In Zeiten, in denen die Berichterstattung (nicht nur) um den KSV im Grunde nichts anderes mehr ist als gekaufte Hofberichterstattung oder (fast noch schlimmer) von Computern erstellte KI-Beiträge, heben sich solche unabhängigen, neutralen und händisch erstellten Artikel wie der folgende wohltuend ab, wenn er wohl auch das Problem haben wird, dass ihn ausgerechnet diejenigen, die ihn lesen sollten, nicht lesen werden.
Marcell Jansen zieht sich als Präsident des HSV zurück. Das ist keine Überraschung – sondern der Schlusspunkt einer schleichenden Zermürbung im Verein.
Ein Kommentar von Daniel Jovanov, Hamburg
Einst war Marcell Jansen Spieler der deutschen Fußballnationalmannschaft. Seit 2019 ist er Präsident beim Zweitligisten HSV. Nun will er aufhören. Marcell Jansen ist ein unerschütterlicher Kämpfer. Einer, der sich von Rückschlägen und Widerständen nicht umwerfen lässt, der immer irgendwoher neue Kraft schöpft. Doch dieses Mal wirft Jansen das Handtuch: Der Präsident des Hamburger Sport-Verein hat angekündigt, im Sommer nicht mehr zur Wiederwahl anzutreten. Offiziell begründet der 39-Jährige seinen Abgang mit einem neuen „Lebensabschnitt“ und der Konzentration auf die eigene berufliche Zukunft. Doch hinter den wohlformulierten Worten verbergen sich altbekannte Abgründe der HSV-Politik: interne Machtkämpfe, zerrüttete Beziehungen und eine Vereinsspitze, die sich am Ende gegen ihn gestellt hat. Jansens Rücktritt ist keine Überraschung – er ist der Schlusspunkt eines schleichenden Prozesses der Zermürbung, der beim HSV seit Jahren System hat.
Jansen galt einst als Hoffnungsträger. Ein ehemaliger Fußballnationalspieler, jung, eloquent, mit echter HSV-DNA – von 2008 bis 2015 spielte er dort in der Profimannschaft, damals noch in der Ersten Bundesliga. Er sollte eine Integrationsfigur sein, die den Verein einen könnte. Als HSV-Präsident sollte er die Kluft zwischen Tradition und Moderne überbrücken, die berühmte „Raute“ des HSV im Herzen tragen und zugleich frischen Wind in die Clubstrukturen bringen. Schon Jansens Amtsantritt 2019 war von überhöhten Erwartungen begleitet: Ein Ex-Profi als hemdsärmeliger Reformator, der den einstigen Dino der Bundesliga nach dem erstmaligen Abstieg 2018 aus der Agonie führen sollte. Heute muss man ernüchtert feststellen: Der Dino ist über sechs Jahre zweitklassig, und Jansen verlässt die Bühne einsam und isoliert. Geehrt für seinen Einsatz, aber letztlich gescheitert.
Entscheidungen beim HSV sind selten rein sportlicher Natur. Sie sind in erster Linie Machtfragen
Wer verstehen will, mit welcher Gegenwehr der ehemalige Nationalspieler zu kämpfen hatte, muss das politische Minenfeld kennen, das der HSV seit jeher darstellt. Die Vereinsstruktur gleicht einem Viel-Parteien-System: hier der gemeinnützige und mächtige Verein mit seinen Traditionalisten und über 100.000 Mitgliedern, dort die ausgegliederte Fußball-AG mit Investoren und Managern. Entscheidungen beim HSV sind selten rein sportlicher Natur. Sie sind in erster Linie Machtfragen. Jansen bekam dies früh zu spüren. Bei all den Ränkespielen war er jedoch nicht nur Opfer, sondern phasenweise auch selbst Akteur. Bereits 2020 mischte er entscheidend in einem Machtkampf mit: Damals besiegelte ausgerechnet Jansens Stimme im Aufsichtsrat die vorzeitige Abberufung des Vorstandschefs Bernd Hoffmann, nachdem Investor Kühne zuvor öffentlich Druck auf die Clubführung ausgeübt hatte. Jansen stand zu jener Zeit auf der Seite des Investors, er pflegte ein enges Verhältnis zu Kühne und hielt regelmäßigen Kontakt. Um den schwer angeschlagenen HSV in der Coronakrise finanziell zu stützen, machte sich der junge Präsident für mehr Kühne-Vertraute im Kontrollgremium stark. Die Botschaft dahinter: Man ist bereit, dem Geldgeber mehr Einfluss einzuräumen, um frisches Kapital zu erhalten.
