Am Abend „danach“ fühlte es sich irgendwie komisch an. Komisch, aber nicht falsch, weil kein Verein derart um den Abstieg gebettelt hat, wie dieser HSV. Angefangen mit dem lächerlichen Abgang des damaligen Sportvorstands Beiersdorfer, der zu beleidigt war, um seinen Job machen zu können, über die medial begleitete Demission des letzten wirklichen Sportchefs Frank Arnesen, bis hin zu Schnacker Bruchhagen, Urlaubskönig Todt, Frank „der Mann ohne Gedächnis“ Wettstein, Latschen-Bernie Peters und Profiteur von Heesen. Kein Verein hat es in diesen Jahren geschafft, mit so vielen Personalentscheidungen so dermaßen daneben zu liegen, ohne aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Und eben dies ist die Hoffnung, die wahrscheinlich zuletzt stirbt, die Hoffnung auf einen Lerneffekt.

Zum Glück, wie viele es immer wieder betonen, habe ich beim HSV ja nichts zu sagen, aber ich möchte trotzdem erklären, wie ich am „Tag danach“ verfahren würde. Will es dieser HSV endlich einmal anders machen als in den Jahren zuvor, so muss er sich bei der Bewertung und der Analyse von den letzten 8 euphorischen Wochen trennen und besonders die Zeit davor in die Analyse einbeziehen, denn diese Zeit, zwischen September und April waren es, die den Verein in diese Situation gebracht hat. Und man muss analysieren, und zwar im Detail, was in den Jahren zuvor falsch gemacht wurde. Passiert dies nicht, wird wieder nur der Eindruck der letzten 8 Saisonspiele betrachtet und man redet sich ein, es wäre ja eigentlich alles in Ordnung und man könne eigentlich so weitermachen wie zuletzt, wird man scheitern, da lege ich mich am Tag des Abstiegs fest.

So unglaublich es klingen mag, aber es gibt am schlimmsten Tag der Vereinsgeschichte sogar Gewinner und das war gestern das Hamburger Publikum. Ich war selbst nicht im Stadion, aber ich habe mir erzählen lassen, dass die Besucher und Fans nicht etwa den Abstieg  als „nicht so schlimm“ hingenommen haben, sondern sie wollten die Liga mit erhobenem Haupt und mit Anstand verlassen, das hat Größe. Groß auch die Reaktion von 99,99% der Anhänger, die die schwarz-gekleideten Vollidioten gnadenlos auspfiffen und sich so distanzierten. Hut ab, Respekt.

Aus meiner Sicht hat der HSV ab heute eine neue Chance, sie ist vergleichbar mit der Chance im Mai 2014. Man kann, man muss den Verein neu erfinden. Man behält zwar den Dino als Maskottchen, aber man ist kein Dino mehr, denn der Dino, der letzte Überlebende aus der Gründersaison der Bundesliga, ist gestern gestorben. Endlich kann man auch dieses dämliche „6 mal deutscher Meister, immer erste Liga“ abschaffen, genauso wie Lottos Scheißlied, in dem Mannschaften und Städte, die im Gegensatz zum HSV und zu Hamburg noch in der Bundesliga spielen, verunglimpft werden. Man kann es anders machen, man muss sogar.

Meiner Meinung nach muss sich der HSV von einer ganzen Reihe Mitarbeiter und Spieler trennen, es wird gar nicht anders gehen.  Aber viele von diesen Spielern haben eben nicht das gebracht, wofür sie all die Jahre fürstlich bezahlt wurden, das Gleiche gilt für leitende Mitarbeiter.

Und, wer weiß, vielleicht lernen sie ja doch. Vielleicht kehrt etwas Demut zurück, vielleicht wird man bescheidender und respektvoller anderen Vereinen gegenüber. Und vielleicht wird dieser HSV dann wieder zu meinem Verein, wäre nicht so schlecht.

P.S. Mit wem hatte ich noch die Wette, dass Gregoritsch in dieser Saison mehr Tore als Wood erzielt, laufen? 🙂

„HSV-Vorstand Frank Wettstein kündigte Gespräche mit allen Spielern an, bevor sie in die Sommerpause gehen. Der 44-Jährige rechnet damit, dass ein Großteil des Teams beisammen bleiben könnte. „Wenn man beim Schlusspfiff in die Augen der Spieler geschaut hat, sieht man viele, die sich der Verantwortung bewusst sind“, sagte Wettstein: „Ich glaube, dass sie den Club und die Atmosphäre hier schätzten und dass sehr viele bereit sind, das wieder zu korrigieren.“

Man kann nur hoffen, dass dieser widerwärtige Lügenbaron der Erste ist, der während der Analyse über die Klinge springt.

Ach ja, herzlichen Glückwunsch, Törles Knöll. Während du nach 20 Toren in der Regionalliga in der nächsten Saison mit Nürnberg Bundesliga spielst, dürfen diejenigen, die einen 20-Jährigen mit dieser Bilanz gehen lassen, sich 2018/19 durch die zweite Liga kämpfen.

#DankeDidi