Der Tag, an dem sich Kühnes Sport Verein endgültig vom Leistungsprinzip verabschiedete und gänzlich andere Prioritäten als Siege, Aufstieg oder Titel ins Visier nahm, ist relativ einfach zu identifizieren, es war der 13. Juni 2016. An diesem Tag unterzeichnete der damals angeblich gerade 18 Jahre alt gewordene Bakary Daffeh unter dem Namen Bakery Jatta einen 3-Jahresvertrag beim KSV und spätestens nach seinem „Aufstieg“ in den Profikader 2019 war klar, dass dieser gambische Holzfuß eine komplett andere Funktion einnehmen sollte als die eines funktionsfähigen Profis, Daffeh war als „Identifikationsfigur“ angedacht, als das Symbol St.Ellinger Großherzigkeit, Weltoffenheit und Mitgefühl. Man war einer der ersten, wenn nicht der erste Verein im deutschen Profifußball, der einem armen unbegleiteten Flüchtlingskind eine Heimat bot, Refugees welcome. Natürlich konnte man den weiteren Verlauf der Dinge nicht im dem Maße erahnen, obwohl man selbst beim Verein von der Müllverbrennungsanlage so skeptisch hinsichtlich Daffehs Angaben war, dass man selbst recherchierte und zu dem Schluss kam, dass sowohl Alters- wie auch Namensangaben höchtwahrscheinlich nicht der Realität entsprachen. Dies hielt die Vertragsgeber aber nicht von einer Verpflichtung ab, zu verlockend war die Aussicht, sein eigenes unterirdisches Image durch einen Akt der Menschlichkeit aufpolieren und die eigenen Fans mit dem Klub vereinen zu können. Die Rechnung ging auf, jedenfalls in dieser Hinsicht, denn „Menschen“, die sich selbst über jede Steuererhöhung auskotzen und ihren Nachbarn beim Falschparken anzeigen würden, verzichteten im Fall Daffeh auf jeglichen Beweis seiner Unschuld und stellten sich vorbehaltlos sowohl hinter den Betrüger wie auch den Verein, aber der Beweis seiner Schuld kam.

Die Unklarheit seiner Identität und des Geburtsdatums lösten Kontroversen in den Medien aus, sowie staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen seine Person, Gerichtsverfahren und Einsprüche gegen Spielergebnisse. Das Landgericht Hamburg stellte 2022 fest, dass Jatta und Daffeh „mit sehr großer Wahrscheinlichkeit“ identisch seien und folgte der Darstellung der Verteidigung, dass sich Jatta in Afrika als drei Jahre älterer „Bakary Daffeh“ ausgegeben habe, um früher am bezahlten Fußball teilnehmen zu können.

„Aber er ist doch ein netter Kerl“ oder auch „Er bezahlt doch seine Steuern“ waren nicht selten gehörte Einwände gegen juristisch erwiesene Verfehlungen, die bei jedem anderen zu strafrechtlichen Konsequenzen geführt hätten, nicht so bei Daffeh, denn der log auch weiterhin, dass sich die Balken bogen.

„Ich habe in Afrika in keinem Verein gespielt, das gab es dort nicht, höchstens mal am Wochenende konnte man ein betreutes Training mitmachen. Ansonsten waren wir auf uns gestellt, wir haben auf der Straße Fußball gespielt und uns selbst die Dinge beigebracht.“

Noch einmal zur Einordnung: Die eigene Verteidigung erklärt, dass Daffeh sowohl Alter wie auch Identiät gefälscht hatte, um früher Profi werden zu können, der Spieler selbst bleibt aber bei der Legende von der Cola-Dose auf der staubigen Straße. Ebenso lächerlich natürlich das Märchen vom Sahara-Kriecher und Mittelmeerschwimmer, wenn der Betrüger doch bereits 3 Jahre als professioneller Fußballer gespielt hatte, wie seine Verteidigung zugibt. All das aber stört in Hamburg so gut wie niemandem mehr, denn längst war Daffeh weit mehr als nur ein unterdurchschnittlicher Spieler, er war zu einem Symbol geworden, ein Symbol für das Gute in Kühnes Sport Verein. Betrachtet man nur die reinen Werte, wird deutlich, was ich mit Eigensabotage meine, denn Daffeh hat es als offensiver Mittelfeldspieler/Rechtsaußen in ingesamt 172 Spielen auf ganze 25 Tore und 24 Vorlagen gebracht, in der zweiten Liga wohlgemerkt. Doch anstatt in den darauffolgenden Jahren einen besseren Spieler für seine Position zu verpflichten, ließ man den Stolperjochen auch weiterhin in den C-Rang bolzen und den Zuschauern die Stadionwurst aus der Hand flanken und opferte somit den dringend notwendigen Aufstieg zugunsten der Foklore. Denn was wäre passiert, hätte man Daffeh aus sportlichen Gründen geopfert? Höchtwahrscheinlich würde man schon seit Jahren wieder in der Bundesliga spielen, aber man hätte sein Maskottchen massakriert, sich den Zorn der Liebeseekte zugezogen und sein Alleinstellungsmerkmal verloren. 

Dies durfte unter keinen Umstände passieren, deshalb inszenierte man seitens des Vereins eine nie dagewesene Medien- und Hetzkampagne gegen jeden, der die Daffeh-Wahrheit veröffentlichte, deshalb spielte man im Falle des rüstigen Gambiers das beliebte Judas Boldt-Manöver (diverse frei erfundene Angebote anderer Vereine), bis man dann werbewirksam auf der Mitgliederversammlung unter dem frenetischen Jubel der anwesenden Hohlkörper eine Vertragsverlängerung bis 2029!!! verkündete, das Maskottchen war gesichert. Alles, absolut alles am Fall Daffeh ist falsch, künstlich, affektiert und dient nur dem Zweck, die Orks hinter der Vereinsfahne zu sammeln, auch wenn man im Umkehrschluss auf den sportlichen Erfolg verzichten muss. Aber für den interessiert sich in Hamburgs Love-Family eh keiner mehr.

 

„Dieses ständige Lügen zielt nicht darauf ab, das Volk eine Lüge glauben zu machen, sondern darauf, dass niemand mehr irgendetwas glaubt. Ein Volk, das nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden kann, kann auch nicht zwischen richtig und falsch unterscheiden. Und ein solches Volk, das sich seiner Macht, zu denken und zu urteilen, beraubt sieht, ist auch, ohne zu wissen und zu wollen, dem Gesetz der Lüge vollständig unterworfen. Mit einem solchen Volk kann man dann machen, was man will.“

(Hannah Arendt)