Der Mann, das Problem

Ich gebe offen zu, ich bin kein Fan. Definitiv nicht. Und ich kann auch erklären, warum nicht. Ich erinnere mich an einen Elfmeter, kurz vor Spielende. Der Strafstoß war wichtig, es ging um (über)lebenswichtige Punkte. Ich erinnere mich noch, wie Aaron Hunt anlief und das Ding extrem cool mit der Innenseite schieben wollte, er wollte den Torhüter verladen. Dieser hatte allerdings nicht mitgespielt und hielt die Pille fest. Punkte weg, HSV gekniffen. Ich habe selbst lange genug gespielt um zu wissen, dass man einen Elfer verballern kann, aber die Art und Weise hat mich massiv angekotzt. Wer derart lax (hihi) an eine solche Aufgabe rangeht, hat den Ernst der Lage nicht verstanden, im Gegenteil. Er stellt das eigene Wohl über das des Vereins, der ihn bezahlt, denn er möchte nicht nur gefeierter Torschütze sein, er möchte auch als besonders coole Sau dastehen. In dem Moment begann meine Abneigung gegen einen Spieler, dessen Bremer Vergangenheit mir herzlich egal ist. 

Seit nunmehr 4 Jahren ist Mr. Hunt eines der großen Probleme des HSV und es ist ein Problem, welches hausgemacht ist. Denn wie so viele Spieler vor ihm und wie auch die aktuelle Schaub-Leihe war der Transfer des damals 29-Jährigen ein Transfer ohne Augenmaß. Wie bei Hunt ist auch Herr Schaub ein Transfer für die Gegenwart, ohne Blick auf die Zukunft. Wer Spaß daran hat, kann sich gern einmal angucken, was ich meine.

https://www.transfermarkt.de/aaron-hunt/verletzungen/spieler/4687

Hunt sollte damals, wie nun auch Schaub, für den Moment helfen, was dann passiert, gucken wir, wenn es soweit ist. Ein typischer HSV-Move, der eben immer und immer dafür sorgt, dass man sich nicht entwickelt, weil man einzig und allein auf den nächsten Spieltag ausgerichtet ist und nicht auf die nächste Saison. Der Umstand, dass Aaron Hunt zwar durchaus in der Lage ist, Fußball zu spielen, man aber nie weiß, wie lange er nach der letzten Verletzungspause fit bleibt, lähmt einen Verein, bei dem ein solcher Spieler eine zentrale Rolle spielen soll, extrem. Denn die taktische Ausrichtung ist maßgeblich auf die Position des Spielmachers ausgelegt. Man stelle sich vor, ein NFL-Team muss im Schnitt alle drei Spiele auf seinen Quarterback verzichten, den man extra dafür geholt hat, um das Team zu führen. Undenkbar.

Aber da ist noch etwas anderes, denn Hunt steht für mich in einer “großartigen” Reihe von charakterlosen Abzockern, die beim HSV unfassbar viel Geld abgegriffen haben und nie mit Leistung zurückgezahlt haben. Hunt, Lasogga, Papadopoulos, Sakai, Holtby, Wood, um nur einige zu nennen. Sie alle haben bei Vertragsunterschrift den Verein als leicht verblödete Milchkuh empfunden, bei der man sich reichhaltig bedienen kann, ohne etwas geben zu müssen. Am Ende stand der erste Abstieg der Vereinsgeschichte, verbranntes Kapital in zigfacher Millionenhöhe und jeder dieser Söldner ging oder geht ohne einen Cent in die Vereinskasse zu spülen. 

Natürlich kann man die Frage stellen, ob nun die Spieler daran Schuld sind, wenn ein Verein über viele Jahre so dämlich ist und immer wieder die gleichen Fehler begeht. Ich denke, man kann, zumindest bis zu einem gewissen Maße. Denn wenn ich als Spieler einen Vertrag unterschreibe, der mir ein Jahresgehalt von € 3,5 Mio. und mehr einbringt, dann gehe ich eine Verpflichtung ein, jedenfalls ist das meine Auffassung dieses Berufs. 

