Wenn Normalität besonders ist…

310 Wochen als Nr.1, davon 237 Wochen in Serie. 

20 Grand Slam-Siege, davon allein 8 Einzelsiege in Wimbledon

5 mal Weltsportler des Jahres (Rekord)

19 Mal wurde er mit dem ATP Fans‘ Favourite Award als beliebtester Spieler geehrt (von 2003 bis 2021!), 13 Mal hat er den Stefan Edberg Sportsmanship Award gewonnen, ein Preis für Fairness und Integrität.

Roger Federer (41) hört auf, jedenfalls mit dem professionellen Tennis. In Zeiten der Austauschbarkeiten, in Zeiten der sekündlichen Veränderungen ist dieser Verlust so schmerzhaft wie kein zweiter im sportlichen Bereich und dies bezieht sich ausdrücklich nicht allein auf den sportlichen Aspekt. Der STERN schrieb “Der Größte mit dem kleinsten Ego”, wobei ich nicht glaube, dass Federer an Minderwertigkeitskomplexen zu leiden hat, er ist nur in der Lage, sein Ego nicht über das anderer zu stellen und das ist in Zeiten der Mbappes, Neymars und Djokovics schon etwas Besonderes. Das Spezielle am Menschen Federer ist seine Normalität, etwas, was vielen von uns, besonders sogenannten Influenzern und Youtubern zu denken geben sollte. Von Turnierorganisatoren ist bekannt, dass RF wirklich jedem jederzeit auf Augenhöhe begegnete, sei es nun dem britischen Königshaus, dem Schiedsrichter oder dem Ballkind. Und eben auch dem Gegner. Federer gehörte zu den Wenigen, die einen strittigen Ball wiederholen ließen, wenn er sicher war, den Punkt nicht verdient zu haben. Federer zollte absolut jedem sportlichen Gegner Respekt, ob er ihn nun bezwungen hatte oder ihm unterlegen war. Werte, liebe Freunde. 

 

 

Aber natürlich hat Fed-Ex auch Tennis gespielt und dies wie kein Zweiter in der Geschichte des Profi-Tennis. Wenn andere Tennis arbeiteten, spielte Federer Tennis. Während sich im internationalen Spitzentennis die beidhändige Rückhand immer mehr durchsetzte, dominierte Roger seinen Sport einhändig. Bei ihm sah das, was bei anderen nach übelster Maloche aussah, immer irgendwie leicht aus, als würde er zum Spaß Tennis spielen und nicht, weil ihn der Sport zu einem sehr reichen Mann gemacht hat. Zu seiner besten Zeit wirkte Federers Spiel auf mich immer so, als könnte er jederzeit einen Gang hochschalten, während sein Gegner schon längst im roten Bereich war, so etwas frustriert, wenn man auf der anderen Seite des Netzes steht. Ich weiß, dass sich die Zeiten ändern und mittlerweile sehen Spieler wie der australische Prolet Kyrkios aus wie ein Innenverteidiger vom FC Magdeburg. Während außerhalb des Tennis heute kaum ein Sportler nicht bemalt ist wie eine Häuserwand in Belfast, sieht der Tennis-Künstler Federer auch noch aus wie der freundliche Verkäufer beim Herrenausstatter, aber das gehört zu ihm, wie seine Bescheidenheit zu ihm gehört. 

Mit Federer hört nicht nur der (für mich) beste Tennisspieler aller Zeiten auf, es hört auch eine Einstellung zum Sport und eine Einstellung zu den Mitmenschen auf. Federer zeigte uns, dass man kein egomanisches Arschloch sein muss, um ganz oben anzukommen, zu bleiben und gleichzeit verehrt und geliebt zu werden. Es mag sein, dass es in diesen Zeiten nicht mehr möglich oder zumindest außerordentlich schwierig ist, wie Federer zu sein, aber es wäre schön, wenn es zumindest jemand versuchen würde. Für mich, der selbst Tennis gespielt hat, ist Roger Federer nicht nur der größte Tennisspieler, sondern wahrscheinlich sogar der größte Sportler aller Zeiten. 

 

 

Andy Roddick: “Ich würde dich gerne hassen. Aber du bist echt nett.”

Danke für alles, Roger.

 

 

Von | 2022-09-18T07:30:57+02:00 18. September 2022|Allgemein|15 Kommentare

15 Comments

  1. Hafenpokal 18. September 2022 um 08:26 Uhr

    Sehr schön formulierte und m.M.n.vollkommen zutreffende Charakterisierung! Unter dem Aspekt des Sportsmanship war er der Größte und sein Spielstil war und ist absolut einzigartig. Hab in seiner Biografie gelesen dass er als Jugendlicher mitunter ähnlich zu Wutausbrüchen geneigt hat wie ein gewisser Björn Borg. Man kann sich das also auch „aberziehen“ wenn die charakterlichen Grundlagen vorhanden sind. Ich hab den Eindruck, RF hat durch sein Verhalten im Laufe der Jahre einige andere ATP-Spieler zum Guten beeinflusst..

