Eigentlich wollte ich nicht schon wieder vom Abschlusstraining berichten, aber beim HSV geschehen seltsame Dinge. Zum einen wird der neue Trainer in den Medien bereits angezählt, zum anderen kriegt er intern Druck von seinen Vorgesetzten, er möge die Intensität des Trainings doch runterfahren. Tim Walter sitzt also schon nach dem dritten Spieltag in einer Zwickmühle: Er müsste weiter intensiv trainieren, Spieler individuell verbessern, die Mannschaft entwickeln und zahlreiche Defizite abstellen, inklusive seines fragwürdigen Spielsystems und dem sturen Festhalten an ungeeigneten Spielern für die Startelf, aber er darf nicht so, wie er will. Schon nach der Saisonvorbereitung musste er einen Gang runterschalten, weil die Trainingslehre das so vorgibt und weil man die antrainierten Körner möglichst über die Saison verteilen möchte. In der Woche nach der unerquicklichen Niederlage gegen Pauli nahm dieser Mechanismus allerdings groteske Züge an: Drei trainingsfreie Tage direkt nach dem Stadtderby, Trainingseinheiten, die zugunsten einer „kollektiven Belastungssteuerung“ geopfert wurden und Übungen, die in einer Qualität dargeboten wurden, die sich kaum noch vom Rumgebolze von Freizeitkickern unterscheidet. Und so gipfelte diese Trainingswoche in einem Abschlusstraining, was kaum noch etwas mit Leistungskultur zu tun hat, sondern stark an die Zeit erinnert, als Komfortzonen und Wohlfühlbereiche das Training vom HSV geprägt haben. Hier einige kurze Impressionen:

Nach teilweise skurrilen Aufwärmübungen gab es zuächst ein äußerst müdes 8-gegen-2-Rumgedaddel, was allein beim Zuschauen schon böse Erinnerungen an die unsägliche Leistungsverweigerung gegen Pauli erweckte.

 

 

Danach gab es eine Übung, die bei HSV-Twitter als „Schnelle Aktionen in unterschiedlichen Teams, geht ordentlich zur Sache.“ bezeichnet wurde. Auffällig hierbei vor allem, dass fast alle Spieler die meiste Zeit nur rumstehen und zuschauen. Trainingswissenschaftler werden sicherlich anführen, dass diese Übungsform genau so durchgeführt werden soll, wechselnde Phasen von Hochbelastung und Ruhepausen, Fokus auf Handlungsschnelligkeit und schnellem Torabschluss. Was für ein Mumpitz! Diese Übung dauerte gerade mal gute 15 Minuten. Man kann sich leicht ausrechnen, wie oft jeder Spieler dabei ranmusste.

 

 

Diese Übungsform ersetzte dann auch gleich noch das übliche Abschlussspielchen. Bemerkenswert wieder mal der unermüdliche Anssi Suhonen, der in seinem Übereifer glatt einen draußen wartenden Spieler umrannte, der allerdings wie versteinert ins Leere glotzte und es offensichtlich nicht nötig hatte, dem immer 100% gebenden Youngster rechtzeitig auszuweichen.

 

 

Danach war dann schon Feiamt. Tim Walter stand die Unzufriedenheit ins Gesicht geschrieben. Von der Vereinsführung wird er als „spannender Trainer“ bezeichnet, aber intern zurückgepfiffen. Er selbst sagt: „Ich bin zufrieden mit der Mannschaft. Momentan sehe ich keinen Handlungsbedarf.“ und gleichzeitig „Wir sind im ständigen Austausch. Gute Spieler sind immer herzlich willkommen.“ Da wird man schon mal zum Knurrer. Welche Rolle der lustige Hosenmatz mit dem Smartphone dabei spielt, ist leider nicht überliefert.

 

 

Nach Trainingsende konnte man noch dem unwürdigen Schauspiel „Keiner mag mit Anssi kicken.“ beiwohnen. Solche Bilder erinnern stark an die Zeit, als Tapete Diekmeier dem neuen Mitspieler Osterzollek unmissverständlich signalisierte, dass man solche Extraschichten beim HSV nicht gern sieht. Bei Suhonen scheint es sich eher um einen Fall von „Zu fit für die Mannschaft“ zu handeln. Aus diesem Video musste der Ton nachträglich entfernt werden, da das Original von einem omnipräsenten „Kult-Fan“ durch sein unerträgliches Organ entwertet wurde.

 

 

Die in den Medien verbreitete Regel mit den Strafen für verlorene Bälle entspricht übrigens tatsächlich der Realität. Und wer sonst könnte das ernster nehmen, als ein in der Hierarchie ganz unten stehender Nachwuchsspieler. Die etablierten HSV-„Stars“ hätten wohl jemand vom Staff losgeschickt. Auch diese spektakuläre Aufnahme wurde am Ende irreparabel beschädigt…

 

 

Nun könnte man hinterfragen, was diese Fokussierung auf Anssi Suhonen soll. Der hat doch noch kein Spiel durchgespielt, hat keinen Einsatz in der Startelf vorzuweisen und es ist völlig unklar, ob er überhaupt für „Herren-Fußball“ in der zweiten Liga geeignet ist. Sorry, ich kann das nicht mehr hören! Warum lässt man ihn nicht einfach spielen? Ansonsten wird man nie erfahren, ob der Bube es auch unter Wettkampfbedingungen draufhat.

Während der letzten Übungsform gab es auch einige sehenswerte Zweikämpfe zwischen Reis und Suhonen, die hier leider nicht zu sehen sind, aber bezüglich der Intensität von niemandem im Kader auch nur ansatzweise erreicht werden und trotzdem frei von Nickeligkeiten sind. Von daher würde ich mir weiterhin wünschen. dass der Übungsleiter einfach mal den Mut hat, im Mittelfeld mit Meffert als Sechser und mit Reis und Suhonen als Achter zu spielen, schlechter als das bisherige Rumgebolze kann es kaum werden.

Standards wurden gestern nicht trainiert, dafür aber mehrmals unter der Woche. Die Qualität der Ausführungen war wie immer eine bodenlose Frechheit, dazu wird es demnächst einen eigenen Blog geben.

An Spekulationen zur möglichen Startelf werde ich mich nicht beteiligen, stattdessen wünsche ich viel Spaß mit diesem Leckerbissen.