Schlechte Nachrichten für alle, die gehofft hatten, dass Tim Walter kurzfristig entsorgt wird.

Nachdem Heimschläfer Boldt den Kader nach seinen Vorstellungen komplettiert hat und einige Missverständnisse mit Harakiri-Walter aus dem Weg geräumt wurden, sitzt der Übungsleiter nun wieder fest im Sattel und darf in der Länderspielpause ordentlich Gas geben, ohne jedoch das Star-Ensemble unnötig zu verschrecken.

Zunächst wurden die verbliebenen Säulenspieler Gjasula und Leistner entfernt, nachdem sie für schlechte Stimmung in der Kabine gesorgt hatten und die Atmosphäre in der Gruppe negativ beeinflusst haben. Dann wurden mit Vuskovic und Doyle zwei externe Nachwuchstalente auf Leihbasis in den Volkspark geholt und damit der Kurswechsel des Vereins unterstrichen. Die beiden Jungprofis stehen für einen neuen Weg, den die „HSV-Bosse“ definiert haben. Zuvor wurde Walter bereits nahegelegt, die erfolglosen Experimente mit dem schlafmützigen David in der Innenverteidigung und mit Kinsombi und Rohr im Mittelfeld unverzüglich zu beenden.

Perspektivisch setzt man also weiterhin auf die neue Achse mit Schonlau und Meffert und möchte die Innenverteidigung mit dem Kroaten-Juwel stabilisieren, bis Ambrosius wieder fit ist und zu alter Stärke zurückgefunden hat. Mit Gyamerah und Leibold wäre die Startelf-Viererkette dann komplett. Da Kittel und Jatta wohl weiterhin auf den Außenpositionen gesetzt sind und Glatzel aus unerklärlichen Gründen eine Startelf-Garantie als Neuner hat, wird es für Wintzheimer und Meißner weiterhin schwer werden, in die Stammelf zu rutschen. Spannend dürfte es zukünftig auf den beiden Achter-Positionen werden. Nachdem Reis bisher nur als Wasserträger für Kittel und Leibold in Erscheinung treten durfte, kriegen Heyer und Suhonen auf der anderen Seite den Pep-Bubi Doyle vor die Nase gesetzt. Nachdem Walter sich mit Kinsombi und Rohr verzettelt hatte, fehlte ihm der vielzitierte Mut, auf die Youngster Reis und Suhonen zu setzen und so hat Boldt ihm mit Doyle eine weitere Alternative spendiert, sodass er nun aus dem Vollen schöpfen kann.

Selbstoptimierer Boldt gebärdet sich mittlerweile wie ein russischer Diktator, indem er sämtliche Misserfolge der letzten Jahre vollkommen ignoriert und sich eine Amtszeit nach der anderen vom sedierten Aufsichtsrat genehmigen lässt und dabei für Geduld wirbt und den Wunsch aller Hüpfer nach Kontinuität bedient, obwohl jeder weiß, dass Kontinuität nur in Verbindung mit Qualität und Kompetenz erstrebenswert ist. Und so wird Boldt auch nicht müde, immer wieder zu betonen, dass er mit der Gesamtsituation fein ist und Walter das nötige Vertrauen ausgesprochen hat, um in Ruhe weiterarbeiten zu können.

Also habe ich in dieser Woche die Leibesübungen der zwangsverjüngten Rumpeltruppe mal wieder etwas genauer unter die Lupe genommen: Im Gegensatz zur letzten Woche mit drei lächerlichen Einheiten gab es diese Woche vier Trainingseinheiten plus das Testspiel gegen den FC Groningen. Tim Walter scheint wieder in seinem Element zu sein und scheuchte die Söldner und Jungmillionäre mit hoher Intensität durch den Volkspark, wobei er am Tag nach dem Testspiel tatsächlich zwei Einheiten ansetzte. Nicht wenige der Spieler schlichen danach die Treppe zum Stadionumlauf hinauf und Walter feixte sich einen. Das Spiel gegen den holländischen Erstligisten artete zeitweise zum Wut-Test aus und gab den Spielern die Gelegenheit, ihre soziale Kompetenz im Dagegenhalten etwas zu stärken. Als Zeichen seiner Flexibilität spendierte Walter danach ein trainingsfreies Wochenende, um die HSV-„Stars“ bei Laune zu halten und Boldt zu signalisieren, dass er den „new way“ kapiert hat.

Auch Horst Hrubesch wurde mittlerweile fest in das Netz der Boldtschen Einigkeit eingebunden. Ganz in seinem Sinne setzt man nun verstärkt auf Youngster, auch wenn man diese erstmal ausleihen musste, aber so baut man dem Direktor Nachwuchs eine Brücke, nachdem dieser zum Saisonende noch verkündet hatte, dass er im NLZ keine Kandidaten zum Hochziehen sieht, um dann zu Beginn dieser Saison wieder umzuschwenken und durchaus großes Potential bei den Youngstern zu erkennen. Passend dazu ließ Walter im Testspiel auch drei Newbies aus der U21 ran, die freilich nur die U21-Nationalspieler Reis, Suhonen und Kaufmann nominell ersetzen sollten. Und falls das Spielsystem von Walter den verjüngten Kader weiterhin überfordert, gibt es innerhalb der Vorstands- und Direktorenebene kurze Wege, um den nächsten Interimstrainer mit einem erneuten Blickkontakt zu finden. Man kennt sich, man schätzt sich und man weiß, dass man das Kommando diesmal rechtzeitig übergeben muss.

An die aktive Fanszene hat Boldt natürlich auch gedacht. Man betont demonstrativ, dass man die Ultras schnellstmöglich wieder an Bord haben möchte und zeigt sich verständnislos dafür, dass die Stadt die Stehplätze der Nordtribüne immer noch mit Sitzplätzen für Event-Fans zweckentfremdet. Nur dadurch könne man sich die genervten Pfiffe der Fans erklären, sowas würde mit der aktiven Fanszene nicht passieren. Und dann war da ja noch die Geschichte mit dem Capo und dem Aufsichtsrat.

Und als Ergebnis dieser Gemengelage befürchte ich, dass uns die Kombination Boldt, Mutzel und Walter noch ziemlich lange erhalten bleibt. Nicht umsonst verkündete der erfahrene Football-Leaks-Profi Boldt:

Ich habe vor, sehr, sehr lange hierzubleiben.

Ich habe jede Menge Geduld, sonst wäre ich nicht hier.

Pech auch für die verstörend anmutende Widerstandsfront aus Dauerhüpfern und Hofberichterstattern, denen dieses Mal der Arsch auf Grundeis geht, weil sie endlich kapiert haben, wie kaputt der HSV ist. Peace out, Sportsfreunde. Es wird eine geile Saison…