Rihanna hat 80.754.816, Lady Gaga hat 60.824.016 und Real Madrid hat 44.850.685.

Die Rede ist von Personen, die diesen Musikern, Schauspielern, Politkern, Institutionen oder Sportvereinen auf Facebook folgen, die sogenannten „Likes“. Jeder Facebook-User kann „liken“ soviel und so oft er will. Man kann seine Haken an die offiziellen Seiten von Coca Cola, Captain Kirk oder 50 Cent machen. In dem Moment, in dem man „liked“, ist man als Facebook-User mit der Seite (nicht der Person) verknüpft und erhält regelmaäßig oder unregelmäßig Informationen, das Thema betreffend. In der Welt der sozialen Medien, der Facebooks, Twitters, Instagrams etc. gilt:

Wer mehr hat, ist wichtiger.

 

Die Anzahl der Follower, der „Liker“ entscheidet darüber, wie einflussreich oder bestimmend ein Künstler, Sportler, Politker oder Unternehmen in der heutigen Zeit ist und Einfluss bedeutet Geld.

So albern es sich für Menschen jenseits der 25 auch anhören mag – es gibt für Menschen des öffentlichen Lebens, die einen Großteil ihres Einkommens über Werbung und PR generieren nichts schlimmeres, als Follower zu abzugeben und somit an vermeintlichem Einfluss zu verlieren. Man ist nicht mehr „wichtig“ oder noch schlimmer – der Konkurrent ist „wichtiger“.

Was also unternimmt man, um den Grad seiner „Wichtigkeit“ zu erhalten, seinen Stand zu zementieren, wenn der organische Zufluss an Followern abnimmt oder ins Stocken gerät ? So lächerlich es auch anmuten mag, aber:

Man kauft sich Freunde

 

Kein Gag, es gibt Agenturen, die mit Followern auf Twitter handeln und die gegen relativ kleines Geld „Liker“ bei Facebook vermitteln.

Über die in Heidelberg ansässige Agentur

http://facebook-likes-kaufen.eu/prices

kann man sich 100 „Liker“ für alberne € 11 kaufen. 10.000 neue Freunde kosten € 650.

Aber damit nicht genug. Bei

http://www.günstig-likes-kaufen.de/

gibt es 500 deutsche Likes zum Sonderangebot von € 36. Für 300 Internationale muss der Freundessucher im Moment € 22,10 hinblättern. Und der Käufer kann wählen. Jede Stunde einen neuen Freund ? Jeden Tag 20 neue Kumpels oder einmal im Monat 300 auf einen Schlag ? Alles kein Problem.

„Das Angebot richtet sich vor allem an Unternehmen und Prominente, die sich möglichst schnell eine breite Basis im Social Web aufbauen wollen.“

Wie aber funktioniert der „Handel mit Freunden“ ? Ein Artikel auf meedia.de beschreibt die Recherchen eines BBC-Team in Bangladesh.

Dabei waren die Reporter zu Besuch bei einer so genannten Klickfarm. Wer hier zig Rechner und Massen an klickenden Lohnsklaven erwartet, wird enttäuscht. In einem kahlen Raum sitzen mehrere Angestellte im Schichtbetrieb vor den Rechnern. Jeder “betreut” im Durchschnitt rund 1.000 gefakte Benutzerkonten bei Facebook. Dafür bekommen sie nach Aussage von Channel 4 rund 120 Dollar – pro Jahr. Der Betreiber der Klickfarm selbst verlangt 15 Dollar für 1.000 Likes, die der Kunde innerhalb weniger Stunden zugespielt bekäme.

 

Unglaublich eigentlich. War ich bis vor Kurzem noch stolz darauf, nahezu 99% meiner Facebook-Friends pesönlich zu kennen, musste ich jetzt verstehen, dass man Freunde sogar kaufen kann. Aber gut. Wie finden wir jetzt den Übergang zum Thema Fußball ?

