Eine Zeitreise

Ich habe mir gestern einmal den Spaß gemacht und in alten Blogs gewühlt. Erstaunlich, wie die Zeit vergeht und noch erstaunlicher, welchen Weg dieser Verein gegangen ist. Vom Dino, Gründungsmitglied der Bundesliga und als einziger Verein Dauergast in Deutschlands höchster Spielklasse hin zu einem unterdurchschnittlich guten und überdurchschnittlich verschuldeten Pleite-Klub. Von “Hamburg, meine Perle” bis zu “HSV, du bist meine Frau”, von der wohl berühmtesten Uhr im Weltfußball bis zu einem sanierungsbedürftigen Stadion. Hoffmann, Jarchow, Beiersdorfer, Bruchhagen, Hoffmann, Boldt und Wettstein. Von Ertel, Flohberg, Erhardt und Scheel zu Jansen, Köttgen und Goedhart. Von Bednarek und Biebermeier zu Freese und Biebermeier. Von Ze Roberto, van Nistelrooy, Petric, Adler und van der Vaart über Holtby, Lasogga und Behrami zu Daffeh, Kinsombi und Kittel. Von Anstoß³ über HSVPLUS bis Fan-Anleihe, von “Gönner” über Investor bis zu Reichsverweser. Von Beiersdorfer, Knäbel, Todt, Becker bis zu Mutzel. Das alles in nicht einmal 9 Jahren. 

Rekapituliert man diese Zeiten und betrachtet man diese Entwicklungen, so kann man gar nicht zu einem anderen Schluss kommen: Dieser Verein hat in dieser relativ kurzen Zeit wirklich alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Stand eine Personalie ins Haus, so konnte man sicher sein, dass der HSV die falsche Entscheidung trifft. Das letzte Mal, dass der Verein einen Spieler mit einem kleinen Gewinn verkaufen konnte, war Douglas Santos, dies aber auch nur deshalb, weil Hoffmann in Verbindung mit Anwalt Haase dem unfähigen Boldt die Zügel aus der Hand nahm und den Transfer finanlisierten. Andernfalls wäre der Brasilianer wohl irgendwann ablösefrei nach Rußland geflogen und Mutzel hätte sich mit dümmlichem Gesichtsausdruck die Nüsse massiert. Natürlich habe ich mir, wie viele andere auch, mehr als einmal die Frage gestellt, wie all das überhaupt passieren konnte und in diesem Blog habe ich mehr als einmal die Antwort darauf geliefert. Die Mischung aus Dummheit und Ignoranz der Fans, gepaart mit der Realitätsverweigerung der Hofberichterstatter und der Selbstoptimierung der handelnden Personen – schon hat man das, was man heute sieht. 

Hinzu kommt, dass dieser Verein und seine Begleiter nicht dazulernen wollen. 2014 hätte man den Klub auf links drehen und reformieren können, spätestens nach dem Abstieg aus der Bundesliga hätte man…. Tat man aber nicht. Man hätte sich beizeiten von mindestens der Hälfte der 300 Mitarbeiter trennen müssen, man hätte auf teure Altstars und Säulenspieler verzichten müssen, man hätte sich nicht immer und immer wieder in sinnlosen Rückholaktionen verlieren dürfen. Aber offenbar ist der HSV-Fan ein seichtes Wesen, welches lieber zurück als nach vorn blickt, anders ist all das eigentlich nicht erklärbar. Was mir bei der Rückbetrachtung der alten Blogs wieder einmal aufgefallen ist: In diesem Blog standen unendliche viele Geschichte, lange bevor sie dann tatsächlich passierten. Während die Hofberichter die Versager noch feierten, wurden sie hier bereits abgesungen. Einige Wochen später passierte es dann tatsächlich und die Loser von Mopo, Bild und Abendblatt sprangen nachträglich auf den Zug auf. Immer wieder lese ich, dass “das Volk” nach unabhängigem Journalismus dürstet, hier habt ihr ihn in den letzten 9 Jahren gefunden. Geschrieben und produziert von jemandem, der den Quatsch weder gelernt noch professionell betrieben hat. Ein Hobby-Schreiber mit einer Leidenschaft für seinen Verein, welche irgendwann vom reinen Leiden abgelöst wurde. 

