Sonntag, der 13. Juli 2014. Heute Abend erleben wir das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft, im Finale stehen Argentinien und Deutschland.

Richtig gelesen, Deutschland. Exakt das Deutschland mit all diesen Jung-Millionären, Söldnern und Nivea-Trainern. Und auch wenn jetzt jeder selbsternannte Experte behauptet, er hätte es ja immer gewußt, hätte ich nicht übel Lust, all die Prognosen von vor der WM herauszusuchen und die betreffenden Hellseher mit ihren Sprüchen zu konfrontieren.

Löw hat seine Lieblinge, Löw stellt nur nach Sympathie auf, Löw ist beratungsresistent, Löw hat von Taktik keine Ahnung.

Die deutsche Nationalelf steht nach 2002, 2006 und 2010 zum vierten Mal!!! hintereinander im Halbfinale einer Weltmeistermannschaft, aber im Land selbst tut nahezu jeder so, als sei dies das Mindestmaß der Selbstverständlichkeit.

Auf der anderen Seite aber erkennen „wir“ in unserem Team mehr Schwächen als Stärken. Wir haben keine guten Außenverteidiger, keinen Weltklasse-Spielmacher, nur einen halbwegs passablen, aber uralten Stürmer. Wir haben eine wackelige Abwehr mit einem blinden Mertesacker, eine langsame Zentrale und einen geduldeten Türken mit Basedow-Syndrom, der 90 Minuten spazierengeht. Wir haben einen gefönten Trainer, der seltsame Laute von sich gibt und der von Hemdenmode bestimmt mehr Ahnung hat als von einer Viererkette.

Aber die Anderen, die haben Messi. Die haben Robben, Rodriguez, Neymar, Suarez, Pirlo, Xavi, Iniesta, Snejder, David Luiz und und und. Wir haben – naja gut, wir haben Müller und Neuer. Und sonst?

Der Hang der Deutschen, die überragenden Fußballer des Planeten grundsätzlich in anderen Mannschaften erkennen zu wollen, ist beispiellos krankhaft. Denn Tatsache ist: Wir haben Lahm – Weltklasse. Wir haben Schweinsteiger – Weltklasse. Wir haben Khedira – Weltklasse. Wir haben Kroos – Weltklasse. Wir haben eine Mannschaft voller Weltklassespieler und auf der Bank sitzen Schürrle, Poldolski, Mertesacker,  Götze, Großkreutz, Draxler. Das hat keine andere Mannschaft auf der Welt und jedes andere Land beneidet uns darum.

Nur wir beneiden uns nicht, weil unserer Meinung nach ja die Weltklasse in anderen Ländern spielt, was für ein Bullshit. Ein Podolski, ein Schürrle und ein Götze hätten in jeder anderen Mannschaft dieser WM höchstwahrscheinlich jedes Spiel gemacht, wir könne es uns leisten, diese Spieler in der Hinterhand zu haben.

Reus, Gündogan, S. Bender, L. Bender, Gomez, Schmelzer, Jansen. Alles Spieler, die aufgrund von Verletzungen oder Trainingsrückstand nicht mal zum Kader gehörten. Marco Reus war der überragende Spieler der letzten Bundesliga-Saison und als er sich verletzte, hatten viele sogenannte Fans die WM bereits abgehakt.

Man muss sich das mal vorstellen. Unser Neymar war gar nicht dabei und es hat keiner bemerkt. Wieviel Niveau muss in einer solchen Mannschaft stecken.

Joachim Löw ist beratungsresistenzt und dickköpfig. Andernfalls ist es gar nicht möglich, dass er das nicht erkennen kann, was 50 Mio Bundestrainer mit verbundenen Augen sehen.

Lahm gehört nach rechts hinten, sonst wird das nie was.

Der tatsächliche Grund, warum Bundestrainer Löw einen Philipp Lahm auf die Doppelsechs stellte, hat niemanden wirklich interessiert. Die Tatsache, dass sowohl Schweinsteiger wie auch Khedira zu Turnierbeginn nicht bei 100% sein konnten und mit den Ausfällen von Gündogan und den Benders die Alternative auf diesem Niveau schlichtweg fehlten, wurde nur allzu gern ignoriert. Lahm musste auf die Sechs, es gab gar keine Alternative.

Überhaupt Schweinsteiger und Khedira, aber auch Klose. Was hat sich der Bundes-Jogi eigentlich dabei gedacht, diese unfitten Spieler mit nach Brasilien zu nehmen?

Unabhängig davon, wie das Finale heute abend ausgeht, diese Mannschaft und eben auch dieser Trainer haben mich begeistert und mir eine großartige Weltmeisterschaft geschenkt. Dies aber nicht nur aufgrund ihrer Spielweise, sondern vielmehr deshalb, weil sie dort aufgetreten sind, wie eine Nationalmannschaft auftreten sollte. Ich habe bei D. Jovanov etwas gefunden, was ich gern kopieren würde, weil es für mich den Kern der Sache trifft und ich möchte mich dem gern anschließen.

Unabhängig vom Ausgang des Finales am Sonntag, hat das DFB-Team Deutschland exzellent bei der Weltmeisterschaft in Brasilien repräsentiert. Anders als viele Medien und Fußballfans, die sich teilweise eher über das Scheitern ihrer Rivalen (Holland, Italien, Spanien) erfreuten, überzeugte die Nationalmannschaft auch nach klaren Siegen mit Demut und Besonnenheit.

Zielstrebig hat man mit intensiver Arbeit über mehrere Jahre und Turniere auf das Ziel hingearbeitet. Der WM-Sieg wäre die Krönung einer goldenen Ära, die der für seine innovativen Methoden belächelte Jürgen Klinsmann gemeinsam mit Jogi Löw und einem großen Team eingeleitet hat.

Es freut mich, dass alle Kritiker und Hobbynationaltrainer, die zum Beispiel nach einem 2:1 gegen Algerien bereits vieles infrage gestellt haben, nun Lügen gestraft werden. Dem DFB-Team gönne ich den Sieg im Finale und hoffe, dass sich viele an ihm in Zukunft ein Beispiel nehmen. Sie haben in schwierigen Momenten Größe bewiesen und gehen unabhängig vom Ausgang des Spiels als wahre Champions aus dem Turnier, auf die das gesamte Land stolz sein darf.