Danke für die Leidenschaft

Ich kann mich erinnern, dass ich dir als kleiner Junge oft beim kicken zugeschaut habe. Ich war wohl so 8 oder 10 und du spieltest eine Art 8er, würde ich sagen. Damals, in den 70ern, nannte man das Ganze wohl “Halbstürmer”, heute würde man von einem “Box-to-Box-Player” reden. Technisch und läuferisch stark, nicht allzu schnell, aber dafür umso verbissener. Ich habe mich oft gefragt, warum du beispielsweise David Jarolim gut fandest, aber heute verstehe ich es, ihr wart irgendwie ähnlich. Mit dem Unterschied, dass du nicht so oft gefallen bist.

Also gingen wir Sonntags morgens auf den alten Grandplatz an der Stephanstrasse, dort spielte damals der Hinschenfelder FC, Einheimische sprachen nur von “Dörben”. Ich habe bis heute nicht raus gefunden, was das bedeutet. Zusammen mit dem Don habe ich dann zugeschaut oder ich habe mit den anderen Jungs selbst hinter dem Graswall gebolzt. Ich weiß, dass mein Opa (der Don) immer sehr stolz war, dass sein Schwiegersohn bei seinem Leib- und Magenverein spielte, immerhin war er, der selbst nicht spielen durfte, begeistertes Fördermitglied.

Und so guckte ich den Spielen zu, mit Paul Gluba und den anderen Größen. Ich glaube, hier entstand meine Leidenschaft für diesen Sport. Nach den Spielen durfte ich mit in die Kabine, für einen 8-Jährigen war das damals eine große Sache.

Ich kann mich erinnern, dass wir im Sommer nach Dänemark gefahren sind. Wer das dort ein wenig kennt, der weiß, dass viele der Ferienhäuser zu dem Zeitpunkt (70er Jahre) zumeist recht verwilderte Gärten hatten. Wir aber mieteten “Semine”, ein Haus mit einem wundervollen Rasen. Nun ja, wundervoll war er, bevor wir kamen, denn kaum angekommen, suchten wir uns vier Stöcke, bauten zwei Tore und kickten die ganzen 3 Wochen, bis die Füße nicht mehr konnten. Nie hattest du keine Lust, nie hast du mich abgewiesen. Kleine Jungs können anstrengend sein und du hattest nur diese drei Wochen Urlaub im Jahr. In dieser Zeit entwickelte ich meine Technik und legte erste Grundsteine. Selbst der Don spielte ab und zu mit, obwohl der damals schon über 70 war. Vielleicht war das die schönste Zeit.

Ich kann mich erinnern, als ich 18 war. Wir spielten beide im gleichen Tennisverein (Wandsbek 81) und dieser Verein hatte auch noch eine “Tennis-Fußballmannschaft”. Und so hatten wir die Möglichkeit, zusammen in einem Team zu spielen. Du warst als Mitte 40-Jähriger noch ein wenig langsamer geworden, aber spielen konntest du immer noch. Für mich eine tolle Erfahrung, weil ich weiß, dass nicht viele sie machen können.

Wenn wir uns heute über Fußball unterhalten (und wir unterhalten uns eigentlich immer über Fußball), dann kannst du dich immer noch herrlich aufregen. Wenn wir spazieren gehen, bleibst du einfach stehen und echauffierst dich über “Dick Myer” oder “Oster-Zollek” und du musst das im Stehen und nicht im Gehen machen, weil du dich einfach aufregen musst. Trotzdem wirst du auch in der nächsten Saison wieder eine Dauerkarte kaufen und direkt über der Uhr sitzen, davon kann ich dich einfach nicht abbringen.

Manchmal tut es mir leid, dass ich dir viele Dinge, die ich über diesen Verein weiß, erzählt habe, denn ich weiß, dass ich dir damit ein Stück Illusion genommen habe. Vorher warst du (genau wie ich) einfach nur Fan, heute hast du ein grobes Bild von dem, was die Exzellenzen dort veranstalten. Es tut mir leid.

Heute möchte ich Danke sagen. Danke für die Leidenschaft für ein Spiel, welche du mir vermittelt hast. Danke für die Zeit, danke für das immer offene Ohr und danke für die dauerhafte Unterstützung.

Alles Liebe zum Vatertag, Papa.

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Dir natürlich auch, Kleiner.

Von | 2016-05-05T08:37:03+02:00 5. Mai 2016|Allgemein|7 Kommentare

7 Comments

  1. Launi 5. Mai 2016 um 08:53 Uhr

    Top!

  2. alfa 5. Mai 2016 um 12:10 Uhr

    Top top!
    Ehre wem Ehre gebührt, Respekt für die die ihn verdienen.
    Eindrucksvoll Grave, man muss auch mal ganz leise den Hut ziehen können , das hast du getan

  3. Sven 5. Mai 2016 um 13:44 Uhr

    Yeah!!!

  4. Saschas Alte Liebe 5. Mai 2016 um 14:50 Uhr

    Schön gesagt !
    Und ich bin ein wenig neidisch.

  5. Oliver Bruchholz 5. Mai 2016 um 18:47 Uhr

    Hallo Grave. Ich wünsche dir einen schönen Vatertag und bleib einfach so wie du bist! Grüße aus dem Süden.

  6. Buttje 6. Mai 2016 um 00:44 Uhr

    Ich habe von meinem Vater (t) ein wenig das Plattdeutsche mitbekommen. Ich kenne “op’n Dörben” , was so viel bedeutet wie auf dem Dorf. Hinschenfelde ist ja quasi wie ein Dorf. Ich denke, dass im übertragenen Sinne wohl auf dem Acker, Dorfverein oder dgl. gemeint ist.

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