Wie heißt es doch eigentlich? Man soll jeden Fehler nur einmal machen. Ein zweites Mal ist Dummheit, ein drittes Mal ist Idiotie und nicht mehr entschuldbar. Bei den HSV-Fans entwickelt sich bei mir im Laufe der Zeit schon fast so etwas wie Mitleid, denn sie kommen einem vor wie ein Kind, welches jedes Jahr wieder versucht, durch eine Lücke im Zaun zu kriechen, dabei ist die Lücke längst ausgebessert und die Holzlatte ist schon seit Jahren wieder festgenagelt. Egal, sie rennen jedes Jahr wieder gegen ein und dieselbe Holzlatte und stoßen sich die Birne. Lerneffekt? Null. Inzwischen habe ich verstanden, dass dieses Verhalten zu ihrer DNA gehören muss, denn wenn sie irgendwann einmal ihr Verhalten ändern sollten, keine BILD mehr kaufen würden, über die Mopo lachen würden und die Ereignisse vor einer Saison so betrachten würden, wie sie sind, wären sie nicht mehr die Fans, die sie zu sein meinen. Dann wären sie Fußball-Anhänger, die einen Sinn für die Realität entwickelt hätten, aber nicht mehr die Religions-Fanatiker, die sie tatsächlich sind.

Und so sind wir wieder im Juni angekommen, der Monat, in dem der gemeine Rumpelnicki per Definition in den Verteidigungsmodus umschalten muss. Es gilt, wirklich jede Entscheidung der aktuellen Machthaber gegen auch nur die geringste Kritik zu verteidigen, alles macht Sinn, endlich ist man auf dem richtigen Weg, das Licht am Ende des Tunnels scheint uns voll ins Gesicht. Es wird keine demütigen Heimniederlagen gegen Vereine mit dem Bruchteil des HSV-Etats mehr geben, kein neu erworbener Knorpelpatient wird sich erneut langfristig verletzten, Boldt hat DEN Plan schlechthin und Hecking kann aus Ackergäulen Rennpferde fabrizieren. Wenn man sie fragt, warum sie das glauben, kriegt man nie eine funktionierende Erklärung, aber wie auch. Am Ende werden dann Gazetten zitiert, von denen man in Verlauf des Jahres behaupten wird, man hätte sie nie gelesen. Same procedure.

Wirklich spaßig wird es immer dann, wenn selbst diejenigen, die in der Verantwortung stehen, die mahnenden Finger heben.

Dieter Hecking nimmt kein Blatt vor den Mund. Mit dem Kader ist der neue HSV-Trainer noch nicht zufrieden. Und auch drumherum gibt es viel zu tun für den Coach und sein Team.

„Der Kader ist ein Baustelle“

Der Kader, den ich hier vorgefunden habe, reicht so nicht aus, um unsere Ziele zu erreichen. Ob wir das bis zum 2. September (Transferschluss, d. Red.) schon alles in die richtigen Bahnen geleitet haben, da setze ich zumindest mal ein kleines Fragezeichen hinter.

Reaktion? „Das hat Hecking doch gar nicht so gemeint“ oder „das muss er ja sagen“. Ach so. Cool wird es dann, wenn sich der eine oder andere Hüpfer bemüssigt fühlt, Hecking beizupflichten. „Ist doch gut, wenn er mal Klartext redet“. Aha. Aber wenn jemand wie ich Klartext redet, sitze ich nicht mit am Tisch, sondern bin ein Pester. Diese Logik leuchtet maximal ein.

Es ist ja nicht so, dass dies irgendwie neu wäre. Auch Ex-Trainer Hannes Wolf hatte auf verschiedene Gegebenheiten hingewiesen und auch dies wurde damals einfach weggewischt. Tatsache ist aber nun mal, dass der aktuelle Kader des HSV nicht besser ist als der, der in der Rückserie der abgelaufenen Saison Tabellenplatz 15 zierte.

Hinterseer ersetzt Lasogga

Kittel ersetzt Holtby

Heuer Fernandes ersetzt Pollersbeck (wenn überhaupt)

Kinsombi ersetzt Mangala

Leibold kann Douglas Santos nicht ersetzen

Gyamerah und Dudziak sind Ergänzungsspieler

Und nun? Das sind die Fakten und auch der verantwortliche Trainer erkennt und benennt sie. Aber wo sind nun all die angekündigten „smarten Transfers“ der Herren Boldt, Spors und Mutzel? Bisher wurde die Becker-Liste abgearbeitet, aber ich kann noch keinen Transfer eines Spielers aus England, Frankreich, Belgien oder Spanien erkennen, irgendwas aus der dortigen 2. Liga oder der 2. Mannschaft eines Erstliga-Vereins. Bisher sind das Standard-Transfers, da hätte man Ralf Becker im Amt belassen können. Aber das darf man nicht sagen, denn die Hamburger Medien verkünden etwas anderes. Dort wird bereits wieder von besseren Zeiten geträumt und wirklich jeder Transfer macht maximalen Sinn. Fragt sich nur, wie lange.  Denn schaut man zur unmittelbaren Aufstiegskonkurrenz nach Stuttgart, Hannover oder Nürnberg, kann man ins Zweifeln kommen. Aber auch andere Klubs wie Holstein Kiel sollte man auf dem Zettel haben.

In den Augen der Hamburger Hofberichterstatter sind diese Vereine jedoch nur Augenzeugen des HSV-Durchmarschs. Bis zur Winterpause. Oder bis März. Dann werden wieder Köpfe gefordert. Dann wird auf genau die Zeit, die wir jetzt erleben, hingewiesen und erklärt, die gut bezahlten Herren hätte „damals“ ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Fällt auf, oder? Kind – Zaun – Holzlatte.

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