Der Umstand, dass Judas Boldt beste informelle Drähte inkl. Geschäftsbeziehungen in die Sportredaktionen der angeschlossenen Printhäuser unterhielt, ist hinlänglich bekannt, „The Honigkuchenpferd“ scheint das Ganze jetzt noch toppen zu wollen. Denn glaubt man dem, was dort im Kampagnenblatt und direkt aus dem Büro des Sportvorstandes berichtet wird, ist das, was ich neulich schrieb „Cunts hat kein Konzept“ noch weit untertrieben: Cunts entscheidet gar nichts, zumindest nicht allein und nicht ohne Rückendeckung. Wohl ganz selten in der unrühmlichen Geschichte dieses „Vereins“ hat eine derart schwache Persönlichkeit ein Führungsamt innegehabt. 

Merlin Polzin war am Mittwoch als Erster auf dem Platz. Der Interimstrainer des HSV steckte bereits weit vor der angesetzten Nachmittagseinheit einige Stangen in den Rasen neben dem Volksparkstadion, um einzelne Stationen aufzubauen. Genauso hatte er schon als Assistent das Training vorbereitet. Durch seine mindestens mal vorübergehende Beförderung kommt dieser Arbeitseifer allerdings überraschend, untermauert aber zugleich seine Akribie vor dem anstehenden Heimspiel am Sonntag gegen Darmstadt 98. Als Kandidaten gelten Bruno Labbadia (58), Raphael Wicky (47/zuletzt Young Boys Bern) und Henrik Rydström (48), der aktuelle bei Malmö FF unter Vertrag steht, mittelfristig aber einen Wechsel ins Ausland anstrebt. Polzin hat es durch das KSC-Spiel geschafft, in diesen Dunstkreis einzutreten und eine ernsthafte Option für die Zukunft zu sein.

 

Mir kommen die Tränen, das hat ja schon walter’sche-Züge. Sankt Doofy soll verzweifelt zum Hürzeler-Klon geschrieben werden. 

 

Kuntz will letztlich aber nicht alleine in der Trainerfrage entscheiden. Er bezieht auch die Meinungen von Sportdirektor Claus Costa, Vorstandskollege Eric Huwer sowie einiger Aufsichtsräte mit ein. Im Kontrollgremium sind Michael Papenfuß, Markus Frömming und Stephan von Bülow seine wichtigsten Ansprechpartner, alle drei bilden den Personalausschuss. Sie führten auch im Mai die Verhandlungen mit Kuntz, als es um die Nachfolge von Ex-Vorstand Jonas Boldt ging. Anfang der Woche kamen mediale Spekulationen auf, der Aufsichtsrat scheine den zuletzt hoch gehandelten Labbadia skeptisch zu sehen. Richtig ist allerdings, dass der Aufsichtsrat nach Abendblatt-Informationen keine Bedenken bei Labbadia geäußert hat. Die Kontrolleure überlassen die Trainer-Entscheidung komplett dem dafür verantwortlichen Kuntz.

Gepriesen sei die Expertise. Ich finde es absolut begrüßenswert, dass man bei der Auswahl der wohl wichtigsten Personalie innerhalb des Vereins den selbstverliebten Schatzmeister, Oppa Hoppenstedt, Feuerwerker Frömming und Burgerbräter Büloff befragt, schließlich handelt es sich hier um den überaus erfolgreichen „Personalausschuss“ 😀 😀 😀  

Ebenfalls geil, wie das Kampagnenblatt nun plötzlich und wie aus dem Nichts zwei der größten Sponsoren und Unterstützer des Vereins in den Schmutz tritt.

Spannend sind vor allem die Rollen von Frömming, dem Vertreter von Investor Klaus-Michael Kühne (87), sowie von Bülow, dem Geschäftsführer der Block-Gruppe. Die beiden Ü-80-Jährigen Kühne und Eugen Block (84) haben ihr Fußball-Wissen seit ein paar Generationen nicht mehr aktualisiert und halten noch immer Club-Ikone Felix Magath (71) für die Lösung aller HSV-Probleme. Kühne spielt bei der Trainersuche keine Rolle. Die Zeiten seiner Einflussnahme, so wie speziell im Transfersommer 2016, sind im Volkspark längst vorbei. 

 

Aber um dem Ganzen die Krone auszusetzen, erklärt man nun seitens des Kampagnenblatts, wie außerordentlich planlos man im Volkspark agiert. Gewinnt er durch einen unberechtigten Elfer in der Nachspielzeit, gehts weiter, dann ist er wohl ein guter Trainer. Spielt er Unentschieden, dann gucken wir mal. Wenn man gegen Darmstadt unglücklich verliert, war Doofy doch nur eine Sternschnuppe und darf weiterhin Fahnen aufstellen. Meine Fresse…

Für den Moment ist Polzin in der Poleposition. Gewinnt er die drei restlichen Partien bis zur Winterpause gegen Darmstadt, in Ulm und gegen Fürth, geht der HSV mit ihm in die Rückrunde. In diesem Fall wäre auch allen Kritikern dieser unerfahrenen Lösung der Wind aus den Segeln genommen. Kann Polzin jedoch nicht an die Leistung von Karlsruhe anknüpfen, wird Kuntz handeln. Schon das Darmstadt-Spiel bringt etwas Klarheit in den weiteren Verlauf der kommenden Wochen.