“Geben sie uns drei Jahre…”

Kaum zu glauben, aber es ist inzwischen 9 1/2 Jahre her, dass Karl Gernandt als designierter Aufsichtsratsvorsitzender der neu gegründeten KSV Fußball AG diesen Satz in der Volksparkruine grinsend und voller Selbstvertrauen ins Publikum schmetterte und ich einer derjenigen war, der ihm das glaubte. Mehr noch, ich hätte der neuen AG mehr als 3 Jahre gegeben, wäre denn eine signifikante Veränderung zu dem erkennbar gewesen, was der KSV e.V. in den Jahren zuvor mit seiner Abteilung Profifußball abgeliefert hatte. “Geben sie uns drei Jahre…” (2014), fast exakt 4 Jahre später, am 12.05.2018, stieg der KSV erstmals in seiner Vereinsgeschichte aus der Bundesliga ab und dümpelt seit nunmehr 6 Jahren in der Liga der Maltafüße und Billigheimer. Nicht nur, dass ich bis dahin tatsächlich glühender Anhänger dieses Vereins gewesen war, ich hatte mich auch extrem für die Ziele der Mitglieder-Initiative HSVPLUS eingesetzt, hatte nach der geglückten Abstimmung an der HSVPLUS-Feier teilgenommen, zusammen mit Initiatoren wie Rieckhoff, Hieronymus, von Heesen, Rebbe und vielen anderen. Und vor allem hatte ich zwei Dinge.

  1. Die Hoffnung auf bessere und vor allem seriösere Zeiten
  2. Den Glauben daran, dass mir die Macher von HSVPLUS keine Märchen erzählt hätten

 

Nun, Beides wurde am Ende in einem Maße enttäuscht, dass es mir unmöglich machte, weiterhin Fan, Anhänger und Mitglied dieses Vereins sein zu können, denn nicht nur, dass man mein Vertrauen mißbraucht und meine Hoffnungen enttäuscht hatte, mir war durch die Arbeit mit diesem Blog und mein Mitwirken an der Initiative ein Einblick hinter die Kulissen dieses Vereins gewährt worden, welches die Eindrücke, die ich bereits vorher erhalten hatte (M. Erhardt etc.) bei weitem übertraf. Ich bekam quasi im Wochen-Rhythmus mit, wie dort gegeneinander und nicht miteinander gearbeitet wurde, wie so gut wie jeder, der beteiligt war, versuchte, in irgendeiner Art und Weise persönlich zu profitieren und partizipieren und ich begriff irgendwann, dass ich als bekennender Naivling wohl einer der wenigen war, dem es tatsächlich um diesen Verein ging. Das alles war vor der Abstimmung, was danach kam, war deutlich schlimmer. Initiatoren zogen sich enttäuscht zurück, der neue Aufsichtsrat, vorher mit viel Tamtam und großen Vorschußlorbeeren gestartet, war kein Deut besser als der Vorgänger-Rat der Ahnungslosen, es gab sogar Initiatoren, die versuchten, unmittelbar nach der Ausgliederung mit der neuen AG Geld zu verdienen (von Heesen). 

Dies alles ist bekannt und mehrfach beschrieben und ich erwarte nicht, dass sogenannte “Fans”, die zum Zeitpunkt dieser Vorkommnisse noch im Einteiler mit ner Rassel in der Hand um den Tannenbaum gerannt sind oder die damals noch in irgendeinem hessischen Dreckskaff Kartoffeln gezählt haben, überhaupt verstehen, wovon ich rede, aber ich kann ihnen eines garantieren: Gegen das, was aktuell im Volkspark mit Kotzbrocken wie Boldt, Walter und Huwer abläuft, ist die Zeit vor 6, 8 oder 10 Jahren ein Dönerteller. Gegen Boldt war selbst ein Düdü Beiersdorfer ein waschechter KSVer, gegen Walter ist ein Thomas Doll ein Taktikfuchs. Ging es den Leuten damals zumindest noch rudimentär um den Verein, so ist das Geschichte, denn dieser Verein ist nicht mehr existent, er wurde durch eine komplett durchseuchte, perverse Sekte ersetzt. Fußball, Erfolg, Titel, Pokale, Punkte – alles egal. Heute zählt die Sekte, die Wagenburg, Schuld sind grundsätzlich die Anderen.