Er geriet danach in einen Zwist mit seinen beiden Präsidiumskollegen Thomas Schulz und Moritz Schaefer. Es drehte sich um die Besetzung des Aufsichtsrats der Fußball AG und den möglichen Verkauf weiterer Anteile. Mit anderen Worten: um nichts Geringeres als die Ausrichtung des Vereins – Traditionsclub versus Investorenmodell. Im Februar 2021 trat schließlich das gesamte Präsidium vorzeitig zurück und ebnete so den Weg für Neuwahlen. Zwar ließ sich Jansen wenige Monate später erneut zum Präsidenten wählen, doch das politische Klima blieb vergiftet. Vor allem Investor Klaus-Michael Kühne, der Jansen zu Beginn seiner Amtszeit protegierte, erwies sich als übermächtiger Widersacher. Der milliardenschwere HSV-Geldgeber, offiziell zweitgrößter Anteilseigner der Fußball-AG, verlor zunehmend die Geduld mit dem jungen Präsidenten. Auch deshalb, weil Jansen den Club später doch unabhängiger von ihm machen wollte, nachdem Kühne öffentlich gesagt hatte, er wolle sich aus dem HSV zurückziehen. Jansen nahm das ernst und ging auf die Suche nach anderen Investoren, Kühne attackierte daraufhin Jansen öffentlich: „Für das personelle Hickhack ist er verantwortlich, was sich auf den Verein negativ auswirkt“, sagte er im November 2022 dem Hamburger Abendblatt. „Ich wünsche mir neue Leute, die von außen kommen. Wir brauchen einen Neubeginn.“
Der Konflikt mit dem Investor spitzte sich auch wegen einer anderen Personalie zu: dem kurzzeitigen Finanzvorstand Thomas Wüstefeld. Jansen holte den Medizinunternehmer 2022 mit ins Boot, offenbar im Glauben, dessen Finanzexpertise und frisches Geld könnten dem klammen HSV helfen. Stattdessen entpuppte sich Wüstefeld als Fass ohne Boden mit immer neuen Enthüllungen über fragwürdige Geschäfte und Zweifel an seiner Seriosität. Jansen hielt zu lange an ihm fest. Noch im Sommer 2022, als andere schon Alarm schlugen, sprach er Wüstefeld sein „absolutes Vertrauen“ aus. Die Quittung folgte prompt: Als der Druck wuchs, musste Wüstefeld im September 2022 als Finanzvorstand zurücktreten – und Jansen stand als Beschützer eines dubiosen Managers in der Kritik. Kleinere Anteilseigner des HSV hatten Jansen daher bereits Ende 2022 das Vertrauen entzogen, viele Fans und Mitglieder waren verunsichert. Ein Präsident, der Integrität und modernen Kurs versprach, aber offensichtlich an einem Filz aus persönlichen Verbindungen hing – dieses Bild beschädigte Jansens Reputation. Kühne konstatierte enttäuscht, Jansen sei unter den „Einfluss von Wüstefeld und [Aufsichtsrat] Dinsel geraten“. Ob das in der Zuspitzung so stimmt oder nicht, ist schwer zu sagen. Klar ist: Jansen hatte sich an dieser Personalie die Finger verbrannt.
Im Januar 2023 dann stellten Vereinsmitglieder des HSV einen Abwahlantrag gegen ihn. Die Mitgliederversammlung, eigentlich das höchste demokratische Organ des Traditionsvereins, wurde zur Bühne der Zerstrittenen. Zwar scheiterten Jansens Gegner – nur 26,6 Prozent stimmten für seine Abwahl – doch von den damals fast 100.000 Vereinsmitgliedern waren überhaupt nur 727 überhaupt zugegen. Der Triumph also wirkte hohl, und so blieb Jansen auch nach überstandener Vertrauenskrise ein Präsident auf brüchigem Fundament. Trotz aller Widerstände aber gelangen ihm bemerkenswerte Teilerfolge. Unter seiner Ägide wuchs der HSV abseits des Spielfelds: Erstmals knackte der Verein die sechsstellige Mitgliederzahl – seit Oktober 2023 zählt der HSV über 100.000 Mitglieder. Dieser Zuspruch der Basis ist nicht selbstverständlich in Zeiten sportlicher Zweitklassigkeit und spricht für Jansens integrative Wirkung auf viele Fans. Wirtschaftlich stabilisierte sich der HSV ebenfalls. Jansen darf für sich reklamieren, in unruhiger Pandemie- und Abstiegszeit die Konsolidierung vorangetrieben zu haben, und eine ganz entscheidende Veränderung: die Umwandlung der Profifußballabteilung von einer reinen Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, kurz AG & Co. KGaA. Damit wird der Einfluss von Geldgebern formal strikter vom Profifußballbereich getrennt.
