere in die Hölle wünschten. Sei es ihnen gestattet, altersmilde zu werden muss ja nicht schlechtes sein.

Umsetzung schwierig

Die Frage, die ich mir aber eigentlich gestellt habe, ist eine andere. Was ist eigentlich aus all diesen kickenden “Experten” geworden, die sich früher in kurzen Hosen auf dem Rasen traten? Wie viele von ihnen haben ihre vermeintliche Expertise tatsächlich umgesetzt und sitzen heute nicht im warmen Studio, um großspurig den Stab über andere zu brechen?

Schaut man sich die Liste deren an, die dem Fußball irgendwie erhalten geblieben sind (die Liste ist aber sowas von unvollständig), dann fällt auf, dass die Wenigsten tatsächlich heute tatsächliche Verantwortung übernommen haben oder besser noch, übernehmen durften. Die Meisten hängen bei ARD oder ZDF  rum und scheißen klug, wenn die Nationalelf spielt (Kahn, Lehmann, Scholl). Sie sitzen bei SKY am Meckertisch und versuchen, ein Bundesligaspiel zu bewerten (Matthäus, Metzelder, Effenberg, Hamann) oder spielen Moderator bei zweifelhaften Diskusksionsrunden wie Doppelpass (Helmer, Strunz). Einige besonders verstrahlte schreiben “Kolumnen” im Internet (Berthold) oder lassen sich zu Fantalks einladen (Basler, Rost).

Dann gibt es da noch welche, die tatsächlich Trainer geworden sind, wenn auch mit mäßigem Erfolg. Fink, Babbel, Litti-San, Ziege, Häßler (Iran), Buchwald, Brehme, Doll. Die Meisten trainieren irgendwelche unwichtigen Teams, sind im Ausland oder raus aus dem Rennen.

Nur ganz wenige der ehemaligen Klassespieler haben es tatsächlich geschafft, aus ihrem Wissen um den Sport tatsächlich sowas wie eine echte Trainerkarriere zu machen.

Klinsmann (DFB, Bayern, USA-Nationalmannschaft), Sammer (BVB), Völler (DFB), Beckenbauer natürlich (DFB, Bayern), Hrubesch (DFB), Köpke (DFB). Ansonsten fällt mir noch Frontzeck ein, der gerade den Feuerwehrmann in Hannover spielt. Aber sonst? Was ist denn eigentlich aus dieser Generation der zukünftigen Bayern-Trainer geworden? Fink, Babbel, Scholl, Kahn, Frings. Ok, Nico Kovac trainiert heute Kroatiens Nationalmannschaft, aber das war’s dann auch schon.

Wer nichts wird, wird Wirt. Wer gar nichts kann, wird Berater.

Dies gilt auch für viele Ex-Spieler und sogar Ex-Nationalspieler. Thomas Strunz ist so ein Beispiel, Ludwig Kögl ebenfalls. Einige sind an Agenturen beteiligt.

Guardiola (Barcelona, Spanien), Hecking (36 Spiele in der Bundesliga), Schmidt (Regionalliga Süd-West), Favre (29 Länderspiele Schweiz), di Matteo (Premier League, Serie A, 34 Länderspiele für Italien), Weinzierl (2. Bundesliga), Skripnik (Bundesliga, 21 Länderspiel für die Ukraine), Gisdol (Oberliga), Klopp (2. Bundesliga), Schmidt, Stöger (67 Länderspiele für Österreich), Schaaf (Bundesliga), Dardai (Bundesliga, 61 Länderspiele für Ungarn), Breitenreiter (Bundesliga), Streich (2. Bundesliga), Frontzeck (Bundesliga, 19 Länderspiele für Deutschland), Labbadia (Bundesliga, 2 Länderspiele für Deutschland), Stevens (Eredivisie, 18 Länderspiele für Holland.

Dies sind die Trainer, die aktuell die 18 Vereine der ersten Bundesliga betreuen. Die Wege sind vollkommen unterschiedlich, von Oberliga bis italienische Nationalmannschaft ist alles dabei. Was nicht dabei ist, ist jemand aus der Generation Welttrainer, also ehemalige (Bayern)-Spieler, denen man aufgrund ihrer Erfolge als Spieler eine ebenso große Karriere als Trainer prophezeite. Aber dafür können wir reichlich von ihnen spätestens heute Abend wieder bei SKY, Sport 1 oder Entenhausen-TV bewundern, wie sie all das, was die echten Trainer machen, viel besser gemacht hätten.

