Dem Nachwuchs keine Chance

Nein, ich meine nicht die zig-Millionen Atomperlen, die in 10er-Zimmern und in Mehrstockbetten den HSV-Campus bevölkern und nur auf ihren endgültigen Durchbruch zum internationalen Superstar warten. Ich meine vielmehr die Fans bzw. die Zukunft der Fans. Betrachte ich heute Blogs, Foren, Interaktionen auf Facebook etc., dann nehme ich zur Kenntnis, dass ich dort die Meinungsäußerungen von Leuten meines Alters auffange, plus/minus 10 Jahre. Die jungen Fans, sagen wir mal zwischen 12 und 25 Jahren, äußern sich doch gar nicht mehr bzw. es gibt sie kaum noch. Guckt euch mal in Hamburg das Stadtbild an, wann habt ihr das letzte Mal einen jungen Menschen mit HSV-Trikot o.ä. gesehen? Ich gestern, auf dem Ohlsdorfer Friedhof und ich habe mich fast erschrocken. Warum? Weil es so selten ist. Kinder oder Jugendliche mit Bayern, Dortmund, Barca oder Real-Trikots zu finden ist nicht schwer, aber finde heute mal einen 14-Jährigen mit HSV-Trikot und Leistner-Beflockung. Viel Erfolg. Das Problem hat allerdings System. 

Ich habe mir überlegt, warum ich als ca. 12-Jähriger HSV-Fan wurde. Nun, ich hatte kaum Auswahl. Mein Vater und mein Großvater waren HSVer, ich bin in Hamburg-Eimsbüttel geboren, ich hatte also die Wahl zwischen dem HSV und St. Pauli, aber in den 70er-Jahren war das keine Wahl, jedenfalls nicht für mich. Familiär vorgeprägt wurde ich also HSVer, ging in die Westkurve, wurde Kevin Keegan-Fan, spielte später selbst für den Verein. Für mich war diese Entscheidung relativ leicht, zumal der Verein in den 70ern auch noch einigermaßen erfolgreich in der Bundesliga war. Wie aber kommt jemand aus Düsseldorf, Pirmasens oder Solingen zum HSV? Die Antwort lautet: Über den Erfolg und die traurige Tatsache kommt gleich hinterher: Ohne Erfolg, keine oder kaum auswärtige Fans mehr. Ich hatte gestern ein interessantes Gespräch, bei dem wir überlegten, wir wie Beide, voneinander unabhängig, Anhänger des NFL-Teams der San Francisco 49ers werden konnten und die Antwort war die Gleiche: Über den Erfolg. Ich kam Anfang der 80er zum Football und zu der Zeit beherrschten die Niners mit Joe Montana, Jerry Rice und Roger Craig die Liga. Wären zu der Zeit die Pittsburgh Steelers das Team der Stunde gewesen, wäre ich heute vielleicht Steelers-Fan. Was ich sagen will – die jungen Fans, der Fan-Nachwuchs, folgt dem Erfolg und dieser macht seit vielen Jahren einen großen Bogen um die Stadt Hamburg. 

Was hat das zur Folge? Ganz einfach – der Nachwuchs bleibt weg und die Fan-Base dünnt aus. Der Durchschnitt der HSV-Anhänger wird immer älter und von unten kommt nichts mehr nach. Warum sollte ich als 13-jähriger Fußball-Fan aus Soltau-Fallingbostel Fan des HSV werden? Von einer dunkelgrauen Maus aus der zweiten Liga? Doch höchstens, wenn ich masochistisch veranlagt bin und mich auf dem Schulhof auslachen lassen möchte. Zumal die Alternativen unendlich sind. Dann doch lieber ein Trikot von Kimmich, Haaland oder Mbappè kaufen, schon ist man auf der Siegerstraße. Mit einem Hemd, auf dem hinten Kittel steht, macht man sich inzwischen doch schon in Hamburg lächerlich. Hinzu kommt: Die Jugend von heute lässt sich von ihren Erzeugern nicht mehr vorschreiben,für wen sie jubeln soll. Für den HSV aber brechen schwere schwere Zeiten an. Nicht nur, dass in den nächsten Jahren die Rückkehr in die Bundesliga in immer weitere Ferne rückt, das Geld immer knapper wird und St. Pauli irgendwie sexier und cooler ist, der Fan-Nachwuchs bricht auch noch weg. Das macht sich vielleicht in den nächsten 10 Jahren noch nicht bemerkbar, aber irgendwann schon. Und dann kriegt man das Rad nicht mehr zurückgedreht. 