Mir hat dieser Verein selbst in den 90er Jahren Spaß gemacht. Trotz Spieler wie Grubac, Wojtala, Henchoz und Jähnig, aber damals glaubte ich den Quatsch aus den Schmierblättern auch noch. Heute frage ich mich, wie man ernsthaft diesen Dreck für voll nehmen kann, wenn man doch mit einer simplen Recherche sehen kann, wie der Hase tatsächlich läuft. Aber wahrscheinlich überschätze ich all die rosa Hüpfer, die sich mit der Schmutzplörre im Volkspark die letzten Windungen runterspülen, auch einfach nur. Mir jedenfalls hat die kleine Zeitreise Spaß gemacht, vielleicht habt ihr auch Spaß daran. Einfach oben rechts einen Begriff eingeben und lesen. Ca. 2.500 Blogs mit HSV-Zeitgeschicht stehen euch kostenlos zur Verfügung. 

An dieser Stelle einmal einen kleinen Vergleich. Unabhängig von zwischenzeitlichen Preiserhöhungen, hätte ihr, wenn ihr in den letzten 9 Jahren von Montag bei Samstag das Hamburger Abendblatt gekauft hättet, ingesamt € 5.097,60 bezahlen müssen. Natürlich im Einzelverkauf, nicht als Abo. Nimmt man die Morgenpost hinzu, die im gleichen Zeitraum € 3.499,20 gekostet hätte, käme man zusammen auf die geringen Summe von € 8.596,80. Natürlich stehen in diesen Weltblättern neben dem Sport noch andere spektakuläre Geschichten, aber ich höre immer wieder den Satz: “Ich kaufe das Blättchen nur wegen des Sports”. 

Bitte, gern geschehen 😉

In diesem Sinne, bis (vielleicht) morgen

 

Ach ja, der neue “Möchtegern-Vizepräsident” 😀 😀 

 

Von | 2021-06-30T07:57:48+02:00 30. Juni 2021|Allgemein|20 Kommentare

20 Comments

  1. Demosthenes 30. Juni 2021 um 08:06 Uhr

    Wenzel ist der Philipp Amthor des HSV.

  2. Detlev 30. Juni 2021 um 08:08 Uhr

    Moin zusammen,

    irgendwie erinnert mich die Präsidentschaftswahl an das Dschungelcamp. Täglich kommen jetzt angebliche Prominente wie Kriechtiere unter irgendwelchen Steinern hervorgekrochen und versuchen sich ins Rampenlicht zu schieben.

    Dabei fällt auf, dass einem nichts mehr peinlich ist, wenn nur die Kohle stimmt oder wenn es am Horizont einen leichten Schimmer für eine bessere Zukunft geben könnte. Also heute Geld und morgen dann den nächsten Job und wieder Geld ….

    Dieses Phänomen ist leider nicht neu. Ich denke mal, dass dies durch die ganzen a-sozialen Medien wie ein Brandbeschleuniger durch die Gesellschaft getragen wird. Wenn sich früher mal ein Spieler nach einem Tor an die Raute gefasst hat, dann haben das nur Fans und Interessierte gesehen, wenn heute ein Spieler schon einen Haufen legt, der auch nur im Ansatz eine Raute sein könnte, dann wird das auf Instagramm, Facebook und weiß der Henker wo noch gepostet und die Leute fallen auf so einen Mist rein und denken sich „Toll, der denkt noch beim Kacken an uns.“

    Das Rad ist nicht mehr aufzuhalten, nein es dreht sich gnadenlos weiter. Die Inhalte werden immer nichtssagender und die Aussagen immer oberflächlicher. Und im anderen Extrem wird die Schere der Menschen immer weiter auseinandergehen. Es gibt welche, die das „alte“ System noch kannten und liebten uns es gibt die, die der „Holtbyisierung“ nachlaufen wie der Junkie der nächsten Spritze.

    Konstruktive oder berechtigte Kritik zu äußern ist unerwünscht, wenn man nicht alles rosarot sieht, ist man kein Fan und sollte zum Augenarzt gehen. Ich frage mich, wie machen solche Pfeifen das im Privatleben? Ist da auch immer eitel Sonnenschein? Wenn der Vermieter das Haus jahrelang verkommen lässt, dann sind das keine Schimmelpilze, nein, das ist eine individuelle Wandbemalung. Wenn die Stadt die Straßen nicht saniert, dann ist das keine Buckelpiste, dann ist das ein Asphalt-Abenteuer mit dem Effekt das Auto mal an seine Grenzen zu führen.

    Wenn die Kinder in der Schule weiterhin verblöden, dann hatte man es früher auch nicht besser und da es ja eh keine Rente gibt, wofür dann eine vernünftige Schulausbildung und außerdem, wie sähe es denn aus, wenn der Nachwuchs mal cleverer als die Eltern sein sollte.

