Kühne: „Die Luschen bleiben immer hier hängen“

Man möchte sagen: Nie war er so wertvoll wie heute. Das, was das Unternehmen Klosterfrau bereits vor fast exakt 100 Jahren (1925) über sein Produkt Melissengeist behauptete, gilt in gleichem Maße für die Aussage des „Gönners“, der dies einst über Lasogga und friends erklärte und im Jahr 2024 wohl ganz andere Begrifflichkeiten verwendet, wenn er über den KSV spricht. Denn betrachtet man nicht nur die letzten Jahre, hauptsächlich in der Liga der Maltafüße, sondern ganz besonders die aktuelle Trasferphase, so muss man zur Kenntnis nehmen, dass sich der Verein eine Horde Nullperformer ans Bein gebunden hat, die er ohne Abfindungszahlungen oder ohne sie zu verschenken (Krahn wird nicht der Letzte gewesen sein) nicht mehr von der Payroll bekommt. Man stelle sich doch einfach mal vor, dass nicht ein Verein aus einer höheren Liga bereit gewesen ist, den Torschützenkönig der letzten Saison für alberne € 2,3 Mio. zu kaufen, von der lächerlichen € 5 Mio.-Klausel für die Eintagsfliege Reis oder den Defensiv-Verweigerer Muheim ganz zu schweigen. Spieler wie Schönlauch, Meffort, Daffeh etc. werden beim KSV entweder in Rente gehen oder den Verein nach Ablauf ihres Vertrages ablösefrei Richtung Sandhausen oder Nairobi United verlassen, an den Verkauf eines Übungsleiters für mehr als € 7 Mio. ist im Traum nicht zu denken. Oder glaubt jemand, dass demnächst West Ham vor der Tür steht und den dauerhaft mies gelaunten Zonen-Steffi auf die Inseln holt?

Zur Zeit wird landesweit gestöhnt, dass beim Vizemeister VfB Stuttgart eine Art Ausverkauf stattfinden würde, Spieler wie Guirassy, Anton, Ito, vielleicht Führich, vielleicht Mittelstädt werden den Verein verlassen oder sind bereits weg. Doch ist dies der normale Lauf der (Profi)-Dinge und vor allem ist es auch der Beweis für gute Arbeit. Guirassy wurde für € 9 Mio. geholt und kann für € 18 gehen. Für Ito bezahlte man € 400.000, nun bekam man aus München € 23,5 Mio. Waldemar Anton kam für € 4 Mio. aus Hannover, heutiger Marktwert: € 20 Mio. Chris Führich holte man für € 2,5 Mio. aus Paderborn, heutiger Marktwert: € 28 Mio. Maxi Mittelstädt kam für € 500.000 von Hertha BSC, heute wird sein Marktwert auf € 17 Mio. taxiert. So geht Entwicklung, so funktioniert Profi-Fußball. Kurz zur Erinnerung: Vor etwas mehr als einem Jahr scheiterte der KSV an genau diesem VfB Stuttgart in der Relegation, doch ist der Verein von der Müllverbrennungsanlage Lichtjahre davon entfernt, vergleichbare Ablösesummen zu generieren, weil man einfach nicht in der Lage ist, einen Japaner für € 400.000 oder einen Verteidiger für € 500.000 zu scouten. Stattdessen beschäftigt man sich mit einem 22-jährigen Wandervogel, der vor einem Jahr noch für € 40.000 zu haben gewesen wäre, für den man jetzt aber € 2 Mio. abdrücken soll, es ist so unfassbar peinlich. 

Was für ein Glück, dass man im Volkspark einen Campus aus Fremdkapital errichten konnte, in dem nun seit 2017 unter der Führung des Damen-Bundestrainers und zig Direktoren künftige Drittliga-Perlen zu Reife gebracht werden, dieser Verein ist sowas von gekniffen. In St. Ellingen hätte man sich die Augen aus dem Kopf geheult, hätte irgendein Trottelverein Chancentod Glatzel unter Vertrag genommen oder würde Suriname’s next Superstar Pherai nach Entenhausen wechseln, anstatt dies als Chance für einen mehr als notwendigen Umbruch und eine Verjüngung zu sehen, denn hätte man ein funktionsfähiges Scouting, dann würde man vielleicht auch einmal auf eine Idee wie Schalke mit Moussa Sylla kommen, der Junge ist 24 Jahre alt und wenn er einschlägt, ist er nach dieser Saison das Doppelte wert. Für einen Glatzel wird der KSV höchstwahrscheinlich nie wieder einen Cent sehen, eben deshalb, weil hier die Luschen immer hängenbleiben. Dabei ist der Weg eigentlich kein Hexenwerk, sondern zutiefst logisch…

  • Die sportliche Führung des Vereins entscheidet und beschließt ein Spielsystem, welches von der ersten Mannschaft bis in den Nachwuchsbereich generell gesetzt ist. Man verpflichtet einen Trainer, der dieses System kennt und bevorzugt. Sollte dann ein Trainer den Verein verlassen, wird er durch einen anderen Übungsleiter ersetzt, der exakt das vorhandene und vom Verein vorgegebene System spielen lässt. (siehe St. Pauli)
  • Man scoutet und verpflichtet 20 bis 24-jährige Spieler mit sportlichem Entwicklungspotenzial. Zielmärkte sind dabei zweite Liga, dritte Liga, Norwegen, Dänemark, Holland, zweite französische Liga. Desweiteren bildet man zielgerichtet Nachwuchs im eigenen (teuren) NLZ aus.
  • Man lässt diese Spieler in der Liga regelmäßig spielen!
  • Sobald sich der sportliche Erfolg einstellt, gewinnen die Spieler an Marktwert und werden für andere Vereine interessant. Entsprechend verkauft man diese Spieler mit Gewinn, ist aber jederzeit auf einen Verlust vorbereitet und hat entsprechenden (günstigeren) Ersatz in der Hinterhand bzw. im eigenen Nachwuchs.
  • Grundsätzlich: Kein Spieler ist unverkäuflich!
  • Im Falle eines Mehrjahresplans wird sich sowohl Marktwert wie auch Leistungsvermögen der Mannschaft verbessern, irgendwann ist man nicht mehr dazu verdammt, jeden Spieler gehen zu lassen. 

 

Der KSV macht nun das genaue Gegenteil davon, im Grunde verhält man sich antizyklisch zu Erfolgsmodellen.

  • Man holt ältere Spieler aus der gleichen Liga oder man leiht Spieler aus einer höheren
  • Man stattet grundsätzlich jeden Spieler mit einem Mondvertrag aus, sodass er für Vereine der gleichen Spielklasse nicht mehr finanzierbar ist. Entsprechend bleibt man auf diesen Spielern sitzen, wenn sie ihr Leistungsvermögen nicht abrufen können. Folge: Abfindungen oder ablösefreie Transfers
  • Man holt Trainer nicht nach einem vorgegebenen Spielsystem, sondern wegen des Namens.
  • Wegen dieses Verhaltens generiert man natürlich keine signifikanten Transfererlöse, sodass man immer auf dem gleichen Leistungsniveau verharrt bzw. schlechter wird.