Eigentlich wäre der gestrige Blog von Gravesen ein perfekter Abschluss gewesen, um sich endgültig vom HSV zu lösen und das jahrelange Leiden und Fremdschämen für immer zu beenden. Schön zu den Klängen von „The End“ und der Stimme von Colonel Kurtz „Ich habe das Grauen gesehen.“ endlich Schluss machen und den HSV symbolisch zu Grabe tragen. Aber egal, wie sehr man sich am späten Sonntagabend solchen verlockenden Endzeitphantasien hingibt, so sicher kann man sein, dass spätestens am Montag morgen die nächste Schweinerei von den Totengräbern des HSV auf den Weg gebracht wird und einem den Alltag vermiest. Statt einem sinnlosen „Weiter, immer weiter“ gilt also mehr denn je ein vollkommen desillusioniertes „Mitgefangen, mitgehangen“: Man kommt einfach nicht los von dem gefallenen und geschändeten Fußballclub und begleitet den nicht enden wollenden Niedergang des Vereins mit einer Mischung aus Neugier, Wut und Fassungslosigkeit.
Ganz in diesem Sinne hatten die Söldner und Jungmillionäre schon wieder drei Tage trainingsfrei, nachdem sie am Donnerstag mit einem Rumpfkader ein Testspiel gegen irgendwelche Dänen gewonnen hatten, um sich dann erstmal im Glanze dieses Triumphes einen feuchten Kehricht um die offensichtlichen Baustellen zu kümmern. Wenn ich diese Pressemitteilungen auf der Webseite des HSV lesen muss, könnte ich jedesmal im Strahl kotzen.
Für die HSV-Profis heißt es aktuell: durchatmen und Akkus aufladen. Nach dem 7:4-Erfolg im Testspiel gegen den dänischen Erstligisten FC Nordsjaelland gewährt Cheftrainer Tim Walter seinen Schützlingen drei freie Tage. Am Montag wird das Training im Volksparkstadion mit Blick auf das nächste Punktspiel gegen den SSV Jahn Regensburg (Sonnabend, 20. November, Anstoß 13.30 Uhr) wieder aufgenommen.
Das Testspiel war übrigens scheiße und für die Entwicklung der Mannschaft kaum förderlich, weil die meisten Youngster fehlten und der Gegner dem HSV wohl mal zeigen wollte, was die so unter „Jugend forscht“ verstehen. Dennoch habe ich eine Szene herausgepickt, die ich hier kurz thematisieren möchte und zwar den Assist von Kaufmann für das Tor von Meißner zum 5:3. Diese Vorlage war für sich allein betrachtet eigentlich DIE perfekte Flanke: Vorher zum Mitspieler geschaut, unglaublich präzise ausgeführt und mit einer feinen Technik direkt aus dem Fußgelenk reingeschlagen, schon fast gechippt. Schade nur, dass so ein Spielzug beim HSV unter echten Wettkampfbedingungen nicht reproduzierbar ist, denn so schön diese Flanke auch war, sie war ein reines Zufallsprodukt.
Natürlich möchte ich damit auch wieder auf die katastrophalen Trainingsdefizite hinweisen, da Cheftrainer Tim Walter weiterhin auf geeignete Übungsformen für Standards, Flanken und Torabschlüsse verzichtet und sich auch keine Sau dafür interessiert. In der letzten Woche konnte man immerhin eine 15-minütige Übung beobachten, wo ein Gegenspieler müde nebenhertrabte und den ausführenden Spieler dazu nötigte, so etwas wie ein „Dribbling“ anzusetzen. Solange die Trümmertruppe in dieser Form weitertrainiert wird, kann man schon fast von vorsätzlicher Arbeitsverweigerung sprechen und dem sturen Übungsleiter vereinsschädigendes Verhalten vorwerfen. Aber wo kein Kläger ist, ist auch kein Richter.
