Liebe Leser,

Leistung ist das Eine, Selbstvermarktung das Andere. Zum Thema Selbstdarstellung und Selbstvermarktung hat Daniel Jovanov gestern etwas überaus lesenswertes bei Facebook gepostet und da ich denke, dass nicht jeder von euch täglich 24 Stunden bei Facebook abhängt, möchte ich euch diesen bemerkenswerten Text nicht vorenthalten. Zum einen, weil es richtig ist und zum anderen, weil es wichtig ist.

Das Bild eines Spielers hängt nämlich nicht (nur) mit seinen gezeigten Leistungen zusammen, sondern teilweise sogar mehr davon, welches Bild er von sich selbst in der Fan-Gemeinde „erarbeitet“ hat. Daniel hat am aktuellen Beispiel von Maxi Beister einmal aufgezeigt, welchem Trugbild die Anhänger teilweise erliegen, mir fällt spontan noch der Name „Mladen Petric“ dazu ein. Auch er war ein Meister der Selbstvermarktung, das krasse Gegenteil ist Heiko Westermann. Hier nun der Text:

 

Man kann es sich als Fußballprofi heutzutage ziemlich einfach machen. Ein wenig Social Media, ein paar Interviews, in denen man immer wieder bekräftigt, wie toll man die Fans, die Stadt und den Verein findet, und hin und wieder mal in der Kurve stehen. Das reicht schon. Wenn man dann auch noch ein vermeintlich „echter HSVer“ ist, also wirrklich ein echter, der auch in seiner Jugend schon HSV-Fan war und als kleiner Knirps die Raute am rechten Fleck trug, ist man bei den Fans unsterblich.

Mit dem Bild, das man in der Öffentlichkeit von sich kreiert, kommt man weit. So weit, dass die Nachricht, der HSV wolle sich von Maxi Beister trennen, einen regelrechten Shitstorm entfacht. Wie kann der Vorstand denn nur so blöd sein? Arbeiten da nur noch Vollidioten? Einen echten HSVer wie Maxi gehen zu lassen, der in der Kabine inbrünstig „Hamburg, meine Perle“ singt, ist doch die Identifikationsfigur schlechthin. Maxi ist doch einer von uns. Einer, der in der Kurve steht und mitfiebert.

Alle anderen Kriterien spielen da eine untergeordnete Rolle. Ob der Spieler ein guter Kicker ist, sich weterentwickelt und ein Teamplayer ist, scheint einem Großteil der Fans egal zu sein. Sie würden ihn gern behalten, denn „Maxi würde sich zumindest den Arsch aufreißen“, die anderen nicht. Ob es neben dem Bild, das sie von ihm ausschließlich über die Medien vermittelt bekommen, noch eine andere „Wahrheit“ gibt, hinterfragt da offenbar niemand. Dass jemand auch ein wenig schauspielern kann und die Sprache der Fans beherrscht, kommt vielen nicht in den Sinn.

Das soll hier keinesfalls ein Zerriss von Maxi Beister werden, denn fast alle Profifußballer tun was für ihre Selsbtvermarktung. Einige mehr, andere weniger. Nun wird der Vorstand seine Entscheidung allerdings nicht aus dem Bauch heraus getroffen haben, sich von Beister zu trennen. Neben den sportlichen Kriterien scheinen auch andere Dinge nicht mehr zu passen. Dass sie sich trauen, ausgerechnet den Fanlieblung zu „rasieren“, zeugt von Mut. Endlich, möchte man fast sagen, lässt man sich bei seiner Entscheidung nicht primär davon leiten lassen, wie es „draußen“ ankommt.

Es gibt viele Beispiele von Spielern, die aus rational nicht erklärbaren Gründen einen unglaublich hohen Stellenwert bei den Fans genießen und deshalb nahezu unantastbar waren. David Jarolim war so ein Typ. Einige hatten bei seiner Verabschiedung Tränen in den Augen. Dabei hat dieser Spieler die Entwicklung der Mannschaft jahrelang blockiert, weil er einen Fußball aus einer anderen Zeit spielte. Auch bei Ivica Olic trifft das zu. Oder bei Rafael van der Vaart. Es gibt tatsächlich Leute, die fordern, dass die 23 nicht mehr vergeben wird. Ich frage mich da, ob sie die letzten drei Jahre eigentlich verpasst haben?

Was ich damit sagen will: Wenn man nicht weiß, was hinter den Kulissen alles passiert, sollte man mit seinem Urteil etwas vorsichtiger sein. Auch wenn sich Maxi Beister natürlich als Identifikationsfigur eignet, darf dies nicht das Kriterium sein, das irgendwelche Entscheidungen beeinflusst. Es gibt zudem einen Unterschied zwischen der Medienwirklichkeit und der Realität. Das, was medial vermittelt wird, muss nicht der Realität entsprechen.