Das Muster ist irgendwie immer gleich, schon seit so vielen Jahren. Man beginnt manierlich, wird gelobt. Die neu verpflichteten Spieler scheinen engagiert und irgendwie zu funktionieren, jedenfalls besser als die, die die abgelaufene Saison wieder einmal verkackt haben und die man anschließend in die Wüste schickte. Natürlich für lächerliche Transfersummen, garantiert mit Verlust bzw. gänzlich verschenkt. Der Hoffnungsträger von gestern ist die Altlast von morgen. Blitzschnell haben einige Berichterstatter und Teile des Vereins gigantische Rosinen im Sack und die überheblichen Sprüche haben Hochkonjunktur. Und dann? Dann kann man als Beobachter live dabei sein, wie sich zuerst eine Mannschaft und dann ein ganzer Verein in seine Bestandteile zerlegt, sich gegenseitig zerfleischt und wie wirklich jeder verzweifelt versucht, die eigene Haut zu retten. Und dann beginnen die Ausreden. 

So auch nach dem Spiel gegen den VFL Osnabrück, seines Zeichens Tabellen-14. mit zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz. Der Aufsteiger bzw. die Mannschaft aus Osnabrück hat einen aktuellen Markwert von € 11,38 Mio., der wertvollste Spieler heißt Felix Agu und ist zur Zeit ganze € 1,8 Mio. wert. Im gesamten Team der Osnabrücker gibt es übrigens nur zwei Spieler, die bei einem Transfer eine Millionensumme einbringen würden, alle anderen befinden sich im Hunderttausender-Bereich. Zum Vergleich: Die sogenannte Mannschaft des KSV hat einen Marktwert von € 46,75 Mio., Innenverteidiger Rick van Dingeldong soll bei einem Verkauf € 7,2 Mio. einbringen 😀 und wenn man den hölzernen Rick und beispielsweise Adrian Fein verkaufen würde (Ja, ich weiß, dass der nur geliehen ist), könnte man den gesamten VFL erwerben. Ich denke, dass man durchaus die Frage stellen kann, warum man mit diesem Aufwand, diesen Transfersummen, diesen Gehältern, einem Bundesliga-Trainer, einem Champions League-Sportvorstand, einem Sportdirektor, einem Chef-Scout, 300 Mitarbeitern, warum man nicht in der Lage ist, diese Osnabrücker zu beherrschen? 

Die Erklärungen werden natürlich prompt geliefert. z.B., weil man Erfolg nicht kaufen kann. Ach so, warum versucht man es dann immer wieder? Warum gibt man diese Summen aus, warum hat man sich über all die Jahre bis über die Hutschnur verschuldet und an Kühne verschenkt, wenn man Erfolg nicht kaufen kann? Warum hat man es dann immer wieder mit Namen statt mit Konzepten versucht? Vielleicht deshalb, weil sowas Zeit bräuchte? Weil sowas mit harter Arbeit, Geduld und Ahnung gepaart wäre und nicht mit schnellem Geld und noch schnelleren Abfindungen? Und selbstverständlich werden die Beteiligten, allen voran der dünnhäutige Erfolglos-Trainer Dieter „Schnappi“ Hecking nicht müde, die wirklich lächerlichsten Ausreden aus dem Hut zu zaubern. Nach dem Spiel gegen Osnabrück wies man aus dem Funktionsteam des KSV darauf hin, dass man den Sieg tatsächllich nicht verdient gehabt hätte, aber man hätte doch auch unbedingt einen zweifelsfreien Elfmeter bekommen müssen, der dann am Ende den Spielverlauf der zweiten Hälfte auf den Kopf gestellt hätte.

Wahnsinn ist, wie dieses Stilmittel immer wieder wirkt. Denn nur wenige Stunden nach dem Abpfiff bleibt bei vielen nicht etwa die grottige Leistung von Jung, Kittel und Pohjanpalo hängen, sondern die des Schiedsrichtergespanns inklusive der Kölner Kollegen an den Bildschirmen. Und die gnädige Äußerung des Cheftrainers, der ja doch so unendlich ehrlich war und zugab, den Sieg nicht verdient gehabt zu haben, wird ihm eher als ehrenwerte Haltung ausgelegt und nicht als der Offenbarungseid, der es tatsächlich war. Geschickt, zumindest für die zumeist dünn angerührten Anhänger, hat man wieder einmal verstanden, von den eigenen Unzulänglichkeiten und Fehlern abzulenken. Warum Fein immer noch spielt,  bleibt ein Rätsel. Warum man Harnik auf der rechten Außenbahn durch Stoßstürmer Hinterseer ersetzt – unerklärlich. Warum 80% der Spieler in der gesamten Rückserie einen eklatanten Leistungsabfall erleben, unfassbar. Aber danach fragt dann erstmal keiner, wenn man den Schiri als das eigentliche Übel demaskiert hat. Oder die DFL. Oder das Wetter. 

Tatsächlich ist es so, dass man sich vorkommen muss, als wäre man in Punxsutawney und höre jeden Morgen um 0600 „I got you babe“ aus dem Radiowecker. Egal unter welchem Trainer, egal unter welchem Sportchef, die Mechanismen bleiben die gleichen, weil die medialen Mechanismen die gleichen bleiben. Null Druck, null Erwartungshaltung, null Leistungsanspruch. Gejubelt wird so lange, bis die Erosion von Mannschaft und Verein nicht mehr zu vertuschen ist, erst dann wird losgeledert. Keine Sekunde früher. Man kann sich also als Spieler, Trainer und Funkionär sicher sein, dass der intermediale Schutzwall so lange hält, wie die Hoffnung aufs Klassenziel lebt. Erst wenn es wirklich eng wird, wird es eng. Jetzt ist es mal wieder so weit, leider um viele Wochen zu spät.