Jeder Bundesliga-Verein betreibt mittlerweile seine eigene, offizielle Facebook-Seite. Diese Seite wird grundsätzlich vom Verein selbst betrieben, erstellt,  gefüllt und kontrolliert. Nach anfänglicher Zurückhaltung haben es die Vereine verstanden, dass sie das Thema Social Media nicht ausblenden können. Im Gegenteil, sie sind heute gezwungen, es zu nutzen. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und die 18 Bundesligisten zu durchleuchten. Hierbei bin ich auf erstaunliche Ergebnisse gestoßen. Zuerst einmal die Übersicht.

1. Bayern München, 10.076.031 Likes. Davon 1.640.548 (18,9%) aus Deutschland

2. Borussia Dortmund, 5.519.772 Likes. Davon 1.35.688 (21,%) aus Deutschland

3. Schalke 04, 1.348.746 Likes. Davon 449.860 (37,6%) aus Deutschland

4. Werder Bremen, 548.764 Likes. Davon 323.634 (62,9%) aus Deutschland

5. HSV, 478.905 Likes. Davon 344.147 (75,35) aus Deutschland

6. VFB Stuttgart, 343.112 Likes. Davon 248.453 (75,7%) aus Deutschland

7. Borussia Mönchengladbache, 321.804 Likes. Davon 197.050 (61,1%) aus Deutschland

8. Bayer Leverkusen, 315.439 Likes. Davon 76.167 (27,55) aus Deutschland

9. Eintacht Frankfurt, 272.782 Likes. Davon 207.376 (79,2%) aus Deutschland.

10. Hannover 96, 229.716 Likes. Davon 169.522 (77,1%) aus Deutschland

11. 1. FC Nürnberg, 210.533 Likes. Davon 148.239 (73,7%) aus Deutschland

12. Hertha BSC, 169.099 Likes. Davon 125.105 (77,4%) aus Deutschland

13. VFL Wolfsburg, 134.973 Likes. Davon 47.245 (38,7%) aus Deutschland

14. SC Freiburg, 111.068 Likes. Davon 81.885 (77,1%) aus Deutschland.

15. FC Augsburg, 98.616 Likes. Davon 70.844 (75,5%) aus Deutschland

16. TSC Hoffenheim, 97.454 Likes. Davon 45.354 (50,2%) aus Deutschland

17. Mainz 05, 90.717 Likes. Davon 56.937 (66,3%) aus Deutschland

18. Eintracht Braunschweig, 89.706 Likes. Davon 64.349 (75,3%) aus Deutschland

Was fällt auf ? Zuerst einmal sieht man, dass die Rangliste nach „Likes“ nahezu identisch mit der aktuellen Bundesliga-Tabelle ist. Branchenprimus Bayern mit großem Abstand vorweg, gefolgt von Dortmund und Schalke.

Die hohe Platzierung von Werder Bremen ist wahrscheinlich der längeren Teilnahme an europäischen Wettbewerben geschuldet, die des HSV der Tatsache, dass der Verein durch seine ständige Liga-Zugehörigkeit, seines Namen und seiner Tradition interessant ist und aus einer großen Stadt kommt.

Auffällig ist natürlich auch die Struktur der „Freunde“. So genieren die normalen Bundesliga-Clubs im Schnitt ca. 70% ihrer Likes aus Deutschland, während die Vereine, die sich durch eine kontinuierliche Teilnahme an der Champions League auch im Ausland einen Namen gemacht haben, einen Großteil ihrer Follower im Ausland abgreifen.

Hierbei fallen jedoch einige, sagen wir eigentümliche Erscheinungen auf. Bayern München, natürlich mittlerweile eine Weltmarke, wird in Deutschland von ca. 1,5 Millionen Facebookern geliked, also ungefähr soviele, wie Schalke 05 insgesamt hat. Aber die Bayern haben auch 262.773 Likes aus Algerien und 485.309 aus Mexiko, obwohl weder ein algerischer noch ein ein mexikanischer Spieler im Kader steht. die 93.369 Österreicher, die sich für David Alaba interessieren, gehen hierbei fast unter.