Von | 2021-05-14T07:59:18+02:00 14. Mai 2021|Allgemein|14 Kommentare

14 Comments

  1. Gravesen 14. Mai 2021 um 08:12 Uhr

    Off Topics.

    Gerade kann man eindrucksvoll beobachten, was passiert, wenn in einem asoziale Primaten/Insolvenzblog jemand versucht, ein existierendes Problem auf wissenschaftlicher Basis zu erläutern. Dr. Ringelband, promovierter Psychologe, erklärt den Hohl-Opas bei “TschüssVollspack”,was ihr Verein all die Jahre falsch gemacht hat, immer noch falsch macht und er erklärt ebenfalls, was man anders machen müsste. Im Grunde eine Kurz-Zusammenfassung dieses Blogs hier aus den letzten 8 Jahren. Leider hat sich Marcus “Münchhausen Eidgenosse Rajkovic van Gaal de Vrij” Scholz eine Leserschaft von primitiven Halbaffen gezüchtet und so ist die Reaktion dieser Einzeller vorhersehbar: Sie pöbeln auf den Überbringer der unbequemen Wahrheit ein. Sprechen ihm seine Expertise ab (die sie selbst natürlich haben, obwohl sie durch die Bank pensionierte Staplerfahrer sind), beleidigen ihn ohne Ende. Wäre ich dieser Dtr. Ringelband, ich würde diesen Ochsen einmal noch den virtuellen Mittelfinger zeigen, ihnen ein gepflegtes “Fickt euch” widmen und nie wieder meine Zeit mit der Erstellung eines Beitrags verschwenden.

  2. jusufi 14. Mai 2021 um 08:22 Uhr

    Diese Beobachtung ist absolut zutreffend. Zwei Punkte fallen mir noch ein, in den Zeiten, als wir heute um die 50jährigen fußballerisch sozialisiert wurden, gab es nur die Bundesliga, von den anderen Ligen und ihren Stars bekam nur wenig mit, während die Vereine, die heute als Traditionsvereine gelten, deutlich präsenter waren und somit die Auswahl, seinen Verein zu finden, geringer war (davon abgesehen, hätte man wohl auch nicht ohne weiteres einBarca-Trikot von Maradona oder eine Juve-Trikot von Platini kaufen können). Zum anderen nehmen die heute 15jährigen den Fußball auch nicht mehr so wichtig, ihr Interesse am Fußball ist eines von vielen, während es unser einziges war. Der Stellenwert ist gesunken, nicht umsonst, schreiben und reden sich ja auch gegenwärtig eher die 40+ die Köpfe heiß. Der Fußball als Fansport wird aussterben, es geht allein noch darum, jüngere Menschen insoweit bei der Stange zu halten, dass sie konsumieren (Zeitvertreib im Stadion, Trikotkauf aus Langeweile etc). Fußball ist nicht mehr Lebensinhalt, sondern Zeitvertreib (was per se keine schlechte Entwicklung sein muss).

    Glückwunsch nach Kiel!

    Die Kampagne “Hotte for Langzeit-Trainer” hat schon begonnen.

  3. Freundchen 14. Mai 2021 um 08:37 Uhr

    Mein Sohn fragte mich als 3-jähriger: „Papa, wer gewinnt eigentlich immer?“ Ich wollte ihn nicht anlügen. Seither ist er Bayern-Fan – so wie ca. 90 % seiner Kumpels. Der Rest trägt gelb.

  4. raucherhusten 14. Mai 2021 um 09:29 Uhr

    “Stolz konnte man Trikots von Hrubesch, Kaltz oder Magath tragen.”

    Die Trikots waren damals ohne Namen. Selbst die Rückennummern waren nicht fix über die Saison. Aufgelaufen sind die Nummern 1-11.

    Aber es stimmt, mit den Jahren wird der hsv national vergessen werden. Der 1FCK, damals ne große Nummer, sagt meinem Sohn auch nichts.

    • St.Patrick 14. Mai 2021 um 11:08 Uhr

      Machen wir uns nichts vor. Als Fan geht man auch zum Fußball, um (endlich mal) zu den Gewinnern im Leben zu gehören. Psychologisch geht es um eine Art Selbstaufladung. Darum heißt es ja auch immer, “wir” haben gewonnen. Dieses Erlebnis kann der HSV nur kaum noch liefern und schon gar nicht garantieren. Wobei bisher (!) in der 2. Liga Siege noch regelmäßig möglich waren. Auch das geht nun vorbei. Insofern hat Grave schon lange Recht, wenn er darauf hinweist, dass die verbliebenen Fans eher masochistisch motiviert sein müssen. Ihre Selbstaufladung durch den HSV hat kaum noch was mit gewinnen zu tun. Es klingt eher nach Treue und Ehre. Und während ich diese Begriffe schreibe wird mir ganz mulmig…

      • Gravesen 14. Mai 2021 um 11:26 Uhr

        Wenn du mal meinen Spamfilter oder meine Facebook-Seite sehen würdest, würde dir noch mulmiger werden. Das ist der primitivste Bodensatz der Menschheit. Auch und besonders deshalb kotzt mich dieser Verein inzwischen so an.

  5. lukaslokomo 14. Mai 2021 um 09:55 Uhr

    Wie recht du hast! Ich war in der Saison 79-80 das erste Mal mit 8 im Volkspark. Mein Vater hat mich mitgenommen. Kein tolles Spiel aber ok und dann war mein zweites Spiel war das Jahrhundert-Spiel gegen Real! wie soll man da nicht Fan werden als junger Butje?

    Ich habe es zusammen mit meinem Vater bei meinem Sohn versucht. Wir sind zusammen zu den Europaleague-Spielen gegangen. Konsequenz? Mein Sohn war 6 mal im Stadion und hat keinen(!) HSV Sieg gesehen. Er findet Fussball langweilig, schaut aber NFL!

    Meine Tochter wollte mit mir zum HSV. Sie hatte aber das Problem, dass es keine internationalen Spiele mehr gab. Weiterhin war der HSV schon so schlecht, dass es keinen Spaß mehr machte hinzugehen. Also, dachte ich wenn dann das erste Saisonheimspiel gegen Braunschweig, dass der HSV dann auch hoch gewann. Da ich aber nicht mehr ins Stadion ging und auch nicht mehr die Spiele aktiv verfolgte hatte Sie keine Chance durch mich zum Fan zu werden.

    Denke, so wird es bei vielen heute sein!

    Dass ich 49ers Fan bin lief bei mir ähnlich wie bei dir. ich war 88/89 als Schüler in den USA. Mein Gastvater war/ist 49ers -Fan und hat mir das Spiel näher gebracht und es war halt der Verein, der damals sehr erfolgreich war. Die Saison war durchwachsen aber es reichte für die Playoffs, die dann durchgezogen wurden! und dann waren da die letzten 2 Minuten gegen die Bengals im Superbowl. Da bekomme ich heute noch eine Gänsehaut wenn ich daran denke….

    So eine. HSV Moment gab es in den letzten 10 Jahren nur beim „later my friend“ Freistoss….

    Wenn kein Erfolg da ist, gibt es nicht viele neuen jungen Fans…

  6. Ex-HSVer+im+Herzen 14. Mai 2021 um 11:07 Uhr

    Schöner Blog, der mal etwas hinterfragt, das viele nicht beleuchten.
    Meiner Meinung nach ist das größte Problem, um Nachwuchs zu generieren, dass es einfach zu viele andere Dinge gibt, die für Kids im Alter von 8-12 interessant sind. Was konnte man denn vor 35-40 Jahren großartig machen am Samstag Nachmittag. Man hat die Bundesliga Konferenz gehört. Von uns hatte doch keiner einen eigenen Fernseher. Geschweige denn ein Handy. So konnte man sich emotional an den Fußball binden, auch wenn man noch nie im Stadion war wie ich (das war erst mit 16 soweit). Andere Ligen existierten gar nicht und man wurde Fan vom Verein aus der eigenen Region. Oder maximal vom erfolgreichsten Verein wie seinerzeit Bayern oder HSV. Damals wäre es einem Kind niemals in den Sinn gekommen, ein Trikot von Maradona oder Platini zu tragen. Denn man konnte sie ja nicht sehen außer vielleicht bei der Weltmeisterschaft. Heutzutage mit der totalen Informationsflut wird man halt „Fan“ von dem was am coolsten und erfolgreichsten ist.