Mit Sicherheit waren die Zeiten in den 90ern und auch den 2000ern nicht die sportlich erfolgreichsten, aber damals wollte man zumindest noch erfolgreich sein. Heute reichen schwülstige Texte, gefakte Geschichten, Scheinangebote und eine Allianz mit den Hofberichterstattern, um die fett dotierten Posten zu sichern. Mein Verein ist das schon viele Jahre nicht mehr, aber aus Verbundenheit, Begeisterung wurde zuerst Gleichgültigkeit und später tiefste Abneigung. War früher ein Abstieg oder eine Insolvenz meine persönlich Vorstellung von der Hölle, so wäre exakt das heute für mich ein Grund, eine wirklich große Flasche zu öffnen. Was mich immer wieder erschüttert: Wenn mir Leute vom Arsch der Heide, aus Bayern, Hessen oder Thüringen, erzählen wollen, was dort im Volkspark passiert. Diese Vögel kennen den Verein aus dem TV, fahren vielleicht einmal pro Jahr zum Shopping nach Hamburg, um den Spaß mit einem Besuch in der Volksparkruine und im Miniaturwunderland abzurunden und wollen mir dann erzählen, was Sache ist. Diese primitive Arroganz kotzt mich an. Ich will euch nicht absprechen, dass ihr euch für Fans haltet, denn im Gegensatz zu Manfred Ertel bin ich nicht der Auffassung, dass ein echter KSV-Fan in Hamburg leben muss, aber ihr wisst nichts. Ihr konsumiert einschlägige Facebook-Seiten, Blogs und Foren und Artikel aus der Hofberichterstatter-Presse, die in eurer KSV-Weltbild passen, aber ihr wisst absolut nichts über diesen Verein, also hört auf, mir etwas erzählen zu wollen. Über das Buch “Alles andere ist Propaganda” schrieb die TAZ am 27.07.2020:

Im Sommer 2013 schließt Ulrich Hetsch eine Bekanntschaft, die sein Leben als Fußballfan nachhaltig verändern wird. Hetsch, Jahrgang 1964, ist glühender Anhänger des Hamburger Sport-Vereins. Auf einer Mitgliederversammlung spricht ihn einer der damaligen Aufsichtsräte an und bittet um ein Gespräch. Er erfährt aus erster Hand, welche Abgründe sich im Inneren seines Vereins auftun und für den schleichenden Niedergang vom europäischen Spitzenteam bis hin zur Zweitklassigkeit verantwortlich sind. Dass sich hochrangige Funktionäre des Klubs mit einem vermeintlich einfachen Fan zu einem informellen Treffen verabreden, hat einen besonderen Grund: Hetsch betreibt einen eigenen Blog, der im Umfeld des HSV stetig wachsende Leserzahlen erreicht. Unter dem Pseudonym Gravesen , in Anlehnung an den beinharten dänischen Nationalspieler Thomas Gravesen, der von 1997 bis 2000 das Trikot des HSV trug, steht Hetsch als Autor seinem sportlichen Idol in nichts nach. Mit seinen Kommentaren über den Zustand seines Klubs trifft Hetsch den Nerv der Zeit wie Gravesen die Knochen seiner Gegenspieler. Der Ton ist rustikal, manchem zu rau, aber wirkungsvoll. Hetschs scharfe Kritik an Spielern, Trainern und Vorständen verschafft ihm einen Zugang zum Verein, der einen Einblick hinter die Kulissen ermöglicht und nach und nach dafür sorgt, dass aus einer heißblütigen Leidenschaft nur noch Desillusion übrig bleibt. Denn was seine zahlreichen Gesprächspartner ihm über die Jahre anvertrauen, weil sie wollen, dass es in aller Deutlichkeit und ungeschönt einem größer werdenden Publikum bereitgestellt wird, sorgt für Ernüchterung: Intrigen, Mauscheleien, Bestechlichkeit und unvorstellbare Inkompetenz haben seinen Verein durchseucht wie ein Virus. Egal, wer an der Seitenlinie die Mannschaften coacht oder in der Führungsetage Transfers zu verantworten hat besser geworden ist durch die vielen personellen Wechsel gar nichts. Hetsch hat all seine Erfahrungen von den Anfängen des Blogs, über Einladungen von Vereinsoffiziellen bis hin zu persönlichen Anfeindungen in einem Buch verarbeitet. In Alles andere ist Propaganda , so der provokante Titel, reflektiert er vor allem, wie es Funktionären mithilfe einfacher Methoden der Public Relations gelingt, die riesengroße Anhängerschaft bei Laune zu halten, immer wieder neue Hoffnungen zu schüren, obwohl von den hehren Zielen, die sich die Rothosen vor jeder Saison setzen, kaum etwas umgesetzt wird. Was einem Verantwortliche in Hintergrundgesprächen erzählen, unterscheidet sich zum Teil gravierend von dem, was sie öffentlich äußern und was die Masse dann zu lesen oder hören bekommt. Es ist manchmal sogar das genaue Gegenteil , kritisiert der Autor. Als einer der wenigen Schreiber über den HSV greift er frühzeitig kontroverse Thesen auf und beschreibt durch Anekdoten und messerscharfe Analysen Gründe für den Niedergang: Sowohl Figuren wie Investor Klaus-Michael Kühne als auch die für sein Empfinden zu enge Verzahnung zwischen Teilen der Boulevard-Medien ( Die Rolle der BILD-Zeitung ist ein Problem für den Verein ) und Amtsinhabern tragen auf ganz spezielle Art und Weise dazu bei, dass der HSV aus den Strukturen, die um ihn herum gewachsen sind, nicht ausbrechen kann. Doch Alles andere ist Propaganda ist mehr als nur eine einfältige Abrechnung eines ehemaligen Fans mit seinem Verein, der ihn über Jahre hinweg enttäuscht hat. Es zeigt Defizite des kommerziellen Profifußball-Geschäfts auf und beschreibt mit sehr persönlichen Eindrücken einen Prozess der Entfremdung. Genau das macht das Buch nicht nur für Anhänger des HSV lesenswert.