Auch im Breitensport und bei den HSV-Frauen setzte Jansen Akzente. Anders als so manche Vorgänger verstand Jansen den HSV als vielseitigen Sportverein – vom Rollstuhlbasketball bis zur Leichtathletik bekamen alle Sparten seine Aufmerksamkeit. Jansen trieb die Förderung der HSV-Frauenfußballabteilung mit voran. Das Frauenteam stieg 2023 in die Zweite Bundesliga auf und überwinterte prompt als Herbstmeister. Auch die Amateur- und Jugendsparte erlebte Aufwind: Die Zahl der im Amateur- und Breitensport aktiven Mitglieder stieg auf 7.800. Zuletzt wollte Jansen verhindern, dass erneut ein von Kühne entsandter Vertreter im Aufsichtsrat für die Profifußballabteilung installiert wird. Doch die beiden Vizepräsidenten Michael Papenfuß und Bernd Wehmeyer stellten sich gegen ihn und stimmten für den Verbleib des Kühne-Mannes. Es war nicht die erste Schlappe im eigenen Präsidium und macht deutlich, wie isoliert der HSV-Chef am Ende war. Hinter den Kulissen, so ist zu hören, mehrten sich die Stimmen in den Gremien, die einen Neuanfang ohne Jansen wollten. So soll der Vereinsbeirat erwogen haben, Jansen zur nächsten Wahl gar nicht mehr zuzulassen. Dem kam der Präsident nun zuvor, indem er freiwillig seinen Rückzug ankündigte – ein Rücktritt, bevor ihn die Vereinsbasis dazu gezwungen hätte.
Kurzfristig hinterlässt Jansens Abgang ein Machtvakuum – und ironischerweise auch die Chance auf einen Befreiungsschlag: Der HSV kann nun einen Neuanlauf in der Führungsetage wagen. Die kommenden Monate bis zur turnusmäßigen Mitgliederversammlung am 21. Juni werden zeigen, ob der Verein die Gelegenheit konstruktiv nutzt. Denn nun stellt sich die Frage, wer Jansens Nachfolge antreten kann. Bislang deutet vieles auf eine Lösung aus den eigenen Reihen hin. Es könnte sein, dass Vizepräsident und Aufsichtsratschef Papenfuß für das Präsidentenamt kandidiert. Der 70-Jährige, ein Hanseat alter Schule, kennt die internen Fronten und steht für diplomatisches Geschick. Allerdings steht Papenfuß nicht für einen kraftvollen, visionären Aufbruch, sondern eher für Kontinuität.Im Gespräch sind daher auch weitere Namen, vor allem langjährige Vereinskenner aus der zweiten Reihe. Genannt werden etwa Kai Esselsgroth und Ralph Hartmann, zwei honorige HSV-Veteranen. Esselsgroth, 65, Jurist und seit Jahren Vorsitzender des Ehrenrats, hat Erfahrung im Umgang mit hitzigen Mitgliederversammlungen und genießt Respekt im Club. Hartmann wiederum war bereits Vizepräsident in einer Zeit, als der HSV zunehmend sportlich und finanziell auf Abwegen geraten war und 2018 schließlich abstieg. Für sportliche Kompetenz und Branchenkenntnis steht allerdings keiner der gehandelten Kandidaten.
Ein Präsident des HSV braucht heute neben Fußballfachwissen auch ein gutes Maß an Diplomatie und Managementerfahrung. Er (oder sie) muss mit den Investoren ebenso gut umgehen können wie mit den traditionellen Vereinsstrukturen, die sich nicht so leicht biegen lassen. Aber vor allem braucht der neue Präsident eine klare Vision für die Zukunft. Eine, die den HSV sowohl sportlich als auch wirtschaftlich langfristig in der Bundesliga stabilisieren kann. Nirgendwo zeigte sich der fehlende Führungsanspruch deutlicher als in den Momenten des Scheiterns. Dazu gehört, dass ein neuer Präsident auch unbequeme Wahrheiten aussprechen muss. Zwar predigten die Verantwortlichen in der Vergangenheit stets Geduld und beschworen den Zusammenhalt, doch in Wahrheit wurde zu oft schöngeredet statt analysiert, zu oft das „Weiter-so“ bemüht, statt echte Konsequenzen zu ziehen. Von Aufbäumen nach wiederholten Pleiten war wenig zu spüren.
