Der Zeitpunkt für die Mitgliederversammlung war schlau gewählt: Nach zwei absolvierten Spieltagen der noch jungen Zweitliga-Saison und einen Tag vor der ersten Runde des DFB-Pokals. Mit einem erhofften Sieg gegen den Drittligisten Eintracht Braunschweig versprachen sich die Organisatoren eine schnellstmögliche Verlagerung des Fokus weg von den Ereignissen dieser Schicksalswahl, hin zum sportlichen Geschehen des Pokalspiels und des anstehenden Stadtderbys gegen St. Pauli.

Als regelmäßiger Teilnehmer dieser fragwürdigen Veranstaltungen muss ich danach immer einen geistig-moralischen Reinigungsprozess durchlaufen, um mich den hochtoxischen Einflüssen des gesamtdefektiösen Vereins zu entziehen. Die omnipräsenten Eindrücke von Lug und Betrug durch die Vereinsgremien kombiniert mit der Kernverblödung vieler Mitglieder müssen jedesmal rückstandslos verarbeitet werden.

Übrig geblieben sind Schlagworte wie das ominöse Programm „Vereint 2025“, ein neues externes Berater-Gremium mit fraglicher Expertise sowie die Erweiterung des Aufsichtsrates um einen Fanvertreter gepaart mit dem schalen Gefühl, dass dem HSV nicht mehr zu helfen ist. Nun bestimmt also die Mischpoke rund um den Putschisten und Totengräber Marcell „Le Coq Rock“ Jansen erneut die Geschicke des niedergegangenen Vereins. Der HSV hat seine Kernkompetenz im Nichtnutzen letzter Chancen wieder mal bestätigt. Und man ist mittlerweile ja auch fein mit der zweiten Liga…

Nun also zum gestrigen Spiel gegen Eintracht Braunschweig. Ausführliche Spieltagsberichte kann man allerorts nachlesen, ich möchte hier nur auf besondere Ereignisse und versteckte Signale eingehen. Das erfreulichste am ganzen Spiel war neben dem Erreichen der zweiten Pokalrunde der mit Spannung erwartete Einsatz des Youngsters Anssi Suhonen in seinem ersten Pflichtspiel für die Profis.

Suhonen wirkte zu Beginn noch leicht verunsichert von der großen Bühne, kam dann aber gut ins Spiel, mit vernünftigen Pässen und einigen gewonnenen Zweikämpfen, ähnlich bissig wie Reis. Dann, nach einem ungenauen Zuspiel mit einem Kurzsprint noch den Ball erreicht und dabei eine Ecke rausgeholt, die zum Siegtor geführt hat. Danach wesentlich mutiger und den Ball einfordernd, Körpersprache wieder ähnlich wie im Trainingslager. Völlig absurde Szenen beim versuchten Zusammenspiel mit dem technisch extrem limitierten Jatta, aber offensichtlich vollständig von seiner Verletzung genesen. Prima Einstand, klarer Kandidat für die Startelf, gern noch einige Spiele in Teilzeit, dann Stammplatz für die gesamte Saison. Wenn man dem Buben ähnlich viel „Platzzeit“ spendiert, wie sie Versagern wie Hunt und Jung zugestanden wurde, kann sich der HSV auf ein vielversprechendes Talent freuen. Einziges Problem: Der HSV hat bisher noch jedes Talent kaputtbekommen. Also Herr Walter, machen Sie was draus!

Die öffentliche Schelte des ehemaligen Kapitäns Leibold wird medial bereits als möglicher Fehler des Trainers bewertet, ich interpretiere den Ausbruch von Tim Walter eher als rechtzeitiges und notwendiges Signal in Richtung eines der Spieler, die den HSV-Virus der Rückrunde(n) noch in sich tragen. Leibold zeigte schon im Trainingslager erste Anzeichen eines bockigen Platzhirsches, der dem technisch versierten Newbie Reis gern mal seine Grenzen aufzeigen wollte. Nun, wo sein Best Buddy „Jonny“ Kittel wieder voll einsatzfähig ist, soll die linke Seite zum Hoheitsgebiet von Leibold und Kittel erklärt werden und ein möglicher Konkurrent auf Distanz gehalten werden. Für die Drecksarbeit darf der Ludovit gern herhalten, muss ständig Löcher stopfen, wenn der Tim mal marschiert und darf auch keine Standards mehr schießen, das übernehmen die beiden Herrschaften persönlich. Wie gesagt, das sind meine persönlichen Interpretationen solcher Nickligkeiten… nix dagegen, wenn ich mich irre.

Zu den Themen Startelf, Auswechselungen und Standards (speziell die Ecken) sowie den Trainingsabläufen hätte ich noch einiges im Angebot, aber da geben wir dem Herrn Walter mal noch einige Spieltage…