Aber auch Borussia Dortmund hat in Mexiko (232.487) und in Algerien (144.224) überaus interessierte Fans. Warum eigentlich ?

Für Bayer Leverkusen interessieren sich zwar 12.288 Mexikaner, aber (trotz Heung Min Son) nur 2.748 Menschen aus Südkorea.

Worauf aber will ich hinaus ? Nun, ganz offensichtlich sind all diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen, aber was die Vereine aus PR-Gründen mit ihren offiziellen Facebook-Seiten machen, ist ihr Bier. Was aber passiert auf anderen „interessanten“ Seiten, die zum Teil zur Meinungsbildung beitragen ?

Am 03.092013 präsentierte Ernst-Otto Rieckhoff zum ersten Mal sein Konzept zur Initiative HSVPLUS. Kurze Zeit später ging die Facebook-Seite der Initiative ins Netz und generierte in der ersten Woche seiner Existenz mehr als 8.000 Likes. Nach einer weiteren Woche waren es 15.000 Interessierte und mittlerweile hat sich die Anzahl der Likes bei 16.660 eingependelt.

Zur selben Zeit, also Anfang September 2013 wurde die offizielle Seite des HSV Supporter-Clubs

https://www.facebook.com/supportersclub?fref=ts

von ca. 20.000 „geliked“, diese Zahl war über Monate relativ stabil.

Ich erinnere mich an den Satz eines HSV-Fans, der auf der Seite der Initiative HSVPLUS schrieb:

„Wenn es so weitergeht, dann haben wir den SC in den nächsten 2 Wochen“

Sie haben ihn mitnichten, denn seit Anfang September erfährt die Facebook-Seite des Supporter Clubs eine spektakuläre und gleichbleibende neue Beliebtheit, die Anzahl der Likes hat sich innerhalb von 2 Monaten von ca. 20.000 auf mehr als 43.000 mehr als verdoppelt. Ein organischer Zuwachs ? Zweifel sind erlaubt.

Seit 2 Monaten erhält die Seite jeden Tag zwischen 400 und 1.000 neue „Freunde“. Und sie kommen aus allen Teilen der Welt. 1.309 aus Brasilien, 875 aus Thailand und auch 515 neue mexikanische Freunde kann der SC begrüßen. Natürlich – man erfährt Zuspruch von überall, weil – halb Europa beneidet „uns“ um „unsere“ Strukuren. Besonders die Fans von der britischen Insel stehen uns in unserem Bemühen, die Scheichs fernzuhalten, zur Seite.

Komisch nur, dass lediglich 505 Facebook-Likes aus Großbritannien dabei sind, dafür aber 570 aus Ägypten. Gehört Ägypten jetzt zu Europa ?

Um es deutlich zu sagen: Es gibt keinerlei Beweis dafür, dass in den letzten 2 Monaten „Likes“ gekauft wurden und es ist möglich (wenn auch unwahrscheinlich), dass sich Fans aus aller Welt mit den Werten der SC’ler solidarisieren.

Tatsache ist: 70,2 % (28.848) der Likes auf der offziellen Facebook-Seite des HSV Supporter Clubs stammen aus Deutschland.

Auf der Seite der Initiative HSVPLUS sieht das ein wenig anders aus, von den aktuelle 16.660 Followern stammen 16.055 (96,8%) aus Deutschland.

Solche Zahlen nennt man „sauber“

Übrigens: Der Facebook-Seite der HSV-Arena folgen heute 775 „Freunde“, wovon 97,6 % aus Deutschland stammen. Ebenfalls sauber 🙂

[Stand der Facebook-Daten: 03.12.2013]