Wie immer heißt es am Ende der laufenden Saison: Wer geht, wer bleibt, wer kommt? Das ist so neu wie der Sonnenaufgang und dennoch immer wieder spannend. In Hamburg ist jedoch das einzig Spannende am nächsten Transfer-Fenster, wie sehr sich die Exzellenzen diesmal blamieren werden. Diesmal kann es sogar noch lustiger als sonst werden, denn diesmal ist eigentlich überhaupt kein Geld mehr vorhanden und man muss sich die berechtigte Frage stellen, wie jemand, der es schon mit Geld nicht konnte, jetzt plötzlich ohne Geld können soll.

Fangen wir doch einmal bei der aktuellen Torwart-Diskussion an, wobei die in meinen Augen noch das geringste Problem darstellt. Aktuell beschäftigt der HSV zwei Torhüter (Adler/31 und Drobny/36), die zusammen knapp € 4 Mio. pro kosten. Für einen chronischen Insolvenz-Patienten wie den Hamburger SV ist das auf Dauer nicht akzeptabel. Also reagiert man (endlich) und versucht durch die (mögliche) Verpflichtung des Darmstädters Mathenia eine dringend notwendige Blutauffrischung. Jaja, ich weiß. Drobo ist ein Bombentyp, ist wichtig für die Mannschaft und hat die Raute aber sowas von. Aber Drobny wird im Oktober 37 Jahre alt, hat halbtote Knie und in dieser Saison gerade einmal 9 Spiele für den anfälligen Adler absolviert und dafür ist er schlicht und einfach für einen Verein wie den HSV zu teuer.

Die Frage, die man sich nur stellen muss, lautet: Wenn ich bereits zwei Torhüter im Verein habe, die für einen Neuanfang stehen könnten, warum muss ich dann zum jetzigen Zeitpunkt einen „normalen“ Torhüter für Geld kaufen, welches ich an anderer Stelle sinnvoller einsetzen könnte? Beim HSV sind die Herren Andreas Hirzel (23) und Johannes Kreidl (20) beschäftigt. Hirzel ist ehemaliger Schweizer U18-Nationaltorhüter und hat bereits nachgewiesen, dass er durchaus das Zeug zum Bundesligaspieler hätte. Kreidl ist aktueller Österreichischer U20-Nationaltorwart, zur Zeit nach Finnland  verliehen, wo er für seinen Verein regelmäßig zum Einsatz kommt. Beide Torhüter sind nicht etwa sogenannte „Altlasten“, sondern sie wurden von der aktuellen Führung verpflichtet. Kreidl 2014 und Hirzel 2015.

Man holt also ausländische U-Nationaltorhüter, weil man doch scheinbar von deren Qualitäten überzeugt war, bekommt jetzt eine Vakanz im Bundesliga-Team, aber anstatt zumindest einen der beiden Jungs zu „befördern“, kauft man erneut von außen ein. Dies lässt nur einen Schluss zu, nämlich den, dass man beiden Nachwuchskräften die Klasse abspricht, beim HSV die Nr. 2 werden zu können und das wiederum bedeutet, dass man offenbar erneut falsch eingekauft hat.

Nächste Baustelle, die für mein Verständnis das ganze Dilemma noch deutlicher macht. Gehen wir kurz in der Geschichte zurück, am 25.05.2015 kam es im Volksparkstadion zur folgenschweren Abstimmung über HSVPLUS und zur anschließenden Ausgliederung der Profi-Abteilung. Der Umstand, dass Dietmar Beiersdorfer neuer Vorstandsvorsitzender der HSV Fußball AG werden sollte, war bereits seit Anfang des Jahres 2014 bekannt, Ernst-Otto Rieckhoff sprach damals im Interview mit HSV-Arena von einem „Experten mit Stallgeruch“. Ok. Wenn ich als designierte Chef weiß, dass der Fall mit großer Wahrscheinlichkeit eintreten wird, dann fange ich an, mich mit meiner neuen Aufgabe zu beschäftigen. Ich analysiere den IST-Zustand, ich versuche mir so gut es geht eine Bild über die finanzielle Situation zu machen und ich schaue mir das Konstrukt der Mannschaft an. Wie lange beispielsweise Verträge laufen, kann man ohne große Probleme bei Transfermarkt.de einsehen.

Dies alles hätte Beiersdorfer bereits Monate vor seiner Ernennung machen können. Er hätte sehen können, woran es in der Mannschaft hakt, er hätte Gespräche mit Berater führen können, er hätte den Markt für den Moment sondieren können, an dem er seinen Sessel besetzt. Dies alles hat er offensichtlich nicht gemacht und die Ausreden, dass Didi ja erst verspätet hätte beginnen können, können nur von Personen kommen, die von diesem Geschäft weniger als Null Ahnung haben.

Hätte Beiersdorfer eine Analyse des Team vorgenommen, hätte er erkennen müssen, dass der HSV eklatante Probleme in allen Mannschaftsteilen, aber ganz besonders auf den offensiven Außenbahnen hatte und hat. Dort spielte im Jahr 2014 beispielsweise ein Dauerpatient namens Ivo Ilicevic. Dieser Spieler, mehr verletzt als gesund, für den der Begriff „Belastungssteuerung“ mit großer Wahrscheinlichkeit erfunden wurde, kickte nun schon mehrere Jahre erfolglos beim HSV und einen Ersatz für ihn zu finden hätte höchste Priorität bekommen müssen. Bekam es aber nicht, außerdem lief der Vertrag des Kroaten noch ein Jahr bis 2015 und einen Markt für ihn gab es natürlich auch nicht. Aber schön, nun hatte man also ein Jahr Zeit, sich für den Moment des Vertragsendes auf diesen Moment vorzubereiten. Man hätte sich in der 2. Liga, in Belgien, Frankreich, Dänemark, Holland, im eigenen Nachwuchsbereich oder in Ingolesien umgucken können. Man hätte scouten können, man hätte forschen können. Tat man aber nicht oder man war zu blöd, auf jeden Fall verlängerte man den Vertrag mit „Elisabeth“ um ein weiteres Jahr bis 2016, natürlich medienwirksam zu verringerten Konditionen.

Nun hatte man erneut ein Jahr Zeit, sich um einen Ersatz zu kümmern und niemand auf der Welt wird mir erzählen können, dass es auf dieser Welt keinen Spieler gibt, der die Leistungen des Kroaten nicht für deutlich weniger Geld bringen kann und der nicht 29 Jahre alt ist. Aber: Auch dieses Jahr (das zweite in Folge) verging und zwei Spieltage vor Saisonende spielt man in Hamburg erneut mit dem Gedanken, mit einem Spieler, der eine absolut unterdurchschnittliche Saison gespielt hat, der im November 30 Jahre alt wird, zu verlängern. Für mich ist dies der nächste Beweis der kompletten Unfähigkeit aller Beteiligten, denn – um es noch einmal ganz deutlich zu sagen – es kann nicht sein, dass ein sportliches Führungsgremium (Beiersdorfer, Knäbel, Peters, Labbadia), welches pro Jahr zwischen € 5 Mio. und € 6 Mio. verdampft, nicht in der Lage ist, innerhalb von zwei Jahren diese Baustelle zu schließen. Im Gegenteil – ich frage mich, was diese Herren das ganze Jahr über tun.