Jetzt gehen sie also doch noch. Die Einen sagen endlich, die Anderen sagen (viel) zu spät. Die Einen gehen leise (Erhardt, Klüver), die Anderen gehen laut (Ertel, Floberg). Es gibt welche, die treten gewaltig nach, es gibt welche, die versuchen andere mit in den Abgrund zu reißen. Dann gibt es welche, die haben Erklärungen parat, andere haben Verdächtigungen und Beschuldigungen im Angebot.

Die Rede ist selbstverständlich vom Aufsichtsrat des Hamburger Sport Vereins, dessen vorsintflutliche Satzung es überhaupt erst ermöglicht hat, dass eine derartige Anhäufung von Unfähigkeit, Naivität, Arroganz und Selbstgefälligkeit die strategische Arbeit innerhalb eines Fußball-Clubs so lange behindern und nicht etwa kontrollieren konnte.

Bei all den gerade aufploppenden Erklärungsversuchen vermisse ich eines, aber wahrscheinlich erwarte ich auch zuviel. Ich erwarte, dass einer der Herren in einem Anfall von Selbstreflektion zugibt, dass er schlichtweg versagt hat. Dass er sagt, er war nicht fähig und nicht in der Lage, die Arbeit eines Kontrolleurs sachgerecht auszuüben. Ich hätte erwartet, dass einer der Herren Verantwortung für das übernimmt, was er und seine Amtskollegen in den letzten Jahren angerichtet hat. Und damit meine ich nicht belanglose Floskeln wie

„Wir als Aufsichtsrat hätten wahrscheinlich besser arbeiten können“.

 

Nein, ich meine eine eigenständige und nur für sich selbst geltende Erklärung. Dies hätte der Person von meiner Seite Respekt eingebracht, denn Fehler machen wir alle. Niemand ist ohne, aber es gehört Größe dazu, sie zuzugeben und nicht in weinerlicher Art und Weise mit dem Finger auf Andere zu zeigen und zu sagen:“Ich hätte ja wunderbar arbeiten können, wenn die nicht gewesen wären“. Bullshit !

So gehen die Herren also ohne meinen Respekt, aber wahrscheinlich backen sie sich einen drauf. Worauf sich der HSV leider keinen backen kann, ist das emotionale und vor allem finanzielle Trümmerfeld, welches dieses Gremium seinen Erben mit auf den steinigen Weg geben wird. Personelle Fehlentscheidungen pflastern ihren Weg, aber was passiert anstatt einer Entschuldigung oder Ähnlichem ?

„Ich habe keine Fußball-Kompetenz“ verkündet der zurückgetretende Ex-Aufsichtsrat Ali Eghbal via Abendblatt. Jetzt könnte man an dieser Stelle meinen, Einsicht wäre der erste Weg zur Besserung, wäre da nicht der Umstand, dass sich Eghbal in bester Gesellschaft zehn weiterer Ahnungsbefreiter befunden hätte. Allerdings muss man Eghbal zugestehen, dass er es zumindest einsieht, während im Gegensatz dazu ein Manfred Ertel der Meinung ist, man könne ein absoluter Fachmann sein, auch wenn man nicht in frühester Jugend die Außenlinie auf und ab gelaufen wäre. Diese Arroganz ist es (neben dem ausgeprägten Hang zur Intrige), die eine Kontrolltätigkeit dieses Gremiums ad absurdum geführt hat. Der Rat hat nicht kontrolliert, der Rat hat regiert und genau das hätte er nicht tun dürfen.

Was aber hinterläßt uns der „Rat der Ratlosen“ nach drei Jahren seiner Tätigkeit ? Er hinterläßt einen Trümmerhaufen. Beginnen wir chronologisch.

Im Sommer 2011 kam nach jahrelanger, erfolgsloser Suche Frank Arnesen als neuer Sportchef nach Hamburg. Er brachte einige Mitarbeiter aus England mit (Lee Congerton etc) mit, finanzielles Gesamtvolumen ca. € 3 Mio/Jahr.

Frank Arnesen entließ Michael Oenning im September 2011, eine Abfindung wurde fällig.

Geholt wurde Thorsten Fink aus Basel. Geschätze € 1,5 Mio/Jahr Gehalt wurden neben einer Ablösesumme von ca. € 500.000 fällig. Mit Fink kam Co Trainer Patrick Rahmen, Gesamtpaket ca. € 2,5 Mio/Jahr.

