Was ist das höchste Gut eines Journalisten? Möglicherweise ließe sich darüber streiten, wenn man wollte. Es wird wohl welche geben, die der Auffassung sind, ein Journalist ist dann gut, wenn er die haarsträubendsten Meldungen als Erster hat. Andere werden meinen, die „Schreibe“ eines Journalisten ist wichtig und wieder andere werden sagen, dass seine Quellen es sind, die einen guten von einem schlechten Journalisten unterscheiden. Ich bin der Meinung, dass das höchste Gut eines jeden Menschen, der sich öffentlich zu Wort meldet, seine Glaubwürdigkeit ist.

Was habe ich von irgendwelchen Scheißhausparolen, wenn sich 3/4 der „Exklusiv-Meldungen“ im Nachhinein als heiße Luft erweisen? Was bringt es mir, wenn jemand schön schreiben kann, aber seine Inhalte sind an den Haaren herbeigezogen? Ich finde, man sollte einem Journalisten das glauben können, was er publiziert und wenn man das nicht mehr kann, wird alles, was ein Schreiber im Anschluss produziert, als zweifelhaft wahrgenommen.

„Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“

Das Problem mit der Glaubwürdigkeit ist ein Problem, welches sich durch internen Druck und durch den damit verbundenen Hang zur Exklusivität manifestiert. Aufgrund sinkender Auflagenzahlen der Print-Titel und sogar sinkender Klickraten bei Online-Medien ist der Druck, etwas „zuerst“ haben zu müssen, extrem gestiegen – zwischen den Medien herrscht offener Krieg. Diesen Krieg wird am Ende des Tages niemand gewinnen, aber auf den Weg nach unten werden so viele Konkurrenten wie möglich mit in die Tiefe gerissen.

Wenn man beobachtet, wie sich die Kollegen von BILD, Mopo, Abendblatt etc. via Twitter an die Kehle gehen, weil der Eine angeblich beim Anderen abgeschrieben hat, kann man sich vorstellen, wie groß der Druck und die damit verbundene Angst um die Arbeitsplätze tatsächlich, besonders auch bei freien Mitarbeitern, sein muss.

Im Zuge dieser Exklusivitäts-Hatz sind dann offensichtlich einige bereit, ihre Glaubwürdigkeit zugunsten des „Ich-habe-es-als-Erster-gehabt“ zu opfern und sie ignorieren dabei, dass dies der Anfang vom Ende ist, denn sobald sich die Exklusiv-Meldung als Ente erwiesen hat, ist der Schreiber vollständig beschädigt. Zumindest gilt dies für Konsumenten, die noch irgendeinen entfernten Anspruch an den Berufszweig Journalist knüpfen.

Ich selbst habe für mich entschieden, dass ich grundsätzlich auf Exklusivität verzichte, wenn ich die Geschichte nicht mindestens von einer zweiten Quelle bestätigen lassen kann. An dieser Stelle kommen wir dann zum Thema: „Nenn‘ doch mal Ross und Reiter“, ein Fass, welches gern von denjenigen aufgemacht wird, die nicht im entferntesten wissen, wie das Ganze tatsächlich läuft.

Es passiert oft (selbst mir), dass man von jemandem kontaktiert wird, der irgendwas weiß oder zu wissen meint. Dabei gilt der Satz „Das ist eine wichtige Persönlichkeit, der muss das wissen“ überhaupt nicht, denn auch sogenannten „wichtige Personen“ nutzen die Medien oft, um eigene Interessen zu vertreten, Meldungen in die Welt zu setzen, von denen sie wollen, dass sie bekannt werden. Sie selbst wollen dann natürlich auf keinen Fall als Quelle genannt werden.

Bekomme ich eine solche Information und der Informant möchte nicht genannt werden (was in ungefähr 98% der Fälle so ist), dann versuche ich, diese Information zu verifizieren. Schaffe ich das nicht, schreibe ich es nicht. Bei direkten Gesprächen mit Informanten versuche ich immer, einen „Zeugen“ mitzunehmen, der mir notfalls die Information bestätigen kann. Dies machen viele Journalisten aber anders, sie springen gezwungenermaßen auf den ersten Zug auf, denn es könnte ja sein, dass ansonsten der Konkurrent von Zeitung Y die Meldung zuerst hat.

Hier beginnt dann der Teufelskreis, an dem auch und besonders der Konsument/Leser einen gewichtigen Anteil hat. In den immer schnelleren Zeiten der Informations-Übermittlung giert der User nach der neuen Meldung und er ist eher dabei, die Informationsquelle zu glorifizieren, die die Meldung zuerst hatte, als diejenigen, die ausreichend recherchiert hat. Stellt sich die „Exklusiv-Nachricht“ dann als falsch heraus, wird der „schnelle Schreiber“ binnen Sekundenfrist verteufelt, dabei kam er eigentlich nur dem Bedürfnis nach Schnelligkeit nach.

Thema Interviews: Wie oft habe ich im Anschluss an schriftlich veröffentlichte Interviews gelesen „Warum hast du Herrn X nicht mal das oder das gefragt oder damit konfrontiert?“  Natürlich ist die Frage aus Laien-Sicht berechtigt, aber der Leser sollte wissen, dass man als Interviewer zwar versuchen kann, alles zu fragen, aber ob man dann auf seine Fragen eine Antwort erhält, steht auf einem anderen Blatt.

Ich habe euch ja bekanntermaßen ein Interview versprochen, welches ich mit einem Kenner der Szene geführt habe, der erwiesenermaßen eine Menge zum HSV zu sagen hätte. Als ich auf das Thema HSV kam, lautete die Antwort: „Keine Fragen zum HSV“. So, was sollte ich jetzt machen? Selbstverständlich muss ich den Wunsch des Gesprächspartners akzeptieren, die Leser aber könnten denken, ich wäre zu blöd, um den Mann zum HSV zu befragen.

Zum Abschluss noch ein Gedanken zum unsäglichen Thema „de Vrij“, welches sich jetzt seit dem 13.07.2014 hinzieht. Der „Journalist“ hat eine Meldung veröffentlicht, die im Anschluss von einem anonymen Blogger als Verarschung enttarnt wurde. Das sind Dinge, die können passieren, besonders können sie vor dem bereits beschriebenen Szenario des Drucks, der Exklusivität etc. passieren. Es sollte nicht passieren, aber es kann. Was dann allerdings im Anschluss geschah, ist meiner Auffassung nach eine Selbst-Bestattung erster Klasse gewesen, denn der „Journalist“ redet sich auch heute noch um Kopf und Kragen. Anstatt einen Schlussstrich zu ziehen (der von seinen verblödeten Leser wahrscheinlich akzeptiert werden würde), werden die absolut berechtigten Nachfragen mit Beschimpfungen abgetan, Fragesteller werden gesperrt, weil sie „nerven“ und der Mann reitet sich jeden Tag tiefer in die Scheiße.

Inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen und jetzt könnte er den Papst als Zeugen auftreiben, seine Glaubwürdigkeit ist den Bach runter. Schön blöd und schön arrogant.

Zum dem Thema noch einen Nachsatz, weil es so schön passt.

***Update: Der HSV ist laut “Sky” nicht wie von verschiedenen Medien (auch hier) kolportiert an einer Verpflichtugn von Hatem Ben Arfa interessiert. Der Spieler sei dem HSV zwar offiziell angeboten worden, soll aber bei den Verantwortlichen durchgefallen sein.*** (Quelle: Matz Ab)

Wieder einmal wurde einfach ungefiltert eine Meldung publiziert, Hauptsache, man hat sie.