„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten“ [Hans-Joachim Friedrichs]
Nun, ob eine Sache nun gut ist oder nicht, entscheiden grundsätzlich andere, aber die Tatsache, dass man sich als Journalist nicht kaufen lässt, steht fest. Selbstverständlich kann und darf man als Schreiber auch Fan eines Vereins sein, ich bin mir sogar sicher, dass es die Meisten sind, aber in dem Moment, in dem man seinen Beruf ausübt, muss man das vergessen.
Ich weiß, dass es vielen immer noch schwer fällt, es zu verstehen, aber nur, weil der Name eines Vereins irgendwo oben drüber steht, ist der Inhalt noch lange nicht zum Dauer-Jubeln verpflichtet, ganz im Gegenteil. Ich behaupte, dass diejenigen, die sich kritisch mit ihrem Verein beschäftigen und eben nicht jeden angekommenen Kurzpass bekreischen, diejenigen sind, die einen Verein am Ende des Tages mehr leben, weil sie sich inhaltlich mehr mit ihm beschäftigen.
Die neuerliche Charme-Offensive des HSV in den Sozialen Medien wird kaum jemandem verborgen geblieben sein und ich finde es absolut richtig, dass der Verein offenbar endlich verstanden hat, dass man ein Produkt eben auch und besonders über diese Kanäle verkaufen muss. Stichwort bleibt aber „verkaufen“, denn mit Journalismus hat das, was auf HSV.de, HSV-Facebook oder HSV-Twitter passiert, weniger als nichts zu tun. Ebenso wenig hat allerdings das, was seit einiger Zeit in der maroden Hamburger Morgenpost erscheint, mit Journalismus zu tun und offenkundig schließt sich hier ein Kreis. So fragt sich alle Welt seit Wochen, wie es eigentlich sein kann, dass ausgerechnet das überflüssigste aller Boulevardblätter die neusten Interna vom Profifußball-Direktor zuerst bekommt. Was treibt den Knäbelpeter dazu, ausgerechnet die Mopo bevorzugt zu beliefern? Nun, jetzt dürfte es klar sein, man hat einen Deal.
Ihr kriegt von uns Informationen, dafür leckt ihr uns den Ar….
Offenbar hat man eine Analyse erstellt und sich dabei besonders die Reichweiten und damit verbundenen „Liker“ von sogenannten HSV-Fanpages angeschaut, die teilweise mehr als 20.000 „Friends“ vereinen und dabei nichts anderes tun, als jede noch so klitzekleine Jubelnachricht unter die Leute zu bringen. Kritik ist unerwünscht, Kritik nervt, schließlich geht es hier doch um „unseren HSV“, wie sogar die Mopo zu berichten weiß.
„Positiv zieht“ und dabei kann man seinen journalistischen Auftrag auch gern mal aus den Augen verlieren, machen die Anderen schließlich auch, wenn auch nicht ganz so auffällig und gekauft wirkend. Man sichert sich einen festen Platz im Herzen der „Alles-Jubler“
Als kleines Beispiel einige Headlines der letzen Tage.
Schon in Topform: Gojko Kacar – das Blitz-Comeback (30.07.2015)
Marcelo Diaz: So wurde ich zum HSV-Retter! (29.07.2015)
4:1! Torparty gegen Aalborg (28.07.2015)
Souveräner Testspielsieg! (28.07.2015)
Mario Mosa: Er ist die gute Seele des HSV (26.07.2015)
Schipplock: Die verrückte Reise des neuen HSV-Stars. (25.07.2015)
Kompliment zu diesen Transfer. Peter Knäbel wird zum Knüller! (25.07.2015)
Wie vollkommen verblödet und volltrunken muss man eigentlich sein, um sich solch eine Scheiße auszudenken? In welchem Loch lebt so jemand, der sowas tatsächlich glaubt und dabei nicht verstehen kann, dass ausgerechnet Vollidioten wie er es sind, die dazu beitragen, dass dieser Verein vielfach so gesehen wird, wie er gesehen wird…
Ich fürchte je schlechter die Lage eines Verlages ist, umso weniger kann er sich richtigen Journalismus „leisten“. Mir scheint es als wolle die MoPo den Spagat zwischen Boulevard und ernsthaftem Journalismus hinbekommen. Am Ende wird es aber kein Spagat, sondern nur eine komisch bis lebensbedrohlich wirkende Verrenkung.
„Mir scheint es als wolle die MoPo den Spagat zwischen Boulevard und ernsthaftem Journalismus hinbekommen.“
Wo und wann genau findet dieser „ernsthafte Journalismus“ in Bezug auf den HSV denn statt?
Da ich weder hsv news auf Bild lese (da immer nur extrem schwarz oder weiß und nie tiefgründig) noch lese ich als nicht Hamburger die Mopo oder wie sie alle heißen. Ich versuche die Infos entweder durch podcast oder diesen Blog zu bekommen. Auch wenn Grave immer sehr kritisch ist oder vielleicht nur zu ehrlich 😉 bringt mir das sehr viel mehr als irgendwelche Jubel Artikel die nie ins Detail gehen. So wie sich der hsv die letzten Jahre präsentiert hat und das nicht nur auf dem Platz, muss einiges falsch laufen. Aber darüber schreibt natürlich kaum jemand. Aber ich bin schon so daran gewöhnt das man fast nur noch oberflächliche gut verkaufbare Infos egal zu welchem Thema bekommt das ich die einfach versuche zu ignorieren. Und egal um was es geht „Geld regiert die Welt“.
Warum denn das Prinzip von NEHMEN und NEHMEN?? Ist zwar im Sprichwort stets als die schlechte Eigenschaft deklariert, allerdings würde hier doch das eigentlich positive GEBEN besser passen 😀
GIB GELD – GIBT GUTE SCHLAGZEILE 😉
Ich will gar nicht wissen was passiert, wenn die tatsächlich auch einen richtig guten Grund für eine gute Schlagzeile hätten. Man stelle sich vor, wie das auch immer möglich sein möge, wir gewinnen nach Schipplock-Doppelpack 2:1 in München…. dann kommen da Schlagzeilen wie:
– HSV GREIFT NACH DER SCHALE!
– WER IST PEP? WIR HABEN BRUNO!
– QUO VADIS HAMBURGOOOOAAALLL????
– KNÄBELS KNABEN ZWINGEN BAYERN IN DIE KNIE!
– BRUNOS BALLERMÄNNER
– DIDI HATS IMMER GEWUSST – JETZT GREIFT DER NEUE HSV AN!
– SCHIPPE DRAUF? LOCKER!