Viel war in den vergangenen Wochen von „Tabula rasa“ gesprochen worden. Viel von „durchwischen“ oder „die Treppe von oben nach unten fegen“. Bekannt wurden akute Hauterkrankungen, die sich während der Ansicht der HSV-Bilanzen eingestellt haben sollten. Dazu kam noch eine halbwegs alberne Befangenheitsklage eines Menschen, der wohl nach eigener Einschätzung zu wenig Öffentlichkeit genießt.

Ansonsten hat sich seit dem 25.05.2014 relativ wenig getan, sieht man einmal von einigen unsäglichen Interviews von Menschen ab, die einfach keine Interviews geben sollten.

Zu denen gehört auch der, seit gestern, Ex-Sportchef des HSV, Oliver Kreuzer. Kreuzer, verlängerter Arm von Mediendirektor Jörn Wolf, ist am Ende des Tages über viele Dinge gestolpert, eines davon war mit Sicherheit seine Schwatzhaftigkeit. Unter den Journalisten in Hamburg kursiert der Treppenwitz, dass man Kreuzer nur lange genug fragen müsse, um am Ende die Antwort zu bekommen, die man für die nächste Geschichte bräuchte.

Ob es nun Berechnung oder Naivität war, ich weiß es nicht. Fest steht jedenfalls, dass sich Kreuzer, der bis auf die Vertragsverlängerungen mit Tah, Diekmeier und Calhanoglu nicht wirklich viel auf die Reihe bekommen hat, was zu seinem eigentlichen Aufgabenbereich gehört, mit seiner übertriebenen Redseligkeit einen verlängerten Welpenschutz erkaufte, den sein Vorgänger Frank Arnesen aufgrund seiner Schweigsamkeit eben nicht bekam. Ein falsches Spiel der Medien und garantiert nicht im Sinne des Vereins, aber so läuft das Geschäft.

Aber natürlich war dies nicht der einzige Grund für Kreuzer’s Demission. Kaum Geld, kein interner Zusammenhalt, Intrigen an jeder Ecke, chronische Selbstüberschätzung, einfach zu wenig Klasse für diesen Job bei einem extrem schwierigen Verein wie dem HSV usw usw. Diese Liste ließe sich beliebig ausweiten, wenn man denn noch Lust darauf hätte.

Auch die Umstände, dass Kreuzer Hamburgs Next Top Manager nach einem peinlichen Sportchef-Casting wurde, bei dem er sich vor laufenden Kameras gegen den knurrigen Jörg Schmadtke durchsetzen konnte und dass er das Vorstandsfoto ausgerechnet aus der Hand des Mannes erhielt (Ertel), der zu diesem Zeitpunkt als Hamburgs unbeliebtester Bürger genannt wurde, trugen nicht eben dazu bei, einen vernünftigen Start zu ermöglichen.

Rajkovic, Mancienne, Scharner, Tesche, Kacar, Fink, van Marwijk, Rudnevs, Skjelbred, Zoua, John, Bouy, Absteigskampf, Relegation, Interviews, Eigenfehler, Aufsichtsrat. Wer Spaß daran hat, darf ergänzen. Diese Ansammlung hält keine Karriere aus und insofern ist das Vorgehen des Vorstandsvorsitzenden Beiersdorfer nicht nur überfällig, sondern alternativlos.

Der HSV hat Oliver Kreuzer am gestrigen Montag mit sofortiger Wirkung freigestellt. Kreuzer hatte sein Amt als Sportdirektor am 04. Juni 2013 angetreten.

„Wir haben gewisse Vorstellungen einer Neuausrichtung des sportlichen Bereiches. Diese Entscheidung ist ein Teil davon. Ich habe Oliver Kreuzer heute in einem persönlichen Gespräch davon unterrichtet. Ungeachtet dessen möchten wir ihm sehr für seinen großen Einsatz während seiner Zeit beim HSV danken. Auch dafür, wie er mich in den vergangenen Wochen beim Übergang in die Fußball AG und bei der Kaderplanung unterstützt und begleitet hat”, sagt Vorstandsvorsitzender Dietmar Beiersdorfer. (HSV.de)

Wer jetzt allerdings meint, dass Oliver Kreuzer lediglich ein Bauernopfer ist, versteht nicht viel von Landwirtschaft oder hat weder Satzung noch Übergangsregelung verstanden. Die Personalie Jarchow ist hinlänglich erklärt worden, es gibt überhaupt keine rechtliche Möglichkeit, ihn vor Ablauf seines Vertrages im Mai 2015 loszuwerden. Das Gleiche gilt für Joachim Hilke, der wie Jarchow im Präsidium des e.V. sitzt. Lediglich Kreuzer war weder Vorstand, noch saß er im Präsidium und deshalb war eine Freistellung möglich.

Was bringt nun die Zukunft? Die Namen Peter Knäbel und Bernhard Peters wurden in der Vergangenheit genannt und sie werden weiterhin genannt, wobei Peters wohl eher in Richtung Nachwuchs und weniger auf den Posten des Sportchefs tendieren wird.

Fakt ist aber auch: Der nächste Schuss muss sitzen. Der HSV kann sich besonders in der aktuellen Situation keinen zweiten „Fall Kreuzer“ leisten, Beiersdorfer weiß das. Es geht hier viel um fachliche Fähigkeiten, Vernetzung, aber auch Loyalität und Verschwiegenheit. Man darf gespannt sein, welche Lösung „Didi“ präsentieren wird.