 

Ich vermute mal, dass ich früher in Hamburg vielleicht 20-30% und heute durch alte Kontakte vielleicht 10-20% von dem mitbekommen habe, was dort tatsächlich läuft und das reicht, um akuten Brechreiz zu verursachen. Ihr wisst 2% und die sind auch noch durch Verein, Propaganda und Meinungen vorgefiltert. 

ENDE

Von | 2024-01-20T07:07:01+01:00 20. Januar 2024|Allgemein|12 Kommentare

12 Comments

  1. Hafenhebbe 20. Januar 2024 um 07:24 Uhr

    Ja, ich weiß herzlich wenig über diesen Laden. Aber eins weiß ich sicher: Tim Walter ist strohdumm, und um das zu kaschieren gibt er sich als übertrieben selbstbewusst.

    • Gravesen 20. Januar 2024 um 07:26 Uhr

      Wie viele “Menschen” mit begrenztem Intellekt. Durch übertrieben große Fresse soll übertüncht werden, dass nur heiße Luft dahintersteckt.

  2. RudiKargus 20. Januar 2024 um 08:47 Uhr

    ” Gegen das, was aktuell im Volkspark mit Kotzbrocken wie Boldt, Walter und Huwer abläuft, ist die Zeit vor 6, 8 oder 10 Jahren ein Dönerteller. Gegen Boldt war selbst ein Düdü Beiersdorfer ein waschechter KSVer, gegen Walter ist ein Thomas Doll ein Taktikfuchs “.

    Grave, das ist mal wieder genial … saustarker Blog …

    ” Die Geschichte lehrt, wenn wir jetzt zur AFD schweigen, bringt die AFD irgendwann jeden von uns zum Schweigen.

    Hamburg hat heute bewiesen, dass es auch fernab des HSV die geilste und tollste Stadt der Welt ist (Kotzminus)”.

    Hoffentlich wird das Arschloch auch bald nach Absurdistan remigriert.