Von | 2015-05-03T08:02:25+02:00 3. Mai 2015|Allgemein|16 Kommentare

16 Comments

  1. Gravesen 3. Mai 2015 um 09:55 Uhr

    Schon klar, aber die richtige Weltkarriere ist das bisher auch nicht, oder?

  2. Oliver Bruchholz 3. Mai 2015 um 14:29 Uhr

    Hallo Grave. Mir fehlt in deiner Liste der Name Augenthaler. Bei ihm hätte man ja denken können das es was wird als Trainer. Aber hat sich auch relativ schnell abgeschliffen. Was macht der jetzt?

  3. Goldfather 3. Mai 2015 um 15:15 Uhr

    Zuviele Bewerber auf zuwenig hochkaratige Jobs. Selbst ehemalige Weltmeister müssen sich hinten anstellen, wenn es darum geht einen der wenigen Spitzenjobs zu bekommen.
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    Und nicht immer ist es von Vorteil “nur” Spieler gewesen zu sein, da die Intensität des Spielerlebens auf höchstem Niveau häufig kaum etwas anderes zulässt, als die Konzentration auf das nächste Spiel zu lenken. Über den Tellerrand schauen wird somit kaum noch möglich. Jürgen Klinsmann ist in dieser Kategorie das blaue Einhorn in der Masse der erfolgreichen Spitzenspieler.
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    Auch ein Oliver Bierhoff hat sich während seiner aktiven Zeit mit einem BWL-Studium auseinandergesetzt und sich weitreichende Gedanken für den Tag X nach seiner Spielerkarriere gemacht. Bierhoff macht beim DFB übrigens nicht den schlechtesten Job und wäre irgendwann einmal ein Kandidat für den Vorstandsvorsitz des HSV. Insbesondere dann, wenn es für längere Zeit in die zweite Liga gehen sollte.
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    Oder man nehme Matthias Sammer, den Unsympathen schlechthin, der bereits als Kleinkind regelmäßig dabei war wenn sein Vater Klaus Sammer sich mit Trainern und Spielern beriet und Fachgespräche führte. Sammer spielte seit jeher Fußball, Sammer dachte seit jeher Fußball, Sammer atmet seit jeher Fußball, Sammer ist Fußball. Seine Ehefrau tut mir hinsichtlich dieser Tatsachen ein klein wenig leid, auch wenn sie dafür großzügig entschädigt wird.
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    Sammer, als der zur Zeit wohl radikalste Fußball-Maniac der Liga, neben dem einzig anderen Fußball-Maniac der Liga Pep Guardiola, ist für die Bayern keinesfalls leichtes Spiel, da man nicht nur beim Streit um den Doc sehen konnte, wie scharf auch in München geschossen wird, wenn einer der Maniacs seinen Willen nicht bekommt.
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    Wäre Sammer in Hamburg aus seinem Raumschiff ausgestiegen und hätte erst in Rautenuniform auf dem Platz in Bahrenfeld erfahren, dass er sich auf dem falschen Planeten befindet, wäre es für eine relativ kurze Zeit hoch hergegangen. Sammer hätte den HSV, um in der Sprache des bayrischen Fußballhauptquartiers zu bleiben, entweder zum totalen Fußball, zum totalen Sieg, oder aber in einen Untergang geführt, der sich vom aktuellen nur in der Lautstärke unterschieden hätte.
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    Didi und Alm-Peter moderieren den aktuellen Untergang des HSV wesentlich seichter, als es dem Choleriker Sammer möglich gewesen wäre. Die Band spielt noch und Treueschwüre für die zweite Liga machen die Runde, obwohl keine Sau weiß, ob der HSV überhaupt in der zweiten Liga antreten dürfte…
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    Welcher Spieler, welcher Trainer, hätte beim HSV den Ansprüchen Sammers gerecht werden können? Schon allein die regelmäßigen Diskussionen Sammers mit einem Fußballanalphabeten aus dem AR des HSV, hätten ständig am Selbstwertgefühl Sammers genagt und dazu geführt, dass er bei ausbleibendem Erfolg dem ersten guten Angebot gefolgt wäre.
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    Sammer will Erfolg und zwar sofort. Beim HSV hätte es wohl weder Erfolg noch sofort gegeben…
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    Sammer ist selbstverständlich die Ausnahme unter den Exspielern, die blaue Mauritius der Bundesliga sozusagen. Ein Großteil der Spieler, die früher auf höchstem Niveau gespielt haben, hat weder Ahnung von Trainingslehre, noch von taktischen Entwicklungen, die mehr mit höherer Mathematik zu tun haben, als mit einer blonden Spielerfrau oder dem Rotlichtbezirk des jeweiligen Auswärtsspiels.
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    Anders ausgedrückt: Eine Spielerkarriere auf höchstem Niveau läuft von den ersten Sichtungen im Jugendbereich bis zum letzten Kick ungefähr 20 Jahre. Zwanzig Jahre Druck, zwanzig Jahre bis zum nächsten Spiel denken, zwanzig Jahre Fanschwüre oder aber Pöbelleien, zwanzig Jahre medizinische Abteilung, zwanzig Jahre eine unzufriedene Partnerin.
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    Ich kann es keinem Ex-Kicker verdenken, wenn er auf den ganzen Zirkus keinen Bock mehr hat und die wenigen schmerzfreien Jahre, die ihm noch bleiben, er zwar in der Nähe des Profizirkus bleiben möchte, doch niemals wieder ähnlichen Druckverhältnissen ausgeliefert zu sein.
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    Die Jungs sind auch nur Menschen, die gerne alte Bekannte treffen und ein wenig Spass haben möchten – echte Maniacs gibt es in der aktuellen Liga nur zwei. Sowohl Sammer, als auch Guardiola würden keine Minute zögern nackt vor einer Milliarde Fernsehzuschauern am Spielfeldrand zu erscheinen, wenn es die Qualifikation des FC Bayern für das Finale der CL erfordern sollte.
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    https://www.youtube.com/watch?v=WDpipB4yehk
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    Here’s Matthias!