Beim HSV aber macht man selten nur einen Fehler mehrfach und so meinte man vor dieser Saison, ausgerechnet Hunt zum Kapitän ernennen zu müssen. Wunderbar. Dann haben wir demnächst also vielleicht einen Schaub, der irgendwie funktioniert und einen Hunt, der sich nach einer Trainingswoche mit zwei Einheiten über jeweils 45 Minuten fit meldet. Und dann? Lässt Schnappi Hecking dann seinen Kapitän auf der Bank und riskiert Kritik, wenn das Spiel in die Hose geht. Oder nimmt er einen fitten Schaub runter und bringt 65%-Aaron? 

Dem HSV wäre tatsächlich viel erspart geblieben, hätte man sich nach der Abstiegssaison von Hunt getrennt, aber der bemühte das Märchen des Ehrenprofis, der “etwas gutmachen wollten”. Tatsächlich gab es nie ein ernsthaftes Interesse eines anderen Vereins, auch nicht aus der Türkei, wie immer wieder gern verbreitet wird. Denn niemand wird dem inzwischen 33-Jährigen das bezahlen, was er in Hamburg bekommt. Aber, wie gesagt, auch dieses Problem ist hausgemacht, wie so viele andere auch. In der Vergangenheit, der Gegenwart und auch in der Zukunft, in der Trickser Bernd Paul auf Augenhöhe mit Gladbach, Frankfurt und Co. agieren möchte. Wie er das erreichen will, bleibt sein Geheimnis. Aber wenn es nicht klappt, wovon auszugehen ist, gibt es unter Garantie 4.000 Erklärungen und Entschuldigungen. Eben typisch HSV. 

Von | 2020-01-15T06:47:18+01:00 14. Januar 2020|Allgemein|6 Kommentare

6 Comments

  1. Gravesen 14. Januar 2020 um 07:55 Uhr

    Danke Marco ❤️

  2. Mosche 14. Januar 2020 um 08:21 Uhr

    Danke Grave ❤️
    Ich könnte nicht so sachlich bleiben bei diesem Sp….. 🙂

  3. Gravesen 14. Januar 2020 um 08:36 Uhr

    Danke Dirk ❤️

  4. jusufi 14. Januar 2020 um 09:21 Uhr

    M. E. hat der HSV mit Schaub einen guten, offensiven Mittelfeldspieler verpflichtet, der im Kölner Aufstiegsjahr an 16 von 84 Toren beteiligt war (bei 27 Einsätzen). Das ist ordentlich. Die Krux ist nur, wenn er spielt, spielt ein anderer nicht. Und dieser andere wird mutmaßlich Hunt sein. Ich bin gespannt, wie ein einsatzfähiger Hunt darauf reagiert (oder Schaub, wenn er auf der Bank sitzt und seine EM-Ambitionen flöten gehen). Hunt ist im Herbst seiner Karriere und will den nicht als tatenloser “Anführer/Kapitän” verbringen, vermutlich will er sich eher für einen letzten Absahnervertrag empfehlen. Da könnte es Ruckeln im Kader. Ob Hecking so eine Situation moderieren kann? Eine andere Frage ist, ob der HSV noch einen rechten Außenverteidiger verpflichten kann. Da man ja dem Vernehmen nach in Zukunft auf Gyamerah und Vagnoman setzt, kann nur ein Leihspieler für maximal 16 Spieltage kommen. Aber wer soll das sein bzw. wer lässt sich darauf ein? Bernd Pauls Großmachtsfantasien sind unterhaltsam, wenn auch illusorisch. Er muss ja nicht sagen, dass er hofft, der HSV kann es vermeiden, den Weg von München 60 oder Kaiserslautern zu gehen, aber es wäre ambitioniert genug, wenn er davon spräche, den HSV wieder in der ersten Liga zu etablieren anstatt etwas vom Selbstverständnis des ach so großen HSV zu labern (wann hat der Verein zuletzt diesem Selbstverständnis entsprochen?). Aus vergangener Größe lässt sich für die Zukunft nichts ableiten, das ist bloße Augenwischerei.

  5. Gravesen 15. Januar 2020 um 00:35 Uhr

    Danke Jürgen ❤️

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