Im Zusammenhang mit dem eher selten gewordenen Begriff „Dribbling“ möche ich erneut auf das sehr interessante Interview mit Hermann Gerland verweisen, hier einige Auszüge:
„Im Kindesalter müssen wir ran. Mit kleinen Spielformen, drei gegen drei, damit die Kinder viele Ballkontakte haben. Wir haben früher als Kinder in den Ferien acht Stunden gespielt. Als ich beim FC Bayern anfing, haben wir gerade in den Ferien zweimal am Tag trainiert. Da war keiner verletzt. Heute hört man nichts mehr von Adaption und Superkompensation, heute höre ich nur noch von Systemen und von Belastungssteuerung. Die gab es damals nicht. Übung macht den Meister, das war vor 50 Jahren so, ist heute so und in 50 Jahren auch noch.“
„Wenn ich sehe, wie stark wir früher in der Abwehr waren, heute arbeiten wir immer im Verbund. Trotzdem ist es deutlich besser, wenn ein Spieler eine Lösung im Eins-gegen-eins hat. Auch in der Offensive. Wir müssen den Spielern beibringen zu dribbeln, aber wenn ich nur immer fordere, pass, pass, pass und jedes Spiel nur mit zwei Kontakten mache, dann kann ich keinen Dribbler entwickeln. Wenn ich denen helfen will, muss ich sagen: dribbel, dribbel, dribbel! Und wenn er den Ball verliert, gleich noch mal. Dann können sie mit 19 auch dribbeln. Aber wenn sie bis 17 nur gepasst haben, können sie mit 19 nicht dribbeln. Und: Im Nachwuchsbereich steht die Ausbildung der Spieler im Vordergrund und nicht der Erfolg der Mannschaft.“
Übrigens: Als ich den obigen Spielzug das erste mal in der Wiederholung sah, war ich spontan an diese Szene erinnert:
Ein weiterer Übungsleiter, der verbrannte Erde hinterließ.
Same procedure as last year? – Same procedure as every Year, James!
Meißner freut sich überhaupt nicht über sein Tor.
Warum auch? An einem nebligen Nachmittag im November im leeren Stadtpark gegen eine U19-Auwahl von Hvide Sande. Das perlt nicht wirklich.
Haha, genau. Wir haben beim Trainingsspiel zum Aufwärmen auch nicht über unsere Tore gejubelt.
Die Frage ist doch wohl: Warum?
Weiß er, dass es nichts wert ist, weil er ohnehin nicht spielen wird?
Oder ist die Stimmung in der Mannschaft so mies?
Schonlau wirkt auch nicht wirklich begeistert in der Szene.
„Bocklos“ trifft es auf den Punkt, obwohl das Tor sehr schön war.
Was stimmt denn da bloss nicht?
Testspiel!!! Das sollte man nicht überbewerten!
Und BTW: ich behaupte mal…DEN aus 3,5-4 Metern, hätten wir auch alle reingemacht 😃😅
Da was draus abzuleiten, ist mir persönlich etwas zu viel.
Aber es ist mal eine Flanke angekommen, das sollte man erwähnen……..🤓🤓🤓
….hat Alex doch hinreichend gemacht in seinem Blog.
Ich glaube, es ist für einen HSV-Profi zu uncool, sich über ein Tor in einem bedeutungslosen Testspiel zu freuen.
Fußball ist eigentlich eine der simpelsten Sportarten auf dem Planeten. Je besser man den Ball beherrscht (also dass er das macht was man will) desto erfolgreicher wirst du als Spieler. Deswegen kann man auch als minderbegabter Spieler sehr erfolgreich werden, wenn man einfach zehn Jahre lang einfach übt übt übt übt.
In Zukunft wird es noch schlimmer werden. Denn der allgemeine gesellschaftliche Trend, dass man mit ganz wenig Arbeit ganz viel Geld verdient ist ja schon verheerend. Siehe Influencer, jugendlichen Kryptotrader…
https://www.hsv.de/news/die-leute-haben-weiterhin-bock-auf-diesen-geilen-verein
😂😂
Morgen
…Alter Falter!!! Ich hoffe du (Ihr) nimmst dieses Interview mit dem „Göbelkopp“ mal richtig auseinander!!!