Nur mal kurz zur Erinnerung: Professioneller Fußball ist kein Freizeitvergnügen, bei dem jeder nach dem Motto „Dabeisein ist alles“ sein Glück versuchen und im Falle des Scheiterns ne Banane essen und glücklich sein kann. Professioneller Fußball ist ein Geschäft, ein Milliardengeschäft. Wer in diesem Business meint, sein Süppchen jahrelang vor sich hin köchern lassen zu können, ist schneller abgehängt als irgendjemand „Daffeh“ sagen kann. Professioneller Fußball ist ein täglicher Kampf uns Optimum, um das Maximale, jemand, der einfach nur mitmachen möchte, verschwindet ganz schnell in der Versenkung. Beim KSV ist man nun auf eine glorreiche Idee gekommen – man ersetzt messbare Faktoren wie Vorgaben und Ziele einfach durch schwammige Phrasen wie „Entwicklung“, „Geduld“ und „Ausbildung“ und meint dann, damit aus dem Schneider zu sein. Tatsächlich jedoch möchte man sich mit dieser verbalen Hinhalte-Taktik nichts anderes als Zeit erkaufen. Zeit für sich, wohlgemerkt, nicht Zeit für Talente oder den Verein. Denn der Verein hat diese Zeit nicht (mehr), er hat sie verschenkt. Im 5. Jahr in der zweiten Liga wird das Geld nicht mehr, es wird weniger und die Abstände nach oben werden größer. Im Falle des KSV kommt noch erschwerend hinzu, dass er inzwischen alles zu Geld gemacht hat, was möglich war. Fan-Anleihen ins Serie, Ausverkauf der AG-Anteil, Grundstücksverkauf, die Schatztruhe ist leerer als leer. 

 

In den verbleibenden fünf Pflichtspielen bis Mitte Mai geht es für den 46-Jährigen daher längst nicht mehr darum, die nur noch theoretische Aufstiegschance zu wahren. Vielmehr muss er die Kritiker von seinem Weg überzeugen – und den gesamten HSV wieder hinter sich bringen. „Es wird spannend sein, wie die Entwicklung der Mannschaft in den nächsten Spielen weitergeht“, sagt nicht etwa Walter, sondern Marcell Jansen. (Quelle: Auftragsblatt)

Nein, das ist überhaupt nicht spannend, es ist schlicht und ergreifend überflüssig. „Spannend“ war die Betrachtung der Mannschaftsenwicklung und die Leistung des Trainer, als es noch um etwas ging und nicht bei den Spielen um die goldene Ