Was für ein Wirbel um einen afrikanischen Jungen? „Vom Tellerwäscher zum Millionär“. „Von Null  auf Hundert“ und und und. Kein Superlativ ist zu groß und kein Honorar zu hoch. Unmittelbar vor einer Mitgliederversammlung am nächsten Wochenende, bei der niemand weiß, was er dort eigentlich soll und ob der Aufsichtsrat diesmal wieder durch Abwesenheit glänzen wird, scheint es kein anderes Thema mehr zu geben und das ist auffällig. Auffällig ist auch, wie wenig der HSV bemüht ist, die Luft aus der „Jatta-Story“ zu lassen.

Natürlich kann sich jeder, der weiter als von hier bis zur Wand denken kann, ausmalen, warum die Vertragsverlängerung mit Trainer Labbadia unmittelbar vor der Zusammenkunft publik gemacht wurde, aber das ist ja auch nicht strafbar. Dass man allerdings einen angeblich 17-Jährigen, der noch nie organisiert Fußball gespielt haben soll, ungehindert von den Medien zum Weltstar aufblasen lässt, ist gelinde gesagt amateurhaft und dumm, denn am Ende kann es nur Verlierer bei dieser Geschichte geben.

  1. Bakery selbst. Ist der Junge tatsächlich 17, wird sich die Nummer noch bis zum 06.06.2016 hinziehen, denn erst dann wird der Gambier 18. Ist er keine 17 mehr, gelten er und seine Berater als Hochstabler. Hinzu kommt, dass die Erwartungshaltung an den Spieler mittlerweile derart hoch ist, dass er dieser überhaupt nicht entsprechen kann. Der HSV hätte dann seinen Teil dazu beigetragen, einen jungen Mann zu verheizen.
  2. Der HSV. Der Verein hat sich selbst unter Druck gesetzt, indem er den Spieler mit dem Etikett des Superstars bedacht hat.  “Bakery hat eine große Spiel-Intelligenz, gute Anlagen”, sagte HSV-Trainer Bruno Labbadia der Bild-Zeitung. Unabhängig davon, dass ich nicht weiß, wie man all das nicht zwei Trainingseinheiten erkennen kann, hätte man den Ball durchaus ein wenig flacher halten können, aber beim HSV besteht ein akuter Mangel an positiven Nachrichten und so nutzt man nahezu jede Chance.

Mittlerweile sind sogar die möglichen Gehälter bekannt geworden und hier taucht das nächste Problem auf.

Im Gespräch ist eine Zusammenarbeit ab Sommer. Die Konditionen für den Kontrakt sind nach Informationen der Bild-Zeitung bereits ausgehandelt. Jatta würde demnach ein Gehalt von 120.000 Euro bekommen, inklusive Prämien könne die Summe auf rund jährlich 300.000 Euro steigen.

Der HSV möchte also einem vollkommen unbekannten Afrikaner ohne jegliche fußballerischer Ausbildung von Anfang an mindestens € 120.000 und bestenfalls € 300.000 im Jahr zahlen. Ich stelle mir jetzt einmal vor, ich bin Vater oder Berater eines 17-jährigen deutschen U-Nationalspielers, der den gesamten Förderungsweg seit der U11 durchlaufen und eventuell einige U15 oder U16-Länderspiele absolviert hat. Ich könnte mir angesichts der Jatta-Zahlen schon vorstellen, welche Summen ich aufrufen würde, zumal mein Schützling eine (Fußball)-Ausbildung genossen hat.

Ob der traditionell klamme HSV dann überhaupt noch in den zweite Gesprächsrunde kommt, darf bezweifelt werden.

Anyway, der HSV hat sich sowohl medial wie auch taktisch wieder einmal ausgesprochen dämlich verhalten, denn mittlerweile sind die Exzellenzen in einer Position, aus der sie nicht mehr raus können, sie müssen den Spieler verpflichten. Aber – hey – was sind für Verbrennungs-Didi denn schon € 120.000? Die verknallt er an einem müden Vormittag für eine Beratungs-Agentur. Kein Thema.

P.S. So ein wenig kann man erahnen, was dort gerade passiert, wenn man die Aussagen von Werder-Sportchef Thomas Eichin liest.

Eichin: Ich bin ja auch das ganze Theater um Bakery Jatta leid. Das sind Dinge, die uns gar nicht gefallen. Was da gerade alles nach außen transportiert wird, um irgendwelche Dinge nach oben zu treiben…
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Das heißt?
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Eichin: Eins vorab: Da ist nichts versäumt worden von unserer Seite. Der Junge hat bei uns vorgespielt, er hat auch einen vernünftigen Eindruck gemacht und ist sicherlich ein guter Fußballer. Aber er hat keinerlei Ausbildung genossen, das muss man auch sehen. Wir haben für einen solchen Fall unsere Richtlinien und unsere Preise. Es ist momentan ein typisches Thema: Da versucht dann irgendjemand, einen Spieler in eine Richtung zu drücken, damit ja der Preis steigt. Das machen wir nicht mit.

Natürlich wird der hanseatische Strahlungsfan mit der Rauten und so an dieser Stelle beiß-reflexartig „argumentieren“, dass dieser „Eishockey-Manager“ doch wohl nur neidisch sei, weil der den Gambia-Messi nicht bekommt und in die Röhre guckt, aber vielleicht kann Eichin auch einfach nur besser mit dem nicht vorhandenen Geld umgehen. Oder er weiß (im Gegensatz zu Herrn B.), dass es nicht das Eigene ist…

Dazu passend, heute im Hamburger Abendblatt:

Nach Informationen des Abendblatts hat der HSV sehr wohl begründete Zweifel daran, dass Jatta tatsächlich nur 17 Jahre alt ist. Ein mögliches Alter von 20 bis 21 Jahren soll wahrscheinlicher sein. Ein Beweis ist hierfür allerdings auch nach der ausführlichen medizinischen Untersuchung des Talents im UKE vom vergangenen Freitag nicht möglich.

Auch HSV-Justiziar Julius Becker sei laut Knäbel involviert, würde den Kontakt zur DFL und Fifa halten. Ein Vertragsentwurf wurde Jatta in jedem Fall schon mal zugeschickt…..

Wie hieß nochmal der unglückselige Schweizer Nationalspieler, den der herrliche HSV unter der Führung der selben Exzellenzen durchs letztjährige Wintertrainingslager trieb, um am Ende festzustellen, dass er den hohen Ansprüchen eines Fast-Absteigers nicht genügen würde? Ach ja, Innocent „Mosquito“ Emeghara.

Duplizität der Ereignisse…

P.P.S. Wie gesagt, gestern verlängerte der HSV den zum Saisonende auslaufenden Vertrag mit „Mädchen für alles“ Bruno Labbadia, ein richtiger Schritt. Bruno spielt dabei die „Vereins-Mutter der Nation“, der auf Perspektiven scheißt, die Raute hat und auf alles verzichtet, sogar auf Geld. Naja, kann er ja auch. Immerhin hat er ja noch die Millionen-Abfindung, die ihm der Verein bei seiner letzten Entlassung überwiesen hatte. Also bitte keine Krokodilstränchen.

Heilige Mutter Gottes…Spahic