    Was ich sagen will, Leute, es kommen harte Zeiten auf uns zu und ich kann allen nur raten, was ich auch getan habe. Weg vom HSV, weg vom Fußball und weit weg von Dummschwätzern und oberflächlichen Intriganten, die andere versuchen zu instrumentalisieren. Ich betrachte den HSV nur noch als Comedy Sendung. Immer wenn ich Langeweile habe, dann lese ich zuerst den Nachbarblog und staune darüber, dass es noch 5 vernünftige Leute dort zu geben scheint, die sich mit Leuten herumschlagen, die alles großartig finden, was die Protagonisten da so anstellen. Und diese geistigen Rohrkrepierer können ja nicht einmal diskutieren. Da kommen dann nur Einzeiler der Einzeller und wenn man diskutieren könnte, dann machen die meisten einen grandiosen Fehler.

    Mein Lehrer hatte mir damals einen weisen Spruch mitgegeben:
    „Diskutiere nie mit Idioten, sie ziehen Dich auf Ihr Niveau und schlagen Dich dort mit Erfahrung.“
    Und genauso sieht es leider aus.

    Und dann gehe ich in den Arena Blog und habe den Eindruck, ich komme in eine andere Welt. Hier wird es kritisch (manchmal auch deftig) dargestellt, aber am Ende sieht man jedes Mal, dass der Kollege Scholz mit seinen sieben Zwergen in Phantasien lebt und zwischendurch mal durchs Auenland läuft, während hier die Realität nicht ausgeblendet wird.
    Wenn es nicht so traurig wäre, man müsste darüber lachen.

    Danke an Gravesen und die Mitschreiber hier für die Qualität und wie ich immer sage:

    HSV – alles andere ist nur Fußball

    Ich wünsche Euch einen schönen Tag und bleibt gesund!

    Detlev

    • Kampmann-Tuning 30. Juni 2021 um 13:25 Uhr

      Wenn Du aus Deinem vorletzten Satz das “nur” weglässt, passt es noch viel besser. 🙂

  3. Bauer 30. Juni 2021 um 08:52 Uhr

    Ich habe gestern meine Anfrage an den HSV vorbereitet, wann ich mit meiner silbernen Ehrennadel zu rechnen habe (25 Jahre war am 18.05.2021), denn trotz 300 Angestellten habe ich bislang weder eine Mail noch eben die Nadel erhalten. Verbunden damit, habe ich auf Grund der uns hier allen bekannten Vorgänge, Geschichten, Versagern, Absahnern etc, schonmal meinen kommenden Austritt angeschnitten. Mein Plan war bislang, dass ich zumindest mit dem Austritt warte, bis ich dem Gegenkandidaten des Skorpions meine Stimme gegeben habe. Nach der gestrigen Vorstellung muss ich diesen Plan ernsthaft überdenken. Ich hatte bis gestern noch die Hoffnung, dass da was Ernsthaftes kommen könnte aber für den Laden gibt es keine Hoffnung mehr. Der Begriff Comedy Sendung passt hervorragend.

  4. Seriöser Kritiker 30. Juni 2021 um 11:20 Uhr

    Moin Detlev, ich borge mir mal dein Zitat und setze es in meine nächste Diskussion mit der Pöbelbande bei HSV24. Dort gibt es inzwischen jemanden, der meinen Account 2x gespiegelt hat und somit unter meinem Nick schreibt, aber natürlich die üblichen Hüpferparolen und vor allem jede Menge Beleidigungen in meine Richtung. Und das immer dann, wenn ich mal aus Gravesens Blog zitiere. 🙂

  5. BesuchausdemSüden 30. Juni 2021 um 14:01 Uhr

    Sehe ich das richtig, dass der HSV gerade erst seine Spieler abfindet und diese dann sofort bei ihren neuen Vereinen unterschreiben ( Jung, Narey) ? Man generiert also keinen Cent Ablöse , hat höchstwahrscheinlich keine Weiterverkaufsbeteiligung und “schenkt” der Konkurrenz ( Narey) einen erfahrenen Spieler.
    Das ist doch schon eine vorsätzliche Schädigung des Arbeitgebers durch Boldt/Mutzel !? Hier müssten doch diverse Gremien ( AR) einschreiten um weiteren Schaden vom Verein abzuwenden ?