  2. Hafenpokal 18. September 2022 um 08:54 Uhr

    PS: Kann man aus den geschilderten Werten irgendeinen Bezug zum KSV herstellen? Ganz sicher nicht 😊 !….

    • Gravesen 18. September 2022 um 09:01 Uhr

      Ist auch gar nicht beabsichtigt. Diesem Verein ist eh nicht mehr zu helfen.

    • Hannover1958 18. September 2022 um 09:02 Uhr

      Doch, wenn man das Sportliche sieht. Der ist aber leider vor kurzem verstorben.

  3. Der Greif 18. September 2022 um 09:04 Uhr

    Für mich bleibt Muhammad Ali der Größte, weil er neben seinen großen sportlichen Erfolgen auch in einem für ihn sehr schwierigem politischen Umfeld, Haltung bewiesen hat und dafür auch bereit war zu leiden.
    Roger Federer taucht zusammen mit Michael Jordan sicher direkt dahinter auf.

  4. Fohlenstall 18. September 2022 um 09:05 Uhr

    Moin Zusammen,
    sehr gut be/geschrieben. Der “Gentleman” hört auf seinen Körper und beendet seine großartige Karriere.
    Ein letzter Auftritt noch beim Laver Cup in London.Ich werde das auf jeden Fall nochmal genießen!
    https://www.derstandard.de/story/2000139126968/roger-federer-beendet-seine-tenniskarriere

  5. RummsBumms 18. September 2022 um 10:18 Uhr

    Der größte seiner Zunft.
    Schöner Bericht dazu. Sehr schade das er den Schläger an den Nagel hängt. Aber irgendwann muss man auf den Körper hören.
    Federer und Nadal…..ich denke, dass beide bald eine große Lücke hinterlassen werden. Dann dürfen Spinner a la Joker den Zirkus alleine veranstalten bzw. verunstalten.

    PS: Münchhausen gehört weggesperrt.

  6. atari 18. September 2022 um 12:05 Uhr

    Was genau ist Münchhausen jetzt eigentlich?
    – der selbst ernannte Robin Hood der Journalisten?
    – ein gescheiterter Journalisten Simulant, der seinen letzten Ausweg im Bloggen fand?
    – ein Influencer, der Werbung für ein Produkt macht ohne es als solche zu kennzeichnen?
    – ein Lügenbaron, Scharlatan und Hochstabler?
    – eine ganz arme Wurst?

    • Kevin allein in Hamburg 18. September 2022 um 12:28 Uhr

      Von jedem etwas.

      In jedem Fall ein Mann, dessen Kinder sich fremdschämen müssen, sowie der Rest seiner Familie.

    • RummsBumms 18. September 2022 um 20:47 Uhr

      Zu jeder Frage ein klares: Ja!

  7. Kirstein 18. September 2022 um 12:17 Uhr

    Sehr gut beschrieben.

  8. ausgegliedert 18. September 2022 um 13:35 Uhr

    So “normal” können Spitzensportler sein.
    Ganz großes Tennis in jeder Beziehung!

  9. Atze 18. September 2022 um 16:45 Uhr

    Tja so ist das. Der eine beendet seine Karriere und ein anderer, nehmen wir Jatta, mit seinen gerade mal 24 Jahren steht quasi noch am Anfang. Wenn ich Jungspund Jatta mal mit Federer vergleiche, na da kann man schon eindeutig sehen, dass der Schweizer bereits jenseits der 40 ist, gerade im Vergleich zum so jugendlich aussehenden gambischen Flüchtling… .

  10. prenk 18. September 2022 um 20:22 Uhr

    Hey Spochtschornalist, kommt heute noch was oder ist es mal wieder zeitlich nicht darstellbar? Langt ja eigentlich auch, wenn tena leedi den ganzen Tag schon wieder alles supi findet und kotzi schon das nächste Ergebnis spoilert. Von daher könnte man ja bei 2 Wochen Länderspielpause locker 3 Wochen Bolgpause machen. Also schönen fünften Urlaub dieses Jahr, aber ne Karte an de Gläubiger wäre schon mal nett.

    • Profikommentator 18. September 2022 um 21:07 Uhr

      Beim 24/7 – HSV – Bolg ist am Wochenende Pause. Sollte sich rumgesprochen haben, so oft wie einige hier da aus welchen Gründen auch immer mitlesen 😉

      In diesem Sinne, bis irgendwann.

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