  4. Oliver Bruchholz 3. Mai 2015 um 15:28 Uhr

    Also Goldfather. Dein Hohelied auf Sammer kann ich nicht so stehen lassen. Was die Profimannschaft des FC Bayern betrifft könnte diesen Job jeder Depp machen. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst das ausser den, den Pep will,jemand geholt wirb,ein Vertrag verlängert wird oder einer verkauft wird! Sammer ist der Generalsekretär des FC Bayern. Große Sprüche und nicht viel dahinter. Wohlgemerkt das gilt nur für Sammer.

  5. Goldfather 3. Mai 2015 um 15:49 Uhr

    Jede fußballerische Entscheidung jenseits von Pep wird von Sammer gefällt bei den Bayern und so wie es aussieht wird Sammer noch bei den Bayern sein, wenn Pep bereits Geschichte ist.
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    Im taktischen Bereich lernt Sammer täglich von Pep. Welcher gestandene Ex-Profi der Generation Sammer lernt täglich von jemandem der diesbezüglich Welten entfernt scheint? Und welchem Ex-Profi ist zuzutrauen, dass er das Gelernte versteht und umzusetzen in der Lage ist?
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    Mit Sammer als Sportdirektor hatte der DFB seine erfolgreichste Zeit im Jugendbereich. Sammer wurde als Trainer bereits Meister, als andere Spieler seiner Generation gerade anfingen sich über ein Leben nach der Spielerkarriere Gedanken zu machen.
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    Es ist Sammer zu verdanken, dass beim DFB der Gedanke Einzug hielt, dass es um Titel geht und nicht darum dabei gewesen zu sein. Der WM-Erfolg 2014 wurde zu einem wesentlichen Teil von Spielern errungen, die unter Sammer als DFB-Direktor bereits im Jugendbereich gelernt hatten von sich selbst den maximalen Erfolg und somit Titel zu fordern.
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    Auch beim FC Bayern geht nicht alles automatisch nur weil genug Geld vorhanden ist. Man schaue sich diesbezüglich nur den HSV an und vergleiche ihn mit Leverkusen. Gleiche Kaderkosten bei vollkommen unterschiedlichen sportlichen Verläufen. Der HSV hat genug Geld, um im ersten Drittel der Liga mitzuspielen.
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    Wären die Bayern ähnlich unterwegs wie der HSV würden sie trotz überragender wirtschaftlicher Mittel irgendwo um die Euroleague mitspielen, doch niemals um die Meisterschaft.
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    Sammer beherrscht alles, von der Ausbildung von Kindermannschaften bis zur Meisterschaft mit einem Ligateam. Sollte Löw eines Tages zurücktreten, möglicherweise weil die EM nicht so gut gelaufen ist, wäre Sammer der entsprechende Kandidat – zumal er aktuell von seinem Bruder im Geiste, Pep Guardiola, den letzten taktischen Schlif bekommt.
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    Ob die Bayern ihn gehen lassen würden? Sie würden sich mit Haut, Haaren und Intrigen wehren…