Nirgendwo zeigte sich der fehlende Führungsanspruch deutlicher als in diesen Momenten des Scheiterns: Statt ein knallhartes Aufarbeiten der sportlichen Defizite einzuleiten, duckte sich die Spitze weg oder wiegte sich in Durchhalteparolen. So verfestigte sich in Hamburg beinahe eine bizarre Zufriedenheit mit der Zweitklassigkeit. Ein Zustand, der jedem Anspruch eines ehemaligen Europapokalsiegers Hohn spricht. Es braucht jetzt ein starkes, geeintes Präsidium, das nicht zum Spielball von Investoreninteressen wird, sondern eigenständig im Sinne des Vereins handelt. Menschen, die Fußballkompetenz mitbringen und zugleich die Fähigkeit, ein Team und einen ganzen Club zu führen. Der Aufsichtsrat sollte mit Fachleuten durchsetzt sein, die das Profigeschäft kennen, statt mit Marketing- und Finanzchefs. Der HSV braucht nun Sachverstand statt Stakeholder-Poker. Die nächste HSV-Führung – wer immer sie stellt – muss diesen Kurswechsel verkörpern. Sonst bleibt alles beim Alten: viel Tradition, Applaus für ein volles Stadion und die gute Stimmung, aber wenig sportlicher Ertrag. Und ein wieder und wieder verschobener Bundesligaaufstieg zum siebten, achten oder neunten Mal. Das kann sich in Hamburg eigentlich keiner mehr schönreden wollen.
(Quelle: https://www.zeit.de/hamburg/2025-03/marcell-jansen-hsv-praesident-rueckzug-fussball )
Liest man diesen bemerkenswerten Artikel aus der ZEIT so, wie man ihn lesen sollte, so wird deutlich, woran es beim KSV immer wieder scheitert und immer wieder scheitern wird. Diverse Gremien, Ausschüsse und „Räte“, vielfach nicht einmal gewählt, sondern schlicht ernannt, beantspruchen ein Mitspracherecht an Dingen, von denen sie weniger verstehen als von Origami. Schlüsselpositionen werden immer wieder mit Amateuren besetzt, die zwar seit 1859 im Verein „aktiv“ sind, die aber weiterhin das Engagement von Profis verhindern. Jeder Furz mit Parteibuch meint, er wüsste es besser, aber zu wichtigen Mitgliederversammlungen erscheinen nur 0,4% der wahlberechtigten Mitglieder und beschließen Schwachsinnigkeiten, auch deshalb, weil eine organisierte Minderheit immer wieder in der Lage ist, eine Fernwahl zu verhindern. Ein Verein, der sich „Vereint2025“ zeigen und 2014 „für Europa aufstellen wollte“, verharrt im Strukturen aus einem anderen Jahrtausend.
Echt???? Ich hätte gedacht, dass die Farbe der Trikots, die Höhe des Rasenes und die Luftfeuchtigkeit entscheidend sind. Meine Fresse, wo findet Münchhausen bloß all diese Opfer?
Und wenn das Ding in die Hose geht waren die entscheidenden Fakten wieder: Schiedsrichter, DFL, Nada/Wada und irgendein x beliebiger Stümper der zufällig noch schlechter war als der Rest der Mannschaft. Die Reihenfolge variiert natürlich
Es sind diese seltenen Momente …
VFL BOCHUM 💪
… und Werder und Augsburg ⚽️
Ein guter Tag für den Fußball !!
Die 6,5 Mios. im Winter waren wieder super angelegt, die französische Sofortverstärkung im ersten Training sofort den Arsch gebrochen mit monatelangem Ausfall und Prinzessin Lillifee schafft es nicht mal in den Spieltagskader.
Der Kommentar von Daniel Jovanov trifft den Nagel auf den Kopf, so lange die alten Strukturen nicht knallhart aufgerissen werden wird sich in dem Verein nichts mehr zum besseren verändern.
Der SuperHSV fegt alles aus dem Volkspark, mit Merlins Sternenzauber Fußball …
Die Bundesligisten müssen sich warm anzieh’n. Es kommt der Weltverein…
Rathausbalkon🏆
…
P.S. wenn mal einer dieser meist herumschwächelnden Gegner soliden ZweitligaFußball zeigen, ist das Ergebnis ein „Ausrutscher“ (ARD Sportschau)
Und bei der Klopo können die Experten nicht mehr feiern, da der Kommentarbereich hinter die Bezahlschranke wandert 😀