    • jusufi 30. Juni 2021 um 14:13 Uhr

      Der Wechselwunsch von Jung und Narey ist nur unter der Bedingung entstanden, dass der HSV ihre laufenden Verträge abfindet. Hätte der HSV das nicht gemacht, hätten die Spieler ihre hochdotierten Verträge abgesessen, zumindest damit gedroht. Jung wird jetzt in Fürth in der ersten Liga weniger bekommen als beim HSV in Liga 2. Gute sportliche Verantwortliche schaffen es zwar auch unter diesen Voraussetzungen noch, entweder mit kleiner Ablöse oder “neutral” aus der Nummer rauszukommen, aber das bedingt halt, dass man verhandeln muss, mitunter lange und wiederholt. Oder man sich in Geduld übt, bis der Spieler sich bewegt oder ein Verein tatsächlich nachfragt. Da ist es kräfte- und nervenschonender fremdes Geld zu verteilen, zumal man ja eh noch von Hofberichterstattung und Hüpfern dafür gefeiert wird, den Spieler X überhaupt von der pay roll bekommen zu haben.

  6. Detlev 30. Juni 2021 um 14:16 Uhr

    Ja, das siehst Du richtig.

    Ich weiß nicht welche Leuchte das war, aber das gab es vor einigen Jahren schon einmal. Da wurden Spieler verschenkt oder abgefunden und der damalige „Stelleninhaber“ sagte, dass es für den Spieler keinen Markt gäbe.
    Kurz darauf spielten die Jungs woanders und das hat keinen so richtig geärgert.

    Man könnte es auch Arbeitsverweigerung nennen, aber es gibt Leute die meinen, dass der Heimschläfer einen Bombenjob macht ….

  7. Gravesen 30. Juni 2021 um 17:01 Uhr

    HSV 2021

    Da Ersatzmann Aaron Opoku einen weiteren Weg vom Vereinsheim hatte, in dem die Auswechselspieler aufgrund fehlender Kapazitäten am Spielfeld untergebracht wurden, spielte der HSV nach Kittels Ausscheiden gut zwei Minuten in Unterzahl.

  8. Goldfather 30. Juni 2021 um 20:10 Uhr

    In den 90er Jahren zeichnete sich der Untergang für mich bereits recht deutlich ab. Die aktuelle Finalisierung des Untergangs kommt jedoch relativ spät, aber sie kommt. Die Schere zwischen dem SC Freiburg und dem HSV ging seit dem Amtsantritt von Volker Finke, im Jahr 1991, bis zu seinem Abschied von Freiburg im Jahr 2007, immer weiter auseinander.
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    Während der SC Freiburg nachhaltig arbeitete und sich im Ausbildungsbereich stetig verbesserte, investierte der HSV immer größere Summen am Transfermarkt ohne an die sportlichen Erfolge der siebziger und achtziger Jahre anknüpfen zu können.
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    Abstiege in die Zweitklassigkeit steckte der SC Freiburg souverän weg und kam spätestens nach zwei Spielzeiten wieder zurück in die erste Bundesliga. Etwas was dem HSV bis zum heutigen Tag nicht gelungen ist. Mitlerweile verhält es sich so, dass der HSV am Transfermarkt mit dem SC Freiburg nicht mehr mithalten kann und sportlich zwei bis drei Klassen unterhalb des Freiburger Kaders agiert.
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    Neben einem Stadionneubau realisiert der SC Freiburg mitlerweile Transfers wie den des Franzosen Baptiste Santamaria für 10 Millionen € während der HSV sich gezwungen sieht seine Spieler zu verschenken, weil man sich die Gehälter nicht mehr leisten kann und Trainer Walter anscheinend nicht genügend Eistonnen zur Verfügung hat.
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    Überhaupt erinnert der pädagogische Ansatz Walters stark an Felix Magath, so dass davon auszugehen ist, dass am Ende der Geschichte der gesamte Kader für längere Zeit in der Eistonne stehen wird, während Walter seine fußballerische Philosophie erlärt. Und spätestens dann wird die Eiercreme des Präsidenten dem einen oder anderen Spieler wertvolle Dienste erweisen.

    https://www.n-tv.de/sport/fussball/Warum-Effe-und-Co-ueber-junge-Trainer-motzen-article22637691.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

    • Fohlenstall 30. Juni 2021 um 20:50 Uhr

      👍. So ist es fahter, und Danke für den abschließenden Artikel,sehr lesenswert👌!

  9. Gravesen 1. Juli 2021 um 07:42 Uhr

    Ich befürchte, die berufliche Zukunft des 22-jährigen Sportmanagement liegt irgendwo zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Pik Ass 😀 😀

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