    Der klassische Fußball als Volkssport ist schon länger tot

  7. Bidriovo 14. Mai 2021 um 11:53 Uhr

    Ich hatte vor einiger Zeit befürchtet, dass wie so oft in dieser Saison die Teams an der Spitze der Liga reihenweise gegen Aue, Regensburg, Osnabrück und Co. nur Unentschieden spielen oder gar verlieren und der HSV so doch noch unverdientermaßen zu einem geschenkten Aufstieg kommt.

    Aber pünktlich zum Saisonendspurt hat Kiel doch tatsächlich eine richtige Siegesserie ausgepackt. So muss das sein, wenn man aufsteigen will. Mal schauen, ob Fürth auch noch 4 Punkte aus 2 Spielen erzielen kann. Spielerisch scheinen sie zumindest gut drauf zu sein. Aber so eine Pleite-Relegation Hamburg gegen Werder Bremen hätte auch was für sich.

    • Hafenpokal 14. Mai 2021 um 13:05 Uhr

      Bei einer Relegation gegen Werder Bremen wäre wahrscheinlich wieder eine weitere ultimative Demütigung fällig. Den Akteuren wäre es sicherlich Latte, die wären maximal handgestoppte 10 Minuten “betroffen” und würden dann gedanklich den Sommerurlaub einläuten. “Uns” Hrubesch hätte dann freiwillig bedingt eine Fußnote in Moll in seiner HSV-Vita.. Zum Glück ist das was er seinerzeit auf dem Spielfeld für den Verein geleistet hat über Zweifel erhaben..

      • lukaslokomo 14. Mai 2021 um 13:43 Uhr

        Falsch, wenn es eine Relegation gäbe (Konjunktiv II -irrealis), egal gegen wen und egal wie der Ausgang, dann hätte Hrubesch kein Negativ erreicht! Aber dem HSV würde auch das nicht helfen…

  8. Vsabi 14. Mai 2021 um 14:13 Uhr

    Tolle Leistung von Kiel, in 20 Tagen 7 Spiele absolviert. Mit Kampfgeist und Wille zum Sieg. Gleiches konnte man gestern bei Leipzig sehen, gekämpft bis zur letzten! Minute. FEHLANZEIGE BEIM HSV, hier wird gegen den Trainer gespielt und durch einem ” alten Mann ” durch streicheln und Ansprache die Illusion vorgegaukelt , jetzt schaffen wir den Aufstieg. Diese Arbeitsverweigerer sollte man vom Hof jagen. Der grosse HSV gehört in die 1. Liga und nur durch Schiedsrichter und Glück der Anderen wurden wir betrogen. Sch…. ihr seit zu faul und nur Durchschnitt und gehört auch in der nächsten Saison NICHT in die 1. Liga.
    BOLDT und MUTZEL können garnicht so blöd sein, wie sie sich in der Aussendastellung präsentieren, sie verstehen es, sich dem Niveau der dämlichen Anhängerschaft , anzupassen. Nur der Finanztrickser hat ausser Raffinesse nichts drauf ! Dumm und erfolglos ist nur der Pinselreiniger, mehrere Pleiten und immer nur Hirngespinste ( neuste Fehlinvestion, Hygienespender mit Gesichterkennung ) .BLOGFREUND Dr. RINGELBAND Meinung interessiert keinen, wenn der Schollfreund Psychologe ” Olagf ” in einen solchen Blog sich austobt, wem glaubt er denn, wird er bekehren können. Die Kerzen von den meisten User, sind nicht die hellsten , ausser NUR DER HSV !

Hinterlassen Sie einen Kommentar Antworten abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Unser Archiv