Gestern las ich mit wachsendem Entsetzen folgende Meldung im Hamburger Auftragsblatt:

„Der HSV profitiert von einem millionenschweren Zuschussprogramm des Bundes für Unternehmen, bei dem man nachweisen muss, dass der Umsatz coronabedingt im Vergleich zu 2019 um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist. Und genau das ist beim HSV – anders als bei den meisten anderen Fußball-Proficlubs – der Fall.“

Es ist kaum zu begreifen: Der Verein, der in den letzten Jahren regelmäßig Riesenverluste in seinen Bilanzen auftürmte, Millionenhonorare für Berater, Spieler und Funktionäre raushaut und gefeuerten Trainern, Spielern und Vorständen absurde Abfindungen hinterherwirft, der bekommt jetzt 10 Millionen Euro aus dem Steuersäckel als nicht rückzahlbare Corona-Hilfe?

Ihr wollt mich doch verarschen?

Das ist ein Schlag ins Gesicht jedes ehrlichen Steuerzahlers und all der Menschen, die in Corona-Zeiten um ihre Existenz kämpfen oder diese bereits verloren haben.

Vergessen wir mal kurz, dass der HSV, seit Wettstein anfing, in jedem einzelnen Jahr Millionenverluste eingefahren hat. Ignorieren wir die Tatsache, dass der Hamburger Senat den klammen Kollegen letztes Jahr das Stadiongelände für 23.500.000 Euro abgekauft hat. Fragen wir uns:

Gab es Gehaltsverzicht bei den Spielern?

Gab es Gehaltsverzicht bei Vorständen und Direktoren?

Gab es Kürzungen auf der Geschäftsstelle?

Versprochen wurde viel, danach war nur noch Schweigen im Walde. 100 (von 300) Mitarbeiter in Kurzarbeit, das war alles.

Man muss sich klarmachen: Diese 10 Millionen Euro sichern die Arbeitsplätze von Menschen, die mehrere 100.000 Euro Jahresgehalt bekommen, die Jahr für Jahr mit Fehlentscheidungen (Säulenspieler, etc.) und Minderleistung (Nichtaufstiege, etc) richtig Kohle kosten und die, falls sie gefeuert werden, satte sechsstellige Abfindungen kassieren. Hier werden Millionäre, die finanziell aus- und extrem gut vorgesorgt haben (Abfindungen, etc) von der öffentlichen Hand gefüttert. Viele, die um Ihre Existenz kämpfen, können davon nur träumen. Was sagen eigentlich Hamburgs Gastronomen, Hoteliers, Kinobesitzer, Musicalbetreiber, Konzertveranstalter und andere Pandemie-Opfer dazu?

Und komm mit jetzt bitte keiner mit dem Totschlag-Argument „Arbeitsplätze“. Wieviel Hilfe bekommt der Koch, der seinen Job verloren hat? Die Friseurin, die gefeuert wurde? Der Selbständige, der seine Wohnung verkaufen musste, um zu überleben? Wären diese Arbeitsplätze es nicht auch wert, gerettet zu werden?

Und kommt mir jetzt bitte keiner mit dem Totschlag-Argument „Sozialneid“. Erstens bin ich auf niemanden neidisch und zweitens gibt es einen Riesenunterschied zwischen Sozialneid und sozialer Ungerechtigkeit und um nichts anderes handelt es sich hier.

Und komm mir jetzt bitte keiner mit dem Totschlag-Argument „Lufthansa, BMW, TUI doch auch“. Ich halte es grundsätzlich für eine Riesenschweinerei, wenn hochprofitable Unternehmen Milliardenbeträge aus Sozialkassen abgreifen und diese Kohle dann umgehend in Form von Dividenden an die Aktionäre oder als Boni an die Manager weitergereicht wird.

Und – last but not least – komm mir jetzt bitte keiner mit dem Totschlag-Argument „Wettstein kann nicht anders“. Niemand ist gezwungen, öffentliche Gelder zu nehmen. Im Übrigen ist der Mann als Finanzvorstand für jeden Drecksvertrag, jede Abfindung und jedes Beraterhonorar der letzten 7 Jahre und damit für die Finanzmisere des Vereins an entscheidender Stelle mitverantwortlich. 

Aber es kommt noch besser im Auftragsblatt:

„Hintergrund des positiven Bescheids ist die Tatsache  dass der Umsatz des HSV von rund 120 Millionen auf etwas mehr als 50 Millionen geschrumpft ist (ein Rückgang um fast 60 Prozent). Damit erfüllen die Hamburger die Voraussetzung des millionenschweren Zuschussprogramms des Bundes für Unternehmen, da ein coronabedingter Einbruch des Umsatzes von mindestens 30 Prozent die Voraussetzung war.“

Das bedeutet im Klartext: Je schlechter man gewirtschaftet hat, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man dafür auch noch belohnt wird. Misswirtschaft, Verschwendung und Korruption sind also nicht länger ein Zeichen von Unfähigkeit, sondern von Cleverness. Was für eine kranke Scheiße ist das denn bitte?

Nur mal so nebenbei: Für das ebenfalls vom Staat aufgelegte und über 200 Millionen Euro schwere Programm „Corona-Hilfe Profisport“ ist der HSV nicht antragsberechtigt. Hier hatte die Bundesregierung die 36 Clubs der ersten und zweiten Bundesliga explizit ausgenommen.

Überhaupt, hat die Fußballwelt nicht erst vor kurzem noch große Töne gespuckt? Von neuer Demut war zu hören, von Sparzwang und Veränderung. Aber hey, das war ja noch zu Zeiten, als alle Profisportaktivitäten verboten waren und die Vereine bei der Politik um eine Ausnahme bettelten. Was ist seitdem passiert? 25 Mio. für einen Trainerwechsel, 20 Mio. Gehalt für einen Abwehrspieler und 100+ Mio. Ablöse für einen 22-Jährigen Stürmer. Und der Staat tut alles, damit die Sause für die Turboverbrenner genauso weitergeht, wie vor Corona.

Man muss sich langsam mal fragen, wer hier eigentlich verachtenswerter ist: Leute wie Wettstein und Boldt oder die Politiker, die diesen Gaunern die öffentliche Kohle in den Allerwertesten blasen. Leider stecken alle unter einer Decke und mit alle meine ich nicht nur Fußball und Politik, sondern auch die Medien. Daran werden auch die Wahlen nichts ändern.

Es ist einfach nur noch zum Kotzen: Die, die es am Schlimmsten treiben, werden auf Kosten der Allgemeinheit auch noch dafür belohnt! 

Wenn das kein Tritt in die Eier ist, was dann?