    Das schreibe ich immer noch als bekennender und unverbesserlicher Nichtwähler. Meine Väter und Urgroßväter würden sich für mich schämen, wenn ich für all das ganze verlogene Politiker Pack zur Wahlurne schreiten würde. Aufgrund ihrer enormen Arbeitsleistung haben sie meinen Respekt verdient.

    Einen Respekt, den du lieber Grave am HSV – zurecht – verloren hast.

    Nächste Saison ist das verflixte 7. Jahr. Ob der HSV auch danach noch 2. Liga spielen wird ? Man weiß es nicht genau, erst recht nicht, wenn der Kernbeißer aus der Schweiz das zeitliche segnen sollte…

    Aber dahin ist bestimmt Super Boldt bereits als Nachfolger von Gianni Infaninto gewählt worden.

    • Gravesen 20. Januar 2024 um 09:05 Uhr

      Ich habe wirklich noch nie jemanden erlebt, der so verzweifelt um Aufmerksamkeit wimmert wie Kotminus. Mir tut das Kasper inzwischen leid.

  3. V-Horst 20. Januar 2024 um 10:37 Uhr

    Gernandt hätte Recht haben können mit seiner Aussage, wenn man nicht den gravierendsten Fehler aller Zeiten gemacht hätte, der die Ausgliederung quasi sofort wieder nichtig gemacht hatte, nämlich Didi “Kannix-außer-nett-in-die-Kameras-lächeln”-Beiersdorfer zu verpflichten, weil alle steil gegangen sind. Der hat die ganze Kohle verbrannt. Wer weiß, welchen wirklichen Experten man damals hätte holen können, der auch sinnvolle Transfers getätigt hätte. Nein, das wäre natürlich auch kein Bernd Hoffmann gewesen, als VV hätte ich ihn gerne zum Start gesehen, aber natürlich nur mit einem kompetenten Sportchef an seiner Seite. Beiersdorfer wurde als Erlöser gefeiert, völlig schwachsinnig. Man kann es immer wieder wiederholen, sein Handeln hat die Ausgliederung verpuffen lassen, finanziell, und vor allem dann auch sportlich. Damit hat er sein Wirken während der Zeit mit Hoffmann auch verpufft, und ist meiner Meinung nach der größte Versager in der Geschichte der Vorstände des HSV/der HSV-Fußball AG, weil seine Fehler, nochmals, alles kaputt gemacht haben.

  4. atari 20. Januar 2024 um 10:41 Uhr

    Es geht wieder los. Auch alwaysUltra24 kommt langsam wieder in den Ticker-Modus. Der cronjob läuft! Ich würde es gut finden, wenn der Start in die Rückrunde erstmal erfolgreich verläuft denn umso größer ist das Tal der Tränen im Mai.

    • Hein Bloed 20. Januar 2024 um 14:03 Uhr

      Oooch, lass sie mal ruhig heute Abend verkacken…
      Das hieße drei tage Ruhe vor Alwaste welcher neu geeicht werden muss und anschließend erzählt er jeden den es nicht
      interessiert warum der Tom Walter der geilste Trainer der Welt ist.

  5. atari 20. Januar 2024 um 15:16 Uhr

    und Münchhausen überfordert seine Opas mit Politik.

    • Gravesen 20. Januar 2024 um 18:17 Uhr

      Wenn man geistige Müllmänner, die schon beim Thema Fussball nichts als Scheisse labert, jetzt über Politik sabbeln lässt, kommt genau das raus, was man im Insolvenzbolg sehen kann.

  6. Rhya 20. Januar 2024 um 17:20 Uhr

    Zuerst kam dieser Blog. Dann das Buch. Beides wahre Augenöffner. Danke dafür!

    • atari 20. Januar 2024 um 18:27 Uhr

      und es ist bemerkenswert, dass jemand mit seinem realen Namen die unangenehmen Dinge auf den Tisch bringt und beim Namen nennt während sich ein Pseudo Journalisten Blogger feige mit wachsweichen Formulierungen am VIP Tisch im Stadion die Wampe voll haut und immer ein Hintertürchen offen lässt. Man könnte auch sagen, Münchhausen steht mit dem Hintern an der Wand damit ihm niemand reintritt. Über die vielen anonym hetzenden MoinVollspack Insassen müssen wir ja kein Wort mehr verlieren.

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