Die Börsenpsychologie ist ein Teilgebiet der Finanzpsychologie und dreht sich um die Stimmung und das Verhalten von Anlegern an der Börse. Denn Börsenkurse werden stark von der unberechenbaren Psychologie der Anleger beeinflusst. Vor allem (Verlust-)Angst und (Gewinn-)Gier sind an der Börse deutlich ausgeprägt und führen regelmäßig zu zahlreichen schlechten Anlageentscheidungen.

Kleiner Ausflug auf eine andere Baustelle, aber ich denke, der Sinn ist verständlich. Sogar (oder gerade) da, wo es auf kühle Berechnung, Vorhersagen aufgrund von Trends, Expertisen etc. ankommt, spielt die Psychologie, also das, was man eben mit „Bauchgefühl“ am leichtesten umschreiben kann, eine entscheidende Rolle. Das Gleiche gilt für den Fußball in wahrscheinlich noch weitaus höherem Mass, weil hier wesentlich mehr Emotionen im Spiel sind. So gesehen ist jede (Personal)-Entscheidung auch vor dem Hintergrund, was sie am Ende aussagt, zu bewerten. Aus meiner Sicht bedeutet die Entscheidung des neuen Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen, den Ex-Karlsruher Jens Todt, die ursprüngliche Lösung G seines Vorgängers Beiersdorfer, zum neuen Sportchef zu machen, ein absolut falsches Zeichen, wobei es – wieder die Psychologie – gar nicht um die eventuellen Fähigkeiten Todt’s geht oder nicht.

todt

Vielmehr muss man sich doch bzw. hätte sich Bruchhagen die Frage stellen sollen: Was bewirkt die Ernennung Todt’s in den Köpfen aller Beteiligten? Geht der Mann unvorbelastet an seine Aufgaben? Betrachtet man den Aufschrei von Fans und Medien am gestrigen Tag der Verkündung, so kann man bereits jetzt sagen, dass Todt garantiert nicht der Wunschkandidat der Anhänger ist, er kann es auch gar nicht sein. Zu dilettantisch hatte sich Ex-Vorstand Beiersdorfer um zahllose andere Kandidaten gekümmert und war krachend gescheitert. Zu deutlich wird bereits jetzt, dass Todt nicht erste Wahl war, nicht bei Beiersdorfer und auch nicht bei Bruchhagen. Der Neue scheint allerdings bereits jetzt einen Weg einzuschlagen, der zumindest als kritisch zu bezeichnen ist. Nach dem Transfer des Kölners Mavraj ist Todt nun das zweite Ei, welches Beiersdorfer seinem ehemaligen Arbeitgeber ins Nest legt, aber Bruchhagen scheint sich auch gar nicht zu wehren, im Gegenteil.

Bereits heute fragen sich die Ersten, warum man die Ex-Dukate denn nun eigentlich entlassen hat. Zuerst feuert man den Nicht-Performer, weil er 2 1/2 Jahre fremdes Geld verbrannt und den HSV sportlich wie finanziell an die Klippe manövriert hat und nun lässt man genau diesen Versager aus dem Off die Transfers vollenden, die den Abstieg, den er selbst eingeleitet hat, verhindern sollen? Wie paradox kann dieser Verein eigentlich noch werden?  Und Bruchhagen? Dieser hat durch sein Handeln bereits erste Risse und er müsste wissen, warum. Hätte er vielleicht Mavraij gekauft, dann aber erklärt, dass er bei den anstehenden Entscheidungen (Spieler und Sportchef) das letzte Wort hat und keineswegs alles das, was Beiersdorfer eingefädelt hat, kritiklos übernimmt, er hätte an Profil gewonnen. So aber wirkt Bruchhagen bereits jetzt wie der Erfüllungsgehilfe des gefeuerten und abgefundenen Ex-Vorstandes und sollte sich Todt nicht schnellstens als Bringer erweisen, wird aus Bruchhagen ganz schnell Bruchlandung.

All dies hätte man vermeiden können, denn was genau soll der neue Sportchef in der anstehenden Transferperiode eigentlich noch bewirken? Richtig, nichts. Die Spieler, die man im Fokus hatte, hat er nicht zu verantworten, sie kommen (oder kommen nicht) ohne sein Zutun. Man hätte sich also mit der Verpflichtung eines Knäbel-Nachfolgers durchaus noch Zeit lassen können und man hätte eben auch keinen freigestellten Zweitliga-Manager nehmen müssen, für den man auch noch eine Ablöse abdrücken muss. Nochmal: Es geht dabei gar nicht um die Person Jens Todt und es geht auch gar nicht um € 100.000 oder € 200.000 Ablöse, es geht um das Zeichen, welches man aussendet. Um die Psychologie. Das aber scheint man beim HSV immer noch nicht begriffen zu haben oder man ignoriert es einfach. Aber genau deshalb wird es bei diesem Verein auch nicht nach vorn gehen, weil man eben immer die falschen Zeichen schickt.

Man sollte einmal zusammenfassen. Jens Todt. Bereits einmal beim HSV (als Nachwuchskoordinator) gescheitert. Also die bekannte Rückhol-Aktion, die beim HSV ja immer wunderbar geklappt hat. Beim Tabellen-15. der zweiten Liga freigestellt, also stellt sich die Frage nach dem Erfolg. Dann muss der HSV auch noch eine Ablöse für einen freigestellten Arbeitnehmer bezahlen. Außerdem ist Todt als Freund des Losers Beiersdorfer bekannt, war bei ihm allerdings auch nur Lösung G. Und jetzt soll dieser arme Kerl als weißes Stück Papier seinen Job als Sportchef beim HSV beginnen? Bei einem Verein, der bis zuletzt gegen den Abstieg spielen wird? Der gerade einen neuen Vorstandsvorsitzenden installiert hat, der selbst nicht unumstritten ist? Wie soll das denn bitte funktionieren?

Ich sage es in privaten Gespräche oft und immer wieder, wenn ich gefragt werde, warum ich in der Vergangenheit mit meinen Prognosen bzgl. Entwicklungen beim HSV häufig richtig gelegen habe – ich besitze keine Glaskugel. Aber ich kann 1 und 1 zusammenzählen und diese Situation hätte man vermeiden können. Aber scheinbar gibt es jemandem im Volkspark, der ein perverses Vergnügen an falschen Entscheidungen hat.

Jens zu :“ich bin noch im Urlaub in Asien, weiß nicht, wie lange ich noch bleibe…der HSV ist immer noch ein schöner Klub

Und das nächste Zeichen, diesmal vom zukünftigen Assistenten des Sportchefs. Wie blöd muss man eigentlich sein, solch eine überflüssige Aussage zu tätigen? Wie blöd muss man eigentlich sein, um überhaupt ans Telefon zu gehen bzw. einem Journalisten zur Zeit irgendeinen Satz zur Verfügung zu stellen? Wann endlich findet der HSV jemanden (außer vielleicht Bruchhagen), der sich professionell verhält?

Ach ja, hübsche Meldung zum Jahresbeginn: Der Legenden-Betreuer hat sich aus-betreut. Matz ist beim HSV Geschichte. Darauf ein Kilmes 🙂