Es gibt Dinge, die kann (und sollte) man nicht miteinander vergleichen. So sollte man es z.B. vermeiden, einen Porsche und einen Lada zu vergleichen, weil es sich zufällig bei den Produkten um ein KFZ handelt. Auch ist es nicht angebracht, einen Vergleich zwischen Ländern und Staaten zu bemühen, zu unterschiedlich sind die historischen Gegebenheiten. Was man jedoch tun kann (und sollte), man kann Firmen und in unserem Fall Fußballvereine miteinander vergleichen, die ähnliche Voraussetzungen haben. Es gibt ein Buch, dass nennt sich „Aufstieg und Fall des römischen Reiches“ und der heutige Blog handelt vom Aufstieg des Einen und Fall des Anderen. Und ja, man kann beide Fälle durchaus miteinander vergleichen, denn der wesentliche Unterschied liegt im Grunde an einem Punkt: Bei dem Einen wusste man, was man tat und bei dem Anderen hatte man weder Ahnung noch Plan.

Beginnen wir im Jahr 2014, genauer gesagt im Mai 2014. Die Mitglieder des Hamburger Sportvereins hatten gerade mit überwältigender Mehrheit für eine Ausgliederung der Profi-Abteilung gestimmt, der designierte Aufsichtsrats-Vorsitzende Gernandt hatte die Verpflichtung des Heilsbringers Beiersdorfer prophezeit und HSVPLUS-Initiator Rieckhoff hatte von blühenden Erdbeerfeldern in Form von strategischen Partnern und Anschubfinanzierungen aus der Schweiz schwadroniert. Die sportliche Situation, die diesen Prozess maßgeblich unterstütze, ist schnell erzählt. Der HSV war in der abgelaufenen Saison 2013/14 mit ganzen 27 Punkten Tabellen-16. geworden und hatte die Relegation in Fürth mit einem blauen Auge überstanden. Es konnte eigentlich nur noch besser werden, dachten die Mitglieder. Wie man sich doch irren kann.

Zur gleichen Zeit, nämlich in der Saison 2013/14 fing sich im Osten der Republik an etwas zu entwickeln. RB Leipzig war in der ablaufenden Saison 2013/14 nämlich Vizemeister in der 3 Liga geworden (hinter Heidenheim) und war in die zweite Liga aufgestiegen. Zur Erinnerung: Das ist ganze 4 Jahre her!

Die Daten

Stellt man die damaligen Vereine gegenüber, so vergleicht man damals Äppel mit Birnen, so wie man heute Äppel mit Birnen vergleicht. Der Marktwert des Hamburger Sportvereins belief sich 2014 auf € 113,65 Mio., der von RB Leipzig (in der 2. Liga) auf insgesamt € 23,3 Mio., das sind Welten. Allerdings werden die beiden Vereine in den folgenden 4 Jahren nicht eben durch Welten getrennt, zumindest dann nicht, wenn man die Investitionen in die Mannschaften vergleicht. Denn während die Hamburger in den Jahren 2014-2017 insgesamt € 121,35 Mio. in neue Spieler investierte, nahmen die Sachsen insgesamt € 169,65 Mio. in die Hand und diese beiden Zahlen sind sehr wohl miteinander zu vergleichen. (Der SC Freiburg kaufte in der gleichen Zeitspanne für € 49,85 Mio.)

Dennoch gibt es einen Unterschied und der spricht wieder gegen den HSV, denn während die Hanseaten auf eine Basis aus Bundesliga-erprobten Profis zurückgreifen konnten, mussten die Leipziger von Grund auf aufbauen. Insofern sind die Transferverluste auch erklärbar, denn der Zweitligist RB hatte kaum Spieler im Kader, die man mit großen Gewinn hätte verkaufen können, der HSV eigentlich schon, wenn man es denn gekonnt hätte. Zusammengefasst: In den Jahren 2014-17 erwirtschaftete der HSV ein Transferminus von € 73,85 Mio., RB Leipzig von € 144,25 Mio. Aber: Bei den Ostdeutschen stehen heute Gegenwerte zu Buche, beim HSV erkennt man ein sportliches wie finanzielles Trümmerfeld.

Denn während der HSV € 121,35 Mio. in die Mannschaft steckte, reduzierte man den Kaderwert von € 113,65 Mio. auf heute € 70,1 Mio., wie man das schaffen kann, ist unvorstellbar. Heute ist das Team der Hamburger weniger wert als das, was der Verein an Transferverlusten in den letzten 3 Jahren einfuhr. Der genau Gegenentwurf steht in Leipzig. Dort hatte man 2014 einen Marktwert des Kaders von € 23,3 Mio., investierte € 169,65 Mio. und hat einen heutigen Kaderwert von € 189,08 Mio. Dies ist eigentlich der organische Weg, man investiert, um den Wert des Produktes zu erhöhen. In Hamburg hat man investiert und den Wert des Produktes systematisch zerstört.

Noch ein paar Daten: Das aktuelle Durchschnittsalter der Hamburger Spieler beläuft sich auf 24,4 Jahre und jeder Spieler hat im Schnitt einen Marktwert von € 2,34 Mio. In Leipzig liegt der Altersdurchschnitt bei 23,72 Jahren, aber jeder Spieler hat im Schnitt einen Wert von € 7,56 Mio.

