Wir hatten das Thema gestern schon mal im Ansatz, aber es ist aus meiner Sicht einfach zu wichtig (besonders in Zeiten, wo die Verletzung eines unterdurchschnittlichen Zweitliga-Spieler als „Schockdiagnose“ aufgepumpt werden soll), als dass man einfach so darüber hinweg gehen kann. Nach dem Spiel, welches Dieter Hecking teils bewusst und mit Auge, teils erzwungenermaßen (Kittel, Hunt) vercoacht hat, kommt vom Trainer eine Aussage, die ich nach wie vor unfassbar finde.

„Ich habe mal geschaut, wann die dritte und vierte Pokalrunde stattfinden: Das ist im Frühjahr, wenn es in der Meisterschaft um alles geht. (…) Wenn ich es jetzt berücksichtige, was für uns vielleicht im Frühjahr auf dem Spiel steht, und ich heute durch die medizinische Abteilung gehe und sechs angeschlagene Spieler sehe, dann weiß ich, dass ich das im Frühjahr nicht gerne hätte.“

Mit diesen Worten hat der Mann meines Erachtens die Maske fallenlassen und gezeigt, worum es ihm und dem Verein geht. Und er hat noch etwas anderes getan: Er hat zum wiederholten Male den Leistungsgedanken in Hamburg ad absurdum geführt. Ich erwarte nicht, dass die belämmerten Hüpfer das alles verstehen, weil sie es nicht verstehen wollen in ihrem religiösen Wahn. Dabei ist es wichtig, dass man es jetzt versteht und nicht erst wieder im März 2020.

Mal zu den Fakten. Das Achtelfinale des DFB-Pokals finde am 4./5. Februar statt, bis dahin hat der HSV noch genau 7 Pflichtspiele zu absolvieren. 7 Spiele in 14 Wochen!, also im Schnitt alle zwei Wochen ein Spiel über 90 Minuten. Und das ist für einen Kader mit 28 Lizenzspielern zu viel? Jaja, ich weiß, Winterpause bla bla. Eine Mannschaft, die zusammen mit dem VfB Stuttgart den mit Abstand höchsten Etat der zweiten Liga hat, schafft es also nicht, Anfang Februar noch ein kleines Pokalspiel einzuschieben, ohne den Aufstieg zu gefährden? Un-fass-bar! Mal zum Vergleich:

Ein Verein wie Bayern München, mit 24 Lizenzspielern im Kader, hat bis zum Achtelfinale noch 10 Bundesligaspiele und 4 Champions League-Gruppenspiele zu absolvieren. Das Gleiche gilt für die Teams aus Leverkusen (24 Spieler), Dortmund (26 Spieler) und Leipzig (32 Spieler). Desweiteren haben wir noch Gladbach, Wolfsburg und Frankfurt in der Europa League. Ich habe keinen Trainer eines dieser Teams gehört, der über medizinische Abteilungen redet, über Verletztenlisten oder über die Entscheidung in der Meisterschaft im Frühjahr 2020, das schafft nur Herr Hecking vom Zweitligisten Hamburger Sport Verein.

Und schaut man sich an, was da noch in der Verlosung ist, ist die Aussage und der damit verbundene freiwillige Verzicht auf dringend notwendige Zusatzeinnahmen noch unverständlicher: Saarbrücken, Union Berlin, Karlsruher SC, Kaiserslautern, SC Verl. Bei einer glücklichen Auslosung (wie in der letzten Saison) hätte man also durchaus die Chance gehabt, noch eine Runde weiter zu kommen. Das aber ist Herrn Hecking scheinbar egal, denn der ist mehr damit beschäftigt, die „HSV-Nörgler“ abzuwatschen. „Wir brauchen keine Kritiker“, meint der Mann. Ach, ich verstehe. Sie brauchen Jubler und Hüpfer und Abklatscher, damit niemandem auffällt, dass sie taktisch eine Niete sind und dass sich der Verein wieder einmal mit Knorpelpatienten belastet hat.

Ich stelle mir gerade vor, wenn Niko Kovac nach einem Pokal-Aus der Bayern in Bochum ähnliche Worte gefunden hätte wie Hecking in Hamburg. Man kann sich vorstellen, dass Kovac wohl eine Viertelstunde später einen Termin in Rummenigge’s Büro gehabt hätte und dieser ihn gefragt hätte, ob er noch alle Latten am Zaun hat.