Eines hatten die drei Heimsiege gegen Leverkusen, Bremen und Mainz gemein: Schöner Fußball ist was anderes. Aber darum geht es zur Zeit gar nicht bzw. kann es nicht gehen. Es geht darum, Punkte gegen den Abstieg zu holen und das gelingt dem HSV besonders bzw. ausschließlich in den Heimspielen.

Mit der Atmosphäre hat das meiner Meinung nach überhaupt nichts zu tun, denn mit Ausnahme des Leverkusen-Spiels, bei dem sich die „Fans“ bemüssigt fühlten, Hakan den Verräter, abstrafen zu müssen, ist die Stimmung in der Arena eher durchschnittlich. Selbst gegen Bremen, wo im Vorfeld der Partie zum lautesten Stadion aller Zeiten aufgerufen wurde, war wenig los und die „Oh, wie ist das schön-Gesänge“ gestern muten teilweise wie Hohn an. Den eines sollte mal sicher sein: Schön ist das wirklich nicht.

Dafür aber, zumindest in den Heimspielen in Hamburg, erfolgreich und nur darum kann es in Hamburg z.Zt. gehen. Vor der Kür, sollte sie denn je wieder kommen, steht die Pflicht und die heißt: Punkte gegen den Abstieg.

Dies hat Trainer Zinnbauer tatsächlich hinbekommen und dafür gebührt ihm Anerkennung. Zinnbauer hat in seiner Analyse offenbar festgestellt, dass es dem HSV in diesen Zeiten schlicht und einfach nicht möglich ist, eine Art eigenes Spiel durch zu bringen. Dafür reichen die spielerischen Mittel und offenkundig auch die Nerven nicht aus und deshalb lautet das Heimspiel-Motto: Blanke Zerstörung.

Betrachtet man die Heimspiele unter Zinnbauer, so fällt auf, dass es im Grunde keinem Gegner gelungen ist, auch nur annähernd an seine Normalform zu gelangen, selbst die übermächtigen Bayern spielten in Hamburg weit unter ihren Möglichkeiten. Auffällig auch: Jeder Trainer des Gegners und auch die gerade bezwungenen Spieler reden im Anschluss an die gerade abgepfiffene Partie davon, dass man „nicht ins Spiel gekommen sei“, dass „die letzten Prozent Einsatz gefehlt hätten“ oder dass „man so einfach nicht spielen können“.

Das muss einen Grund haben und dieser Grund könnte Taktik lauten. Der Gegner wird in Hamburg nicht bespielt oder ausmanövriert, er wird zerstört. Ihm wird die Lust am Spiel, an Kombinationsfußball genommen und dazu bedarf es (Ausnahme Leverkusen) nicht einmal besonders unfairer Mittel. Der Mannschaft zieht dem Gegner durch gutes Positionsspiel, durch Laufarbeit und teilweise extrem aggressives Pressing den Zahn und dies gipfelt dann im Erfolgsfall darin, dass gestern eine normalerweise sehr laufstarke Mannschaft wie Mainz 05 auf eher durchschnittliche 110 km Laufleistung kam (HSV: 115 km).

Natürlich erhoffen sich die Fans, besonders in der heimischen Imtech-Arena, irgendwann auch mal wieder guten Fußball, gelungene Kombinationen, herausgespielte Tore etc. Im Moment ist man jedoch mit dem puren Ergebnis zufrieden und das ist auch richtig so. Was nützt einem Zauberfußball, wenn am Ende die Punkte fehlen?

So lautet die Zwischenbilanz nach 14 Spielen: 15 Punkte, 9:18 Tore, Platz 13.

Die Alternative wäre gewesen, dass es Zinnbauer mit einer Art Hurra-Fußball versucht hätte, man erinnere sich an frühere Bremer-Zeiten, in denen die Werderaner vorn grundsätzlich 3 Buden machen musste, um zu gewinnen, weil sie in jedem Spiel mindestens 2 Gegentore fingen. Oder, anderes Beispiel: TSG 1899 Hoffenheim in der Saison 2013/14. Man beendete die Saison mit einer Tordifferenz von 72:70 (Vergleich FC Augsburg: 47:47) und wurde nur aufgrund der überragenden Offensive überhaupt Tabellen-9.

Eben diese überragenden Offensiv-Qualitäten besitzt der HSV z.Zt. nicht und deshalb muss man aus dem, was man hat, das Beste machen. Die Mannschaft ist aufgrund der guten Saisonvorbereitung unter Mirko Slomka körperlich topfit und kann über einen längeren Zeitraum rein läuferisch ein hohes Tempo mitgehen. Das vorn dann des öfteren der liebe Gott helfen muss, ist scheinbar einkalkuliert, so lange hinten die Null gehalten werden kann. Dies gelingt in dieser Saison immer öfter, was ebenfalls an der guten Laufarbeit im Defensiv-Bereich zu tun hat.

Fazit: Der HSV in der Saison 2014/15 ist nun mal so, wie er ist. Wer schönen Fußball sehen will, sollte einen Bogen um den Volkspark machen, wer Einsatz und Willen sehen möchte, ist hier richtig. Das dies für eine Mannschaft, die den Verein pro Jahr mehr als € 50 Mio kostet, im Grunde viel zu wenig ist, ist auch den Meisten bewusst, aber damit muss man als Hamburger im Moment einfach leben. Wenn man jetzt noch in der Lage ist, auch auswärts den einen oder anderen Sieg einzufahren, kann es auch diese Saison wieder klappen.

Weitere Artikel zum Spiel:

http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_bundesliga/artikel_993631.html

http://www.spox.com/de/sport/fussball/bundesliga/saison2014-2015/spieltag-14/spielberichte/hamburg-mainz/hsv-gewinnt-gegen-fsv-05-2-1-cleber-reis-rafael-van-der-vaart-heimserie-lorius-karius-joe-zinnbauer-nikolce-noveski-elfmeter-shinji-okazaki.html

http://www.goal.com/de/news/827/bundesliga/2014/12/07/6855252/mainz-trainer-kasper-hjulmand-von-der-leistung-entt%C3%A4uscht?ICID=HP_BN_7

http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/spieltag/1-bundesliga/2014-15/14/2407350/spielbericht_hamburger-sv-12_1-fsv-mainz-05-30.html