Dabei, und das ist das eigentlich Dramatische am Gesamtbild, hatte der HSV im Grunde die wesentlich besseren Voraussetzungen. Große Stadt, gutes Umfeld, sehnsüchtige Fans, Rückhalt in der Mitgliedschaft und man hatte die Tradition und Geschichte, die man den Leipzigern so gern abspricht. Und wir reden hier nicht davon, dass es der eine Verein schaffte, sich in 3 Jahren abzuwracken, während der andere 15 Jahre braucht, um hoch zu kommen. Wir reden bei beiden Klubs über die gleiche Zeitspanne und wohl noch nie in der Geschichte der Bundesliga ist so deutlich geworden, was passieren kann, wenn man auf der einen Seite einen klaren Plan und auf der anderen Seite die vollendete Ahnungslosigkeit zur Verfügung hat.

Heute, im Herbst 2017, ist der HSV ein Verein, der seine Spieler selbst dann nicht mehr loswird, wenn er ihnen eine Abfindung bezahlt, während RB Leipzig einen Keita (für € 15 Mio. gekauft) bereits jetzt für € 70 Mio. an Liverpool abgibt, Wechsel im Jahr 2018. Heute kommen jungen Spieler gern nach Leipzig, weil sie wissen, dass sie dort sportlich verbessert werden und ihren Marktwert steigern. Nach Hamburg kommt man nur noch, wenn man den letzten großen Vertrag abstauben möchte, denn noch immer wird in Hamburg auf Champions League-Niveau verdient, aber auf Zweitliga-Niveau gekickt.

Würde RB seine drei besten Spieler verkaufen, man hätte wahrscheinlich weit mehr eingenommen, als man in den drei Jahren an Transferverlust eingefahren hat, in Hamburg würde niemand mehr für einen ehemals € 14 Mio.-Mann Kostic mehr als € 6 Mio. auf den Tisch legen. Der HSV wurde systematisch zerstört, abgewirtschaftet und in seine Bestandteile zerbröselt und ein Zurück wird es in einer Zeit, in der sich das Rad jede Minute schneller dreht, nicht mehr geben. Der HSV hat einen Aufsichtsrat, der jahrelang zugesehen hat, wie der Verein von einem Mann begraben wurde und von dessen Nachfolger zugeschüttet wird. Erstaunlich ist nur, das bis heute so gut wie niemand den Namen des Schächters in den Mund nimmt. Die Medien berichten von „globalem Versagen“, aber sie nennen den Namen nicht. Herr Kühne redet davon, dass „der Vorstand“ schlecht gearbeitet hätte, aber er sagt nicht, wer dieser Vorstand war.

Warum das so ist, entzieht sich meiner Kenntnis, aber ich erinnere an den Fall Hilke. Der ehemalige Vorstand Marketing wurde erst gefeuert und dann angezeigt, man warf ihm Veruntreuung des Vereins-Vermögens vor. Heimlich still und leise wurde das Verfahren eingestellt, warum wohl? War Hilke plötzlich kein Veruntreuer mehr? Hilke, Gernandt, der gesamte Aufsichtsrat, sie alle sind die Totengräber dieses Vereins, aber der Mann, der den Klub totgeschlagen hat, heißt Dietmar Beiersdorfer. Und es ist mir scheißegal, ob er derjenige ist, dessen Namen nicht genannt werden darf.

Doch der Schaden, den Beiersdorfer angerichtet hat, ist weitaus größer als nur das im ersten Moment verbrannt Geld, welches der Verein nie wiedersehen wird. Er hat auch noch unterdurchschnittliche Spieler mit Mondgehältern ausgestattet (Holtby, Lasogga, Hunt etc.), so dass sie nicht mehr vermittelbar sind und ihre Verträge aussitzen werden. Er hat durch das Zulassen der Verknüpfung Struth dafür gesorgt, dass die meisten Berater junger Spieler einen Bogen um den HSV machen.

Große Sorgen machte mir darüber hinaus ein Gespräch mit einem sehr gut vernetzten Berater aus Deutschland, der namentlich nicht zitiert werden will, natürlich nicht, wer will sich schon sein Geschäft verbauen, der die Situation beim HSV aber wie folgt beschrieb: Welcher Berater, der um die Machtverhältnisse in Hamburg weiß, ist so naiv und vermittelt ein richtig gutes Talent oder einen starken Routinier zum HSV? Es sei denn, die Zahlen stimmen. Und offenbar waren die Hamburger in einigen Fällen weder bereit noch in der Lage, erneut übermäßige Gehälter zu bieten. Weil sie diese schon anderen Spielern wie Papadopoulos bieten mussten.

Wie die Sätze des Beraters gemeint sind? Ganz einfach: Der Fall Bobby Wood gilt in der Szene als warnendes Beispiel dafür, dass man einen Klienten leicht an die Konkurrenz verlieren kann, weil es nämlich einem gelang, der persönliche Berater des Investors zu werden. Und diesem immer noch – jedenfalls ist der Glaube daran aufgrund unterschiedlicher Vorkommnisse in der Szene weit verbreitet – „beratend“ zur Seite steht.

(Quelle: https://de.sports.yahoo.com/news/jovanovs-hsv-fehlstart-ansage-061500663.html)

Warum wohl suchte der HSV zum Ende der letzten Transferperiode vermehrt im Ausland nach Verstärkungen?

Der nachhaltige Image-Schade, durch Verbrennungs-Didi hervorgerufen, ist noch gar nicht erwähnt und kaum zu beziffern. Und dann sollten sich diejenigen, die Blogs und Kolumnen wie diesen als „Hater“ oder „Hetzer“ abkanzeln vielleicht einmal darüber Gedanken machen, wer diesem Verein mehr Schaden zugefügt hat. Erschütternd nur, dass der neue Vorstandsvorsitzende das Erbe des Versagers einfach nur weiterführt. Dieser Verein ist definitiv nicht mehr zu retten.

Lesetipp:

https://www.11freunde.de/artikel/biermanns-matchplan-2-wie-die-vereine-mit-ihrem-geld-umgehen/page/1