Es passiert irgendwie immer wieder, dieses Gefühl. Es ist das Gefühl, dass der gemeine HSV-Fan unglücklicherweise noch dümmer ist als der durchschnittliche Fußball-Anhänger an sich schon. Anders jedenfalls ist es mir nicht zu erklären, wie die Gefühlsregungen zustande kommen, die man in den letzten Tagen vernehmen konnte. Da gibt ein neuer Vorstandsvorsitzender, seit mehr als 30 Jahren in der Szene unterwegs, eine halbwegs passable Pressekonferenz, da stellt sich der neue, noch vor kurzem nicht gerade angesagte, Sportchef vor und redet insgesamt 21 unfallfreie Sätze in die Mikrophone und schon scheint wieder die Sonne im Volkspark. Der Umstand, dass Münchhausen „de Vrij van Gaal Relaunch“ Scholz auf der Stelle auf den Euphorie-Zug aufspringt und meint, dass der neue Manager „einen guten Eindruck macht“, sollte im Grunde bei jedem Fan die Alarmglocken schrillen lassen, denn Fan-Boy Scholz hat bisher noch immer in den Topf mit Scheiße gegriffen.

Okay, die HSV-Fans waren in den letzten Tage nicht gerade verwöhnt, was Kommunikation des Jahres 2017 betraf. Denkt man an Verbal-Akrobaten wie Dietmar (Ich kann gerade nicht reden, ich denke gerade) Beiersdorfer oder Presse-Olli (Master of Eigenfehler) Kreuzer, kann einem schon das große Schütteln kommen. Dennoch: Nur weil sich jemand wie ein Gymnasiast ausdrücken kann, ist er noch lange nicht der Messias. Am Ende entscheiden die Taten und auf dieser Baustelle erfolgreich zu sein, wird eine Herausforderung darstellen, die kaum zu erfüllen sein wird. Zu tief haben die Exzellenzen den Karren in den Dreck gefahren und es soll an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich ausgesprochen werden:

Nein, es war nicht Beiersdorfer allein, der den HSV bzw. die HSV Fußball AG ruiniert hat. Es war ebenso ein vollkommen inkompetenter Aufsichtsrat, der das alles blind durch gewunken und somit seine Kontrollpflicht nicht erfüllt hat. Am Sonntag muss diesem AR die Entlastung verweigert werden und der Umstand, dass der Antrag auf Entlassung des e.V.-Präsidenten und AR-Mitglieds Meier aus Gründen der Feigheit zurückgezogen wurde, ist traurig genug.

Aber zurück zum neuen Führungspersonal, denn diese Herren haben ein Erbe angetreten, welches schwerer nicht sein kann. Wer in den letzten Tagen den Gastblog von Kerberos (http://www.hsv-arena.hamburg/2017/01/05/fakten-fakten-und-nochmals-fakten/) oder auch den Artikel aus dem finance Magazin (http://www.finance-magazin.de/meinungen/dritte-halbzeit/die-neuen-details-der-hsv-finanzen-1394481/) gelesen hat, weiß, was die Stunde geschlagen hat. Der HSV unter Beiersdorfer hat nicht nur einen Transferflop am nächsten durchgezogen, er hat auch massiv neue Schulden gemacht, um alte Schulden begleichen zu können. Anstatt bereits im Juni 2014 auf die Bremse zu treten, haben die Exzellenzen nichts anderes getan, als sich so gut wie möglich durch die Laufzeit ihres Vertrages zu lavieren und – nach mir die Sintflut. Dass Verbrennungs-Didi nun auch noch eine Abfindung von ca. € 3 Mio. für seine Abriss-Unternehmungen bekommen soll, ist an Absurdität nicht zu toppen.

Nun muss also der 68-jährige Bruchhagen das anfassen, was Beiersdorfer versäumt hat, nur leider mit weiteren zig-Millionen Schulden on top. Bruchhagen hat bereits verkündet, dass er in Zukunft nur noch das Geld ausgeben wird, was der Verein auch einnimmt, also genau das, was HSVPlus bereits von Beiersdorfer gefordert hatte. Dies aber kann nur eines bedeuten:

Die Verträge von Adler, Djourou, Ostrzolek (laufen nach dieser Saison aus) dürfen auf keinen Fall verlängert werden, die Spieler Diekmeier, Hunt, Holtby, Müller (Verträge bis 2018) müssen nach dieser Spielzeit zwingend verkauft werden, will man ein paar Euros in die Kassen spülen. Die leeren Planstellen muss Neu-Sportchef Todt mit ablöse-freien Spielern, Spielern aus der 2. Liga und Nachwuchskickern besetzen, nur so wird es möglich sein, den Gehaltsetat von aktuell über € 50 Mio. auf ungefähr die Hälfte zu reduzieren. Dann muss man nur noch Trainer Gisdol davon überzeugen, dass es auch mit einer solchen Mannschaft Spaß machen kann, in der Bundesliga um den Klassenerhalt zu spielen.

Wer nun denkt, dass es damit getan ist, der irrt gewaltig. Denn auch dann, wenn der HSV nur noch das Geld ausgibt, welches er einnimmt, muss der Verein die Schulden bedienen, die man u.a. unter Beiersdorfer angehäuft hat, man muss also operative Gewinne erwirtschaften. Nur wie soll das gehen? Der Weg, den die neuen, redegewandten Herren gehen müssen, ist ein extrem steiniger und alle HSVer können sich bei den Exzellenzen Gernandt, Beiersdorfer, Hilke, Wettstein und Co. dafür bedanken. Und: Nur, weil man ein paar Sätze geradeaus reden kann, ist man noch lange kein Retter. Aber auch das werden die HSV-Fans wieder einmal auf die harte Tour erleben.