Fußball ist eine eigentümliche Sache, oder? Wenn man sich eine Zeit lang intensiver damit beschäftigt, entwickelt man ein Gefühl, was wie läuft. Oder halt nicht läuft. Wenn man dann noch liest (Football Leaks, „Der Abstieg“) und in der Lage ist, eins und eins zusammen zu rechnen, kann man sich die Dinge nicht nur erklären, man weiß auch, wo getrickst und gelogen wird, besonders dann, wenn man die Darsteller kennt, die beteiligt sind. Ich mache mir, im Gegensatz zu anderen Beobachtern, schon längst nicht mehr die Mühe, mit jedem zu diskutieren oder von der Richtigkeit meiner Beobachtungen zu überzeugen. Wenn man einen Blog 7 Jahre lang betreibt und zu 99% richtig gelegen hat, hat man sich meiner Meinung nach dieses Recht erarbeitet. Außerdem – es macht einfach keinen Sinn, denn die Meisten wollen nicht überzeugt werden, sie wollen pöbeln. Sollen sie.

Also zurück zum Gefühl. Das, was der HSV dort zur Zeit zusammenbastelt, ist in meinen Augen der Prototyp einer bunten Söldnertruppe und ein Großteil der Deals wird durchgezogen, weil der eine oder andere Beteiligte kräftig daran verdient. Mit tatkräftiger Unterstützung der hiesigen Hofberichterstatter werden unrealistische Mondsummen in der Öffentlichkeit platziert, die den Anschein erwecken sollen, die neuen Superstars in den Büros würden einen überragenden Job machen. Zum Dank bekommt man als Journalisten-Simulant dann in regelmäßigen Abstände etwas gesteckt, damit man seine Zeilen füllen kann. All das ergibt das Bild eines Vereins, der (endlich) auf dem richtigen Weg ist, die Nickis sind’s zufrieden und kaufen Dauerkarten und potthässliche rosa-behaarte Trikots.

Das geht immer so lange gut, bis der Ball rollt, denn dann beginnt die Stunde der Wahrheit. Vorher aber werden noch auf dem gesamten Planeten Zeitzeugen gesucht, die bereit sind, den neuen Heilsbringern überragende Zeugnisse auszustellen, die abgebenden Vereine haben bis zuletzt um die Abtrünnigen gekämpft und mussten bedauerlicherweise die Waffen strecken, wenn der „große Verein HSV“ mit seinem Super-Sportchef Boldt kam oder wenn ein einziger Anruf von Schnappi Hecking reichte, um den Weltstar vom HSV zu überzeugen. Dann noch flugs ein lustig-dämliches Video mit dem neuen Spieler und Jonas Witzboldt produziert und die Nummer ist rund.

Ne, das ist mir alles zu dick und wo zuviel Show und Märchen sind, da stimmt was nicht. Besonders nicht beim HSV, der in dieser Hinsicht eine Vorgeschichte hat, die die meisten Hüpfer natürlich schon vergessen haben. Mich würde beispielsweise mal interessieren, in welchen Sphären man sich inzwischen hinsichtlich der Kaderkosten bewegt. Da man die ehemaligen, günstigen Peters-Perlen allesamt verschenkt und durch teurere Akteure ersetzt, dürfte sich eine Reduzierung erledigt haben. Und erzählte der Trickser aus Leverkusen nicht noch vor wenigen Wochen, dass man im Falle des Nichtaufstiegs auch auf der Geschäftsstelle mit Entlassungen rechnen müsse? Mitnichten, im Volkspark werden es immer mehr, die beim HSV ihre Brötchen verdienen.

Also – es ist eigentlich wie immer, oder? Es werden Märchen in die Welt gesetzt, die Nickis fressen sie und sind begeistert. Man verdient wunderbar in Hamburg und am Ende werden die Ziele verfehlt und das Spiel beginnt von vorn. Irgendwie öde…

Dabei merken die sogenannten HSV-Fans nicht, dass sie Jahr für Jahr die gleichen Fehler begehen und Jahr für Jahr auf die gleichen Märchen reinfallen. War es nach HSVPLUS die Gewalt-Aktion des Düdü Beiersdorfer, der die Inhalte der Initiative mit Füßen trat und das Geld in teure Altstars stecke, die bis aufs Blut verteidigt wurde, so war es vor der letzten Saison die angebliche Verjüngungskur mit den Peters-Perlen aus der U 19, die aber leider nie zum Einsatz kamen. Aber auch das machte in den Augen der rosa Hüpfer maximalen Sinn. Zur Zeit wird von Hoffmann alles rausgesetzt, was unter 25 Jahren alt ist und prompt kommt das gelernte Gebrülle aus der Doofmann-Ecke: „Nur mit Jungen geht es eben nicht“. Immer so, wie es eben passt, gell? Und überhaupt, diese Nummer, die zur Zeit gefahren wird, passt auch viel besser zum Trickser aus Leverkusen, denn dieser ist natürlich auch nicht für mittel- oder langfristige Strategien bekannt.

Wenn ich einmal so dreist sein darf und ca. 8 Monate in die Zukunft gucke, dann ahne ich Böses. Der HSV wird möglicherweise erneut den Aufstieg verpasst haben, dann aber hat man eine Truppe von alten Herren und Knorpelpatienten, die wirklich keine Sau mehr haben möchte, die in Hamburg aber ihre gut dotierten Verträge absitzen werden (siehe Papadopoulos, Wood etc.) Und dann ist der Ofen endgültig aus. Aber in den Augen der Rumpelnickis würde auch das Sinn machen und sie würde auch diesmal nach dem letzten Saisonspiel klatschen und jubeln, wenn Herr Kittel im Stuhl über den Rasen in die Nordkurve geschoben wird.

Weil – mit so viel Pech war nun wirklich nicht zu rechnen….