„Wir können uns nicht mit denen anlegen, die schreiben uns jedes zweite Wochenende das Stadion voll“ (Ernst-Otto Rieckhoff, 2014)

Als jemand, der auf guten Fußball steht, der auf ehrliche Arbeit steht, der auf Nachhaltigkeit steht und auf Pläne, die aufgehen, stellt man sich jedes zweite Wochenende die Frage: Warum gehen regelmäßig mehr als 50.000 Verstrahlte in den Volkspark, um sich für Champions League-Preise schauerlichen Sport anzugucken und den Blödsinn auch noch abzufeiern? Nun ja, genauso könnte man sich die Frage stellen, warum sich Zehntausende auf sogenannten „Demos gegen Rechts“ gegenseitig abfeiern, aber niemand eine „Demo gegen kriminelle Asyslanten“ oder eine „Demo gegen kindernmordende Messerstecher“ initiiert. Beim KSV ist eine Erklärung sicherlich, dass ein nicht geringer Anteil der Zuschauer im Grunde gar nicht für den Fußball, sondern für das Event ins Stadion gehen. Sie wollen Kumpels treffen, dummes Zeug labern, Bier saufen und Polizei-Uniformen verbrennen, das Spiel selbst ist für viele nur noch Anlass, aber schon längst kein Grund mehr. Eines haben beide Phänomene jedoch gemein und das ist die Rolle der Medien. Ich hatte neulich einmal einige der reißerischen Headlines hier im Blog gepostet, es ist einfach zum Niederknien schlecht und billig, was dort betrieben wird. JanLurch Dompteur schießt ein Freistoßtor, von denen ich mindestens 20 in meiner Karriere geschossen habe und die Hamburger Hofberichterstatter verkaufen dies als Tor des Jahrzehnts. Man erzielt in der 85. Minuten den Ausgleich, nachdem man zuvor ein Spiel leichtfertig aus der Hand gegeben hatte und die BILD berichtet über „Extase im Stadion“, kleiner geht es an der Müllverbrennungsanlage nicht mehr. Münchhausen schreibt nach einem Duselsieg durch einen Witzelfmeter von einer „erwachsenen Leistung“ und das Kampagnenblatt titelt nach dem Sieg gegen einen Aufsteiger:

Der Sieg des HSV in Münster steht exemplarisch für den Reifeprozess der Mannschaft, der Polzin neues Leben eingehaucht hat.

Tatsache ist, und das kann jeder erkennen, der sich eben nicht das Resthirn rausgehüpft hat – es gibt keinen Reifeprozess. Das, was man aktuell im Volkspark zu sehen bekommen, konnte man exakt so in den letzten 6 Jahren auch sehen. Oder mit anderen Worten: Dem Hohlvolk wird eine nicht existierende Welt verkauft. J. Edgar Huwer hat in einem Spobis-Interview gesagt, man hätte „viel in die Fankultur investiert“, doch tatsächlich investiert hat man nur in die Hamburger Hofschranzen. Ein normaler, neutraler Journalist hätte nach dem Spiel in Münster geschrieben: „Schlecht gespielt, viel Glück mit den Schiedsrichter-Entscheidungen gehabt, glückliche 3 Punkte eingefahren“, aber wenn die Medien in den letzten 10 Jahren so berichtet hätte, wären eben keine 52.000, sondern vielleicht noch 32.000 im Stadion. Ergo muss man den Idioten Spiele VERKAUFEN, die nie stattgefunden haben. Ebenso, wie die öffentlich-rechtlichen Medien den Leuten ein Land zu verkaufen versucht, das es nicht mehr gibt. 

Problem ist doch: Woher bekommen die Leute ihre Informationen? Wenn ich als Zuschauer nicht live in Münster (zum Beispiel) dabei war, woher weiß ich, wie dieses Spiel gelaufen ist? Wenn mir als seichtem KSV-Fan nun am nächsten Tag Mopo, BILD, Kampagnenblatt, Kicker und SKY VERKAUFEN, wie überirdisch geil der Kick war, wie herausragend Schnecke-Schneidezahn Meffort die Löcher gestopft hat, dann glaube ich das irgendwann, wenn sie es lange genug machen und dann kaufe ich mir eine Karte fürs nächste Spiel. Fakt: Das eben kein Entwicklungsprozess stattfindet, erkennt man daran, dass sich eine Mannschaft nach dem Ausgleich in der 85. Minute erstmal minutenlang an der Eckfahne feiern lässt, anstatt den Ball aus dem Netz zu holen und auf den Siegtreffer zu gehen. Doch anstatt genauso solchen Dinge zu thematisieren, VERKAUFEN die Medien den Leute einen Regenbogen, der von Jahr zu Jahr bunter wird und deshalb ist die Bude voll. 

ENDE

 

Oh Mann, was gibt das für ein Echo, wenn ich die These aufstelle, dass Sebastian Schonlau aktuell fast unausweichlich ist? Denn: Das ist er. („Schorle“ Münchhausen)