Der zweite Teil der Selbst-Sabotage ist zwar inhaltlich anders gelagert, aber er ist vom Motiv her nahezu identisch und in seiner Konsequenz ebenso zerstörerisch wie der erste. 

HSV-Verteidiger Mario Vuskovic wurde am 16. September 2022 bei einer Trainingskontrolle der Nationalen-Anti-Doping-Agentur (NADA) positiv auf das Dopingmittel Epo getestet. Die B-Probe bestätigte das Ergebnis.

Die sind die Fakten, aber die Fakten sind in St. Ellingen seit langem schon nur noch nebensächliche Randerscheinungen, denn wie hatte schon der untaugliche ehemalige Übungsleiter Tom Walter (über dessen Existenz man ebenso eine Folge zum Thema Selbst-Sabotage schreiben könnte wie über den Intriganten Judas Boldt) einmal gesagt: „Liebe ist wichtiger als Ergebnisse“. Man stelle sich eine solche Aussage vor dem Hintergrund des erneuten Scheiterns und permanenten Versagens einmal in München, Manchester oder Madrid vor. Und doch hatte Walter, eher unfreiwillig, exakt das benannt, worum es im Volkspark spätestens seit der Vertragsunterzeichnung Daffehs geht, es geht um etwas gänzlich anderes als um Leistungssport, Erfolge, Punkte oder gar Aufstieg. Es geht darum, die mit Hilfe eines holzfüßigen Afrikaners mühsam erstellte Wagenburg zu erhalten, mit deren Hilfe man sich nach eigener Auffassung vom Rest der Fußball-Republik abhebt. Der Verzicht auf Erfolge zugunsten von albernem Personenkult, das ist die neue DNA eines Vereins, der einmal unter den Top 13 in Europa stand, der sich 2014 erneut für Europa aufstellen wollte und der inzwischen die Nummer 2 in Hamburg, die Nummer 5 in Norddeutschland und die Nummer 22 in der BRD ist. Niedergang mit Vorsatz. 

Dabei war, und an dieser Stelle erscheint die erste Ähnlichkeit, die Reaktion des Vereins auf den erwiesenen Dopingbetrug seines kroatischen Innenverteidigers nahezu identisch mit dem Verhalten, welches man 2019 im Fall Daffeh angewandt hatte. Nicht nur, dass man sich hinter seinen Spieler stellte (was zu 100% normal und ok wäre), nein, man verdammte jeden, der den eindeutigen Beweisen zu folgen bereit war, ohne Umwege in die Hölle, erklärte NADA, WADA, DFB, DFL und jeden, der sich auf den Dopingbefund bezog, als unheilig, verschwörerisch, rassistisch und vor allem: KSV-feindlich. „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns und wer einen von uns angreift, greift uns alle an“, es lebe die Wagenburg. Komisch nur, dass nicht ein einziger Free Vuskovic-Brüller in der Vergangenheit den Finger gehoben und die Methoden der Institute in Zweifel gezogen hatte, denn wenn ein keniatischer Mittelstreckler oder ein weissrussischer Biathlet überführt wurde, waren die Tests einwandfrei und in ihrer Methodik perfekt. Anders im Fall Vuskovic, denn dort zog der Verein absolut alle Register, vor allem auch medial. 

„Die Leute, die sagen, dass Doping im Fußball keinen Sinn ergeben würde, wollen entweder von dem Thema ablenken oder haben schlicht und einfach keine Ahnung und sollten sich lieber nicht in der Öffentlichkeit äußern. Was mich an dem Fall wirklich ärgert: der Eindruck, dass der Profifußball eher ein Interesse daran hat, nicht über Doping zu reden, weil das geschäftsschädigend ist, als sich wirklich ernsthaft mit der Materie auseinanderzusetzen. Die reflexartige Unterstützung von Vuskovic seitens des Hamburger SV, sich sofort hinter den Athleten zu stellen, finde ich ehrlicherweise nicht richtig. Es gehört sich genauso wenig, sich gegen ihn zu stellen, sondern es gehört sich aus meiner Sicht, sich bei einem Dopingverdacht überhaupt nicht zu äußern, sondern erst mal die Fakten zu prüfen. Da hatte ich schon das Gefühl, dass das nicht in ausreichendem Maße erfolgt ist.“ (Doping-Experte Hajo Seppelt im Kicker)

Wie nun aber hat sich der KSV durch sein Verhalten im Fall Vuskovic selbst sabotiert? Ganz einfach. Obwohl der Spieler für zwei Jahre gesperrt war, unternahm man keinen ernsthaften Versuch, den Kroaten zu ersetzten, weil man nicht Gefahr laufen wollte, seinen Platz innerhalb der Wagenburg zu besetzen, aber noch mehr. Hätte man einen echten Ersatz geholt, was rein sportlich dringend angesagt war, hätte man das Zeichen gesetzt, dass man nicht mehr zu 100% an das Vereinssymbol für Widerstand gegen die Klub-Feinde glaubt. So gesehen ist auch Vuskovic, ebenso wie Daffeh, zu einem Symbol-Maskottchen mutiert, welches über Jahre, vielleicht sogar vier Jahre, gänzlich andere Funktionen für einen Leistungsverweigerungs-Verein erfüllt als die, die in seinem Arbeitsvertrag stehen. 

Der Nachweis von Erythropoietin (EPO) mittels der Ioselektrischen Fokussierung (IEF) wird seit dem Jahr 2000 in den WADA akkreditierten Dopingkontrolllaboratorien angewendet. Seit 2009 wird zusätzlich die SDS-PAGE Methode und seit 2013 die SAR-PAGE Methode eingesetzt. Nach dem aktuellen technischen Dokument für EPO (WADA) ist seit 2013 eine Analytik ausschließlich mit der SAR-Page Analytik zulässig. Bei den Dopingkontrollen hat es seit 2000 für den Nachweis von rekombinantem EPO (rEPO), den EPO-Modifikationen Darbepoetin (dEPO) und CERA weltweit ungefähr 700 positive Befunde gegeben. In der folgenden Tabelle ist die Anzahl der positiven Befunde mit den verschiedenen EPO-Formen für das jeweilige Jahr zusammengestellt. (Quelle: https://www.dshs-koeln.de/institut-fuer-biochemie/doping-substanzen/doping-lexikon/e/epo-anzahl-positiver-befunde-seit-2000/)

Obwohl weder Vereins-Funktionäre noch „Fans“ auch nur ansatzweise verstehen, was damit gemeint ist, folgen sie lieber der Verschwörungslegende, die passt auch viel besser zur Verteidigung der Liebesekten-Wagenburg, ohne die der KSV nämlich nichts anderes mehr wäre, als ein erfolglose, durchschnittlicher Zweitliga-Dino auf dem absteigenen Ast. 

 

 

„Dieses ständige Lügen zielt nicht darauf ab, das Volk eine Lüge glauben zu machen, sondern darauf, dass niemand mehr irgendetwas glaubt. Ein Volk, das nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden kann, kann auch nicht zwischen richtig und falsch unterscheiden. Und ein solches Volk, das sich seiner Macht, zu denken und zu urteilen, beraubt sieht, ist auch, ohne zu wissen und zu wollen, dem Gesetz der Lüge vollständig unterworfen. Mit einem solchen Volk kann man dann machen, was man will.“

(Hannah Arendt)