  6. Oliver Bruchholz 3. Mai 2015 um 16:27 Uhr

    Ich spreche nur von Sammer im Profibereich. Alles andere erkenne ich wohl an. Auch das es nur das Geld ist habe ich nicht gesagt. Aber im Profibereich hat er nicht viel zu melden. Meine Überzeugung

  7. Sven 3. Mai 2015 um 17:50 Uhr

    Also Netzer in der ARD fand ich immer erfrischend… 2:1 in Mainz, bin noch ganz von den Socken. Und man konnte das Spiel ganz tiefenentspannt anschauen… 😉

  8. atari 3. Mai 2015 um 17:58 Uhr

    in der Einöde wird wieder extrem sachlich über Fussball diskutiert….
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    Dylan1941 sagt:
    3. Mai 2015 um 16:58
    de blasis? dachte so heißt die Olle vom Boateng die immer viel Sex haben will

  9. Oliver Bruchholz 3. Mai 2015 um 18:14 Uhr

    Also Sven. Tiefenentspannt ist aber was anderes. Ich war kurz vorm Infarkt. Vielleicht schaffen wir es ja doch! Glaubt eigentlich kein Mensch. Trotz aller Amateure an den Schalthebeln. Da hält uns womöglich ein Spieler am leben,der noch nie Wertschätzung hatte. Ein Abwehrspieler der an seine Grenzen geht! Obwohl er Schmerzen hat! Unglaublich. Jetzt nur noch Freiburg. Ohne wieder zu übertreiben. War nur ein Sieg. Bedenke: Noch drei Niederlagen und der HSV ist weg

  10. ausgegliedert 3. Mai 2015 um 18:42 Uhr

    Sollte Bruno den richtigen Schalter gefunden haben, beim alten Mief doch noch Ehrgeiz zu wecken, würde er (zumindest bei mir) deutlich an Profil gwinnnen. Wieviel Wille tatsächlich in der Truppe steckt, würde man wohl nur bei einem Rückstand nächsten Freitag beurteilen können.
    Aber trotzdem ein Lob an Kacar, das war immens wichtig!

  11. Sven 3. Mai 2015 um 18:49 Uhr

    Also Oliver: der aggressive Leader noch nicht mal auf der Tribüne. Kacar das zweite Spiel in Folge. Rudnevs mit dabei. Kein Spiel was man sich zwischen den Fingern hindurch anschauen müsste. Wenn L das noch 2 Spiele durchhält, dann muß UnsUwe sein Fuss weichen. Selbst wenn wir dennoch absteigen, das sieht Welten besser aus. – Wieso jubelt im TV egtl der Knäbel????

  12. Oliver Bruchholz 3. Mai 2015 um 19:01 Uhr

    Na der Knäbel wird sich,sollte es so kommen, den Klassenerhalt auf die eigenen Fahnen schreiben und so weiter machen! Trotzdem freu ich mich für Bruno und den HSV. Und vor allem für ein paar Spieler

  13. Lusankya 4. Mai 2015 um 02:45 Uhr

    Kommt mir das nur so vor, oder tat sich hier extrem etwas? Kenne nur die Zeiten wo sich die Leute beteiligt haben, ohne Wenn und Aber! Seitens des Blog-Betreibers zu viel Pessimismus? Jedenfalls lassen das die letzten Blog’s vermuten!

    • Gravesen 4. Mai 2015 um 08:11 Uhr

      Ich an deiner Stelle würde einfach wegbleiben, wenn’s mir nicht passt.

  14. Ywergnase 4. Mai 2015 um 09:11 Uhr

    Berti Vogts war auch ein erfolgreicher Trainer

  15. Lusankya 4. Mai 2015 um 18:21 Uhr

    Hui, wieso gleich so erzürnt, nur weil man fragt? Alles klaro! 😀

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