Es ist schon einige Jahre her, da machte man sich in der Geschäftsführung und der Verlagsleitung des Hamburger Kampagnenblatts große Sorgen. Ein signifkanter Einbruch der Anzeigenerlöse war ebenso zu verzeichnen wie eine massive Auflagenerosion. Sei 2014 verlor das Blättchen 30% seiner verkauften Auflage, im Jahr 2025 liegt man bei knapp über 100.000 Exemplaren. Hinzu kam, dass die überwiegend ältere und konservative Leserschaft traditionell mit EPaper- oder bezahlten Online-Angeboten fremdelt. Ein Jahr zuvor, im Jahr 2013, hatte der Hamburger Axel Springer Verlag das ehemalige Prestigè-Projekt an die Funke Medien Gruppe (Essen) verkauft, man wird gewusst haben, warum. Die Begründung, der ASV wollen sich in Zukunft weniger auf den Lokaljournalismus und mehr aufs Internet konzentrieren, ist dabei nur die halbe Wahrheit, Fakt ist, dass man in Hamburg mit dem Kampagnenblatt kein Geld mehr verdienen konnte, denn mit 99 Cent pro Monat für das Abo der elektronischen Ausgabe kann man keinen Krieg gewinnen. Um den Trend zu stoppen, gab man einen Marktanalyse in Auftrag, diese sollte aufdecken, wo eigentlich der verschwundene Markenkern des Blattes geblieben war. Im Zuge dieser Analyse wollte man auch wissen, wie viele Leser sich als Anhänger/Sympathisanten/Fans/Mitglieder des KSV und welche sich als St. Paulianer empfinden. 

Als sich herausstellte, dass der überwiegende Anteil der Leserschaft mit dem Verein von der Müllverbrennungsanlage sympathisieren, war die Entscheidung klar, zumal man mit Lars Haider ohnehin einen bekennenden KSV-Fan als Chefredakteur besetzt hatte: Man würde in Zukunft auf jegliche Form von Kritik oder kritischer Berichterstattung verzichten und den Verein zu 100% unterstützen, komme was wolle, denn nichts kommt bei geschundenen Fan-Seelen besser an als positive Nachrichten, seien sie auch noch so lächerlich, erfunden und erlogen. Man teilte dem Verein diese Entscheidung mit und stieß selbstverständlich auf Begeisterung, was gibt es Besseres als ein vereinsfremdes Medium, welches bei den meisten Lesern immer noch als unabhängig und neutral gesehen wird, das die Message des Vereins ungefiltert übermittelt. Der Umstand, dass man mit diesem Move nicht nur seine journalistische Integrität, seinen eigenen Auftrag, seine Berufsehre und seine Seele verkauft, wurde locker ignoriert, was nützt mir als Journalisten-Simulant meine Integrität, wenn ich aus Kostengründen wegrationalisiert werde. Doch das Kampagnenblatt ging sogar noch einen Schritt weiter, denn an einige wenigen ausgewählte Personen im Verein erging folgendes Angebot: Wenn du uns als erstes und exklusiv mit vertraulichen internen Informationen versorgst, halten wir dich nicht nur von jeglicher Kritik fern, wir sichern dir zu, mögliche Gegner in aller Öffentlichkeit zu diskreditieren und den Ruf nachhaltig zu schädigen. So geschehen mit den Herren Boldt, Walter, Mickel, Ehlers, Freese, Frömming und einigen anderen.

Ebenso bermerkenswert wie erschütternd ist, dass der Move funktioniert. Nicht wenige entwöhnte Hüpfer in zu engen rosa (neuerdings verbotenen) Trikots empfinden das Kampagnenblatt weiterhin als neutral, es gibt sogar welche, die immer noch von einer „ach so kritischen Hamburger Medienlandschaft“ fabulieren, die es nie gegeben hat und die nichts anderes als eine freie Erfindung darstellt. Resultat ist, dass lächerliche und frei erfundene Transfersummen ebenso geglaubt werden wie Mythen um den Vereinsretter Judas Boldt, Bartfick Tom Walter als Erfinder des modernen Fußballs und Henrik Köncke als friedliebenden Brückenbauer. Nur mit aktiver Unterstützung des Kampagnenblattes konnten Märchen wie Daffeh oder Vuskovic überhaupt überleben, das Schundblatt fungierte proaktiv als Geburtshelfer der geisteskranken Liebessekte, die absolut alles beklascht, was aus dem Volkspark in die Welt schwappt, der Vergleich mit Trumps MAGA-Sekte und Fox News ist weder zufällig noch abwegig. Glaubt mir, ich habe viele Jahre in dieser Branche gearbeitet und ich weiß, wie man das macht. Mich würde es nicht überraschen, wenn der neue (und vom Verein bezahlte) Vorsitzende des Aufsichtsrats, Henrick Köncke, Sportvorstand Cunts entsorgt, wenn der KSV am Tabellenende der Bundesliga krebst und durch den neuen CEO Judas Boldt ersetzt. Das Kampagnenblatt würde sich bereiterklären, in diesem Fall eine Sonderausgabe zu veröffentlichen, begleitet vom nächsten Jubelbuch.