Am 5. Jan 2021 veröffentlichte folgenden Text auf meiner privaten Facebook-Seite:

Ein letzter Text zu Donald J. Trump.
 
Am 20. Januar ist der Spuk endlich vorbei, das ist sicher. Da mag der irre Iwan aus New York noch so sehr pöbeln und zetern und drohen, er wird gehen. Wie er gehen wird, liegt an ihm selbst. Und doch stellt man sich knapp 2 Wochen vor Ultimo und nach 4 Jahren der emotionalen Geiselhaft immer noch die Frage, wie all das passieren konnte. Wie konnte es passieren, dass ein Mann mit mehr als fragwürdiger Vergangenheit, unterdurchschnittlich intelligent, ohne Charme und Charisma, optisch katastrophal, eine solche Zeit voller Fehler, Lügen, Versäumnisse, Drohungen, Entlassungen und und und überhaupt überstehen konnte? Und wie kann es sein, dass ihn nach diesen 4 Jahren mehr als 70 Mio. Amerikaner erneut in seiner Rolle als halbwahnsinniger Caligula ertragen wollten?
 
Ich glaube, dass das Geheimnis des Donald J. Trump in seiner manischen Unberechenbarkeit liegt, die seine Fans meinen, erkannt zu haben, die aber eigentlich nichts anderes als eine berechenbare Unberechenbarkeit ist. Denn mag der Mann auch noch so wirr und irre wirken, am Ende ist alles, was er tut, nichts als kaltes Kalkül. Er befördert Leute und umgarnt Leute nur aus dem einen Grund: Weil es seinen Zwecken dient. Ihm sind weder politische Beziehungen wichtig, noch die Umwelt, noch das Wohl seiner Landsleute und noch nicht einmal seiner Wähler. Ich bin sicher, dass er ohne zu zögern sowohl seine importierte Ehefrau wie auch jedes seiner Kinder jederzeit opfern würde, wenn er selbst davon einen Vorteil hätte. Selten selbst in der überaus kriegerischen Geschichte der USA hat es einen grausameren Bewohner im Weißen Haus gegeben.
 
Jetzt stellt sich die Frage für seinen Nachfolger im Amt, Joseph Robinette Biden, wie er ab dem 21. Januar mit dem Möchtegern-Diktator umgeht. Aus meiner Sicht, und der Sicht zahlreicher Rechtsexperten in den USA, gibt es nur einen Weg: Detaillierte Aufarbeitung und Strafverfolgung. Dies hat absolut nichts mit Rachegelüsten oder Abrechnung zu tun, es ist unabdingbar, möchte man verhindern, dass Trumps undemokratisches Verhalten zu einem dauerhaften Präzedenzfall wird. Die Demokratie in den Vereinigten Staaten muss deutlich machen, dass es so etwas wie Trump nie wieder geben darf und kann, möchte man sich seine demokratischen Strukturen bewahren.
 
Am Tag danach sollte in einer rein zeremoniellen Versammlung (Electoral College) die Wahl von Präsident Biden und Vize-Präsident Karmala Harris vom Congress beschlossen und verkündet werden, während der letzten 100 Jahren war diese Veranstaltung ein feierlicher, friedvoller Akt. Doch unmittelbar vor der Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus meinte der wahnsinnige Diktator, seine rechtsradikalen Anhänger aufstacheln zu müssen, das Resultat sah dann so aus. 
 
 
Ergebnis: 4 Tote. Trump weiß genau, dass er die Ernennung Bidens nicht verhindern kann, aber das interessiert ihn nicht im Mindesten. Während der Zeremonie im Capitol versuchten zwei republikanische Senatoren, Cruz und Hawley, das Verfahren zu sabotieren und künstlich in die Länge zu ziehen, auch sie trifft wie Trump Schuld an den Toten. Aber warum tun sie das? Sie tun es, ob einen persönlichen Vorteil daraus zu ziehen, genau wie ihr Lehnsherr. Es geht weder um Demokratie, noch geht es um die eigene Partei und schon gar nicht geht es um den Willen des Volkes. Es geht um persönliche und private Vorteilsnahme. 
 
Der gestrige Tag wirft Fragen ohne Ende auf. Warum war die Washingtoner Polizei,  während der „Black lives matter“-Proteste noch bis an die Zähne bewaffnet vor Ort, diesmal so unvorbereitet? Wie kann es sein, dass innerhalb eines normalerweise schwerst gesichterten Gebäudes Sicherheitskräfte mit Terroristen gemeinsame Selfies machen? Warum dauerte es Stunden, bis Verstärkung vor Ort war? 
 
Aber der gestrige Tag gibt auch Antworten. Mike Pence, die letzten 4 Jahren hündischer Jubelperser für sein Idol Donald Trump, musste unter Polizeischutz aus dem Capitol evakuiert werden. Dies sollte nun auch dem Letzten zeigen, wohin ihn Loyalität mit diesem Schwein führt. Natürlich wird auch dies Profiteure wie Cruz und Hawley nicht davon abhalten, weiter zu provozieren und schon gar nicht wird es den Möchtegern-Diktator davon abhalten, weiter zu zündeln, das hat er gestern sogar während der Besetzung des Capitols getan. 
 
Was aber zeigt uns das? Es zeigt uns, dass flächendeckend (und da entsteht die Brücke zum KSV) nichts mehr zählt als der persönliche Vorteil. Angefangen bei Trump und seiner Familie, über diese ekelhaften Senatoren, bis hin zu Social Media-Diensten wie Facebook, youtube und Twitter. Sie alle schaltete Trumps Kanäle gestern vorübergehend ab und drohten, bei weiteren „Vergehen“ diese Kanäle zu löschen. Warum erst jetzt? Warum haben sie dies nicht schon vor Monaten getan, Gründe gab es genug. Weil sie (finanziell) von ihm und seine Ausfällen profitiert haben, Trump „verkauft“. Jetzt aber, zwei Wochen vor seinem Abgang aus dem Weißen Haus auf empört zu machen ist genau zu heuchlerisch wie das gespielte Entsetzen zahlreicher republikanischer Politiker, die dem Geisteskranken vier Jahre lang willfährig die Steigbügel gehalten haben
 
Die Situation am Capitol scheint heute wieder unter Kontrolle zu sein, der rechtsradikale überwiegend weiße Abschaum ist nach der Party-Demo wieder zurück aufs Land gefahren, wo er herkommt. Die USA aber werden die Bilder, die gestern um die Welt gingen, nicht mehr los. Dieses Land hat spätestens seit gestern jedes Recht verwirkt, andere Staaten über demokratische Strukturen aufklären zu wollen. 
 
„Das ist nicht Amerika.“
(EU-Außenbeauftragter Josep Borrell)
 
Doch! Genau das ist Amerika und zwar nicht erst seit gestern!
 
Allerdings sind wir gut beraten, nicht nur mit dem Finger Richtung Westen zu zeigen. Es ist noch gar nicht lange her, da versuchte in Berlin ein verwirrter Querdenker-Mob den deutschen Bundestag zu stürmen. Was dort passiert ist, kann auch bei uns passieren, wenn wir nicht rechtzeitig reagieren.