Sowohl Arnesen wie auch Fink erreichten in den Jahren 2011 (Nicht-Abstieg) und 2012 (Platz7) die vorher ausgegebenen Saisonziele !!!

Im Mai 2013 wurde Frank Arnesen in Folge einer AR-Internen Intrige entlassen, man holte, inkl. Zahlung einer Ablösesumme Oliver Kreuzer vom Drittligisten KSC.

Im September 2013 setze Kreuzer seinen Freund Fink vor die Tür und holte umgehend den ehemaligen Bonds-Coach van Marwijk nach Hamburg. Als jetzt van Marwijk nach knapp 140 Tagen gefeuert wurde, wurde bekannt, dass allein für den Coach (ohne Co-Trainer etc.) eine Abfindung in Höhe von knapp € 3 Mio fällig wird.

Der nächste Kandidat ist nun Mirko Slomka, der selbstverständlich seinen eigenen Co-Trainer mitbringt.

Spieler-Transfers wie Zoua, Djourou (geliehen), Sobiech, Scharner, John (geliehen), Bouy (geliehen), Lasogga (geliehen, ohne Kaufoption) etc. stehen auf der Erfolgsliste. Aber ebenso stehen Verkäufe wie Son, Aogo, Rudnevs (verliehen mit Kaufoption), Bruma (zurück zu Chelsea, jetzt PSV), Skjelbred (verliehen ohne Kaufoption), Sala und Berg auf dem Plan.

Die Käufe bzw. Vertragsverlängerungen mit Calhanoglu und Tah waren noch Arnesen’s Werk.

Es ist nicht nur so, dass die Transfers besonders unter der Regie von Oliver Kreuzer die Leistungsfähigkeit der Mannschaft entscheidend geschwächt hat, der HSV wurde systematisch abgewrackt. Es ist auch Fakt, dass die Mannschaft regelmäßig an Wert verloren hat.

Nimmt man dann die Verpflichtungsstrategie des Grauens hinzu, addiert Ablösezahlungen für Trainer und Manager, Abfindungen oder Fortzahlungen der Gehälter, so kommt man in den letzten 3 Jahren garantiert auf eine Summe zwischen € 10 und 20 Mio, die dem HSV heute fehlt.

Auf der anderen Seite kann sich ein abstiegsbedrohter HSV in der Winterpause keine Verstärkungen leisten und muss mit zwei 20-Jährigen Holländern ohne Spielpraxis Vorlieb nehmen.

Mit dieser Strategie, werte Herren, führt man den Abstieg eines Traditionsclubs herbei !!!

Denn – und das darf nie vergessen werden: All diese Personal-Entscheidungen musste der Aufsichtsrat abnicken. Jede Trainer-Entlassung, jede Spielerverplichtung, jede Zahlung einer Abfindung geht durch den Rat. Diese Herren haben sich versündigt und wollen jetzt still und heimlich durch die kalte Küche (oder die Tiefgarage) verschwinden.

Ich hatte gestern kurz die Gelegenheit mit einem ausländischen Spieler zu sprechen. Reichlich depremiert meinte der Spieler, dass er gehört hätte, dass es diese Probleme innerhalb des Vereins schon lange geben solle. Man sieht, die Spieler kriegen das sehr wohl mit, was „da oben passiert“.

Was aber lernen wir Mitglieder daraus bzw. was sollten wir daraus lernen ?

1. Natürlich ist es nett, wenn man Anwälte, Steuerberater, Schauspieler etc. in einem Gremium sitzen hat. Es bringt einen Fußball-Club jedoch nicht entscheidend nach vorn, im Gegenteil.

2. Wenn man auch nur einen richtig faulen Apfel in der Kiste hat, fangen auch die restlichen Äpfel früher oder später an zu faulen.

Ich musste erfahren, dass auf der besagten Elysée-Sitzung ja sogar direkt Zwischenstände an Medien per SMS kommuniziert worden sind. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats ist man da fassungslos.

 

Dies erklärt Aufsichtsrats-Chef Meier im heutigen Abendblatt-Interview ausgerechnet demjenigen, der einer der Empfänger dieser SMS war.

Das macht mich fassungslos, Herr Meier !!!

 

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