Was ist eigentlich das Problem dieses Vereins? Warum bekommen wir es trotz aller Anstrengungen, trotz dutzendfachen Personalwechsels, trotz des sensationellen Umfeldes, der fantastischen Fans und der großartigen Tradition einfach nicht gebacken? Woran liegt es, dass dieser Verein, der seinem eigenen Selbstverständnis nach irgendwo zwischen Barcelona und ManCity angesiedelt sein müßte, mittlerweile zwischen Freiburg und Braunschweig angekommen ist?

„Der HSV lebt in einer schwarzen Wolke und kommt einfach nicht mehr raus“.

Dies sagte mir vor nicht allzu langer Zeit ein Vereins-Verantwortlicher und diese Worte deuten auch an dieser Stelle auf eine zutiefst empfundene Verzweiflung hin. Man macht, man tut, man versucht in bester Absicht, aber es will einfach nicht gelingen. Man kommt sich vor wie im Treibsand, in dem einen jede Bewegung nur noch tiefer in den Abgrund zieht.

Ich denke, zum Einen ist es die fehlende Demut, die uns lähmt. Viele HSVer meinen immer noch, der Verein müßte – quasi per Dekret – über nahezu allen anderen Bundesliga-Clubs stehen. Man sei schließlich der Hamburger Sport Verein aus der schönsten Stadt der Welt, das allein sollte doch reichen, um jedes Jahr mindestens unter die besten 7 kommen zu können.

Weit gefehlt, ihr Träumer. Statistisch gesehen ist der HSV über alle Saisons hinweg betrachtet Tabellen-8., wahrlich kein Ruhmesblatt.

Wenn es uns (und der zukünftigen Führung) nicht gelingt, uns zu erden und uns einer Demut zu bedienen, die uns sagt:

„Wir sind der HSV, aber wir müssen verdammt viel dafür tun, um dorthin zu kommen, wo wir hinwollen. Es wird lange dauern und wird zahlreiche Rückschläge geben, aber es gibt nur diesen einen Weg“,

werden wir scheitern. Immer und immer wieder.

Zum Anderen ist es dieses zutiefst empfundene Mißtrauen, welches uns lähmt. In diesem Verein mißtraut jeder jedem und wenn wir es nicht schaffen, zumindest große Teile dieses gegenseitigen Mißtrauens abzubauen, können wir ausgliedern bis wir schielen.

Wir mißtrauen den Herren Hunke, Ferslev, Ertel, Reichert, Bieberstein, Bednarek und Co., weil wir der Überzeugung sind, dass ihre Beweggründe zutiefst egoistischer Natur sein müssen. Anders kann es nicht möglich sein, dass man eine unumgängliche Strukturreform verhindern möchte.

Kann es aber vielleicht sein, dass diese Menschen von dem, was sie sagen, tatsächlich überzeugt sind?

Andere mißtrauen einem Ernst-Otto Rieckhoff. Er war schließlich Teil eines Aufsichtsrates, der es zwei Jahre nicht schaffte, einen Sportchef zu installieren.Warum will sich dieser Mann jetzt plötzlich zum Retter des Vereins aufschwingen ? Da stecken doch persönliche Motive dahinter.

Kann es nicht sein, dass es Menschen gibt, die aus ihren Fehlern lernen und bereit sind, ohne persönliche Interessen diese Fehler zu korrigieren?

Man mißtraut den Jungs der Chosen Few oder von Poptown. Man meint, diese „aktiven“ Fans würden nur noch sich selbst feiern und die tatsächlichen Interessen des Verein wären ihnen mehr als egal. Das sind Pyromanen und potenzielle Gewalttäter, auf die wir gern verzichten können.

Kann es nicht sein, dass wir auch diese Jungs vollkommen falsch verstehen? Das wir nicht begeifen, dass für sie, die zu größten Teilen nach 1987 geboren sind, dieser Verein soetwas wie eine Heimat, eine Familie oder sogar eine Religion geworden ist, die sie bis zum Letzten verteidigen?

Einige mißtrauen der Initiative HSVPLUS. „Das sind doch alles Profiteure, die aus dem Elend des Vereins Gewinn schlagen wollen. Wo waren sie denn all die Jahre?“

Kann es nicht sein, dass es tatsächlich Menschen gibt, die sich für eine Sache einzusetzen bereit sind?  Die wirklich helfen wollen, ohne dabei reich werden zu wollen?

Es gibt sogar welche, die mißtrauen einem Klaus-Michael Kühne. Der alte Mann will den Verein übernehmen. Vielleicht will er ihn sogar kaufen und dann allein bestimmen?

Kann es vielleicht sein, dass Kühne ein Fan ist wie Liebnau oder Markhardt ? Mit dem Unterschied, dass er sechsfacher Milliardär ist. Kann es vielleicht sein, dass Kühne einfach nur helfen will, sonst nichts ? Warum sind wir so mißtrauisch geworden, dass wird an solche Menschen nicht mehr glauben wollen ?

Viele Fans mißtrauen dem neuen Trainer bereits vor seinem ersten Arbeitstag. „Das ist doch wieder nur einer, der maximal ein Jahr bleibt und dann mit Abfindung geht“

Wenn wir es nicht schaffen, in unser Personal (Spieler und Trainer) zu vertrauen, werden wir auch in den nächsten 5 Jahren mindestens 6 Trainer in Hamburg erleben.

Die Amateure mißtrauen den Ausgliederern, weil sie Angst um ihre Sparten haben, die Finanzierung gefährdet sehen, den Worten der Ausgliederer nicht glauben wollen.

Warum sollte irgendjemand den Amateursport des HSV gefährden oder gar abschaffen wollen? Welchen Sinn sollte das ergeben? Der HSV lebt von seiner Vielfalt, sie ist Bestandteil und USP des Vereins. Kein Mensch hat an sowas Interesse, lasst euch nichts erzählen. Aber – ein wenig Vertrauen muss ein jeder mitbringen.

So lange sich beim Hamburger Sport Verein von 4 Leuten 5 gegenseitig mißtrauen, wird der Verein aus dem schwarzen Loch nicht herauskommen. Es wird Zeit, dem Anderen auch mal wieder ein Stück weit entgegenzukommen und ihm zu glauben.

JFK hat mal gesagt:

„Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst“

Wir alle können morgen eine Menge für unseren Verein tun. Wir können den Grundstein für eine bessere Zukunft legen. Oder wir können dabeisein, wie dieser Verein beerdigt wird.

Vor allem sollten wir aber dringend mit einem beginnen: Uns gegenseitig wieder ein wenig mehr zu vertrauen.

Bis morgen.