Endlich könnte einmal die Frage stellen: Was haben der HSV und Bayern München gemeinsam? Kommt ja selten genug vor, oder? Aber im Ernst, das gestrige Spiel gegen Mainz 05 erinnert mich irgendwie an die Begegnung des HSV gegen Borussia Dortmund. Die eine Mannschaft macht das Spiel, während das andere Team gnadenlos effektiv kontert und das Maximale aus seinen Möglichkeiten macht. Dass das Ergebnis auch noch das Gleiche war, geschenkt.

Dabei kann man dem HSV guten Gewissens attestieren, dass das, was er dort zur Zeit  betreibt, tatsächlich etwas mit dem zu tun hat, was man Fußball nennt. Der Spielaufbau ist längst mehr so willkürlich und zufällig wie in der letzten Saison, es ist deutlich mehr Struktur zu erkennen. Außerdem sind die Spieler topfit (Laufleistung 125 km) und sie sind bereit, auch die defensive Drecksarbeit zu verrichten.

Dennoch, von einem unverdienten Sieg der Mainzer zu sprechen oder vielleicht davon zu schwafeln, dass der HSV ein gutes Spiel gezeigt hat und es ausschließlich Pech oder der Schiedrichterleistung zu verdanken sei, dass man die Punkte nicht im Volksparstadion behalten konnte, ist absolut lächerlich. Zu einer guten Leistung gehört eben nicht nur, einmal unbedrängt über das Tor zu ballern, sondern sich auch im eigenen Stadion nicht auskontern zu lassen. Die Abwehrleistung war größtenteils naiv und hat mit einem Anwärter für Europa nicht im Ansatz etwas zu tun.

Dabei lag es eigentlich nicht an der 4er-Kette, die Fehler fingen davor an. Schwachstelle in der Rückwärtsbewegung waren diesmal die beiden 6er (Holtby und Jung), aber das kann passieren. Es zeigt aber auch, dass man Gideon Jung nach zwei halbwegs vernünftigen Spielen eben noch nicht nach Leverkusen und Holtby zu Jogi Löw schreiben kann. Das aber ist mal wieder typisch Hamburg, zwei Siege (und dabei noch ein Derbysieg) und alle drehen wieder komplett am Rad. Meine Meinung: Während die Mannschaft gegen Dortmund und Bremen über ihre Verhältnisse gespielt hat, hat sie gegen Mainz im Rahmen ihrer Verhältnisse gespielt. Um Ergebnisse wie gegen den BVB zu erzielen, muss nun mal alles passen und gestern passte einiges eben nicht.

Einige Dinge, die mich ärgern.

Die Überheblichkeit.

Nachdem ich in der vergangenen Woche nun auch noch lesen durfte, dass sogar der zurückhaltende Bruno Labbadia meinte, Europa stünde nicht auf dem Index, war mir klar, was passieren würde.

Nicolai Müller: „Neun Punkte aus den letzten drei Spielen“

Ivo Ilicevic: „Außer Bayern war keiner stärker als wir“

Dazu noch die Spinner von BILD, Abendblatt und Mopo, die sich allesamt schon wieder im Flieger nach Marseille, Rom oder Istanbul sahen, was für ein Schwachsinn. Die Geschichte dieses Vereins zeigt uns doch, dass es immer dann in die Hose geht, wenn sowas passiert. Und: Die Hofberichterstatter erweisen dem HSV damit einen Bärendienst und haben ihren Anteil daran, dass die Erwartungshaltung, die die Mannschaft einfach (noch) nicht erfüllen kann, ins Unermessliche steigt. Ergebnis: Bereits nach 75 Minuten verließen große Teile des Eventpublikums die Arena – Erwartungen nicht erfüllt.

Die Auswechslungen.

Sorry, Bruno. Aber wenn ein Ibiza Olic in der Woche vor dem Spiel via Presse mitteilt, dass er den Verein zu 90% verlassen wird, dann ist er für mich als Trainer kein Kandidat mehr für den Kader. So, wie Olic sich äußert, so spielt er auch bzw. er spielt nicht. Das, was das von Didi für viel Geld (welches man nicht hat) heimgeholte Mentalitätsmonster aus Kroatien abliefert, ist ein Skandal und zwar nicht erst sei gestern. Dagegen werden Spieler wie Zoltan Stieber und Artjoms Rudnevs fast schon gemobbt. Das Gleiche, was für Olic gilt, gilt im Grund für den zweiten Millionenmann, Marcello Diaz. Der Chilene will weg und er wird gehen. Der Umstand, dass man nicht in der Lage ist, einen Copa-Gewinner in eine durchschnittliche Bundesliga-Mannschaft einzubauen, gibt zu denken.

Die Startaufstellung.

Ich weiß, wie der HSV zu Sven Schipplock gekommen ist. Das es sportliche Gründe nicht waren, konnte man gestern erneut bewundern, der Mann ist kaum zweitligatauglich. Problem ist nur: Der HSV kann sich einen solchen Fremdkörper einfach nicht leisten, will er ein Spiel offen gestalten. Im Spiel der Hamburger muss jedes Rädchen ins andere greifen, ansonsten funktioniert es nicht. Gestern hatte der HSV mit Schipplock, Holtby, Jung, Ostrzolek und Drobny gleich mehrere Spieler, die nicht an Normalform herankamen.

Der Publikum.

Man fragt sich ja immer wieder, warum bei den gezeigten Leistungen der letzten Jahre das Stadion immer noch voll ist. Nun, die Antwort konnte man gestern ablesen. Große Teil des HSV-Publikums sind eben keine Fans, es ist pures Eventpublikum. Man kommt, um einem Ereignis beizuwohnen, aber nicht, weil man zwingend Anhänger des Vereins ist. Ist dann die Vorstellung nicht so, wie man es erwartet hat, wendet man sich nach 75 Minuten vom Event ab und geht Weihnachtsgeschenke kaufen. Die Mannschaft aber, die bis zu letzten Minute gekämpft hat (Hut ab), wird nicht unterstützt, das ist arm.

Fazit: Ein Spiel, wie es immer wieder passieren wird. Passt alles zusammen (Leistung, Spielverlauf, Schiedsrichter), kann der HSV gegen fast jeden Gegner gewinnen. Passt nicht alles zusammen, kann man aber auch gegen jeden Gegner verlieren. Von einer Qualifikation für Europa ist der Verein jedenfalls Lichtjahre entfernt und das ist auch gut so. Für den Rest der Saison sollte man einfach mal die Klappe halten und arbeiten. Immerhin hat man schon 21 Punkte gegen den Abstieg gesammelt und das ist mehr als positiv.