Ich kann mich erinnern, dunkel kann ich mich erinnern. Es war in den 70er-Jahren und Dr. Peter Krohn war Präsident (damals hieß das wirklich noch so) des HSV e.V. (damals gab es noch keine ausgegliederte Profi-Abteilung). Unmittelbar vor dem Start der neuen Saison fand am Hamburger Rothenbaum ein sogenanntes „HSV-Showtraining“ statt, für mich als kleinen Jungen das Ereignis des Jahres. Wir als Jungs saßen direkt am Spielfeldrand, die Spieler taten so ein wenig als ob und als besonderen Höhepunkt führte irgendwann irgendein Irrer einen echten Elefanten aufs Feld, was für eine Veranstaltung. Anschließend gab es einen Platzsturm und Autogramme bis zum Abwinken. Wie gesagt, das war in den 70ern.

Szenenwechsel und Jahrtausend-Wechsel.

Der HSV fährt von Mittwoch bis Freitag in ein sogenanntes „Kurz-Trainingslager“ nach Rotenburg. Am Donnerstag und am Freitag wird jeweils knapp 50 Minuten trainiert, anschließend findet ein lustiges Turnier im Pfeilewerfen statt, bevor man zusammen zuerst Barca gegen Liverpool und am nächsten Tag Frankfurt gegen Chelsea guckt. Obwohl man vorher vollmundig behauptet, man wolle unter sich sein, hängen die BILD-Reporter in den Bäumen und twittern Fotos von den kurzen Trainingseinheiten im 5-Minuten-Rhythmus. Am Freitag Abend ist dann, wie von Zauberhand, aus einer Truppe von bocklosen Söldnern, die sich für ihren zukünftigen Arbeitgeber nicht verletzen wollen, ein verschworener Haufen geworden, die Wümme machts möglich.

Und nun frage ich euch: Wo genau ist jetzt der Unterschied zwischen den beiden Aktionen?

Richtig, es gibt keinen. Oder vielleicht doch. Denn während man in den 70er-Jahren zugegeben hat, dass diese Pseudo-Trainingseinheit lediglich der Show und der guten Stimmung dienen sollte, tut man im Jahr 2019 so, als würde man dort in Niedersachsen etwas Sinnvolles tun. Oder besser – man tut noch nicht mal so. Denn wann man tatsächlich so tun würde, würde man es ernsthaft betreiben. Man würde irgendwo hinfahren, wo man wirklich unter sich wäre. Man würde die Versuche der BILD-Clowns unterbinden und man würde tatsächlich arbeiten, anstatt fern zu sehen. Wenn irgendeiner glaubt, dass man 14 Tage vor Ende der Saison aus einer Truppe, die bisher nicht richtig wollte, nun mit ein paar Stunden vor der Glotze eine Einheit bilden kann, sollte er sich einweisen lassen. Alles nur Show.

Und eigentlich ist es genau das, was mich am meisten stört und ich kann bei dieser Gelegenheit an den gestrigen Blog erinnern. Alles, was man tut, macht man halbherzig, weil man gar nicht gezwungen ist, es richtig zu machen. Die Rumpel-Spaddel sind doch bereits mit weniger als nichts glücklich und zufrieden, warum also übertreiben? Also tut man so, als wolle man alles Menschenmögliche versuchen, um das große Ziel doch noch zu erreichen, dabei plant man tatsächlich intensiv nur Liga 2. Oder kann mir auch nur einer irgendeine Maßnahme der letzten Wochen nennen, die dafür sprechen würde, dass die Herren selbst noch dran glauben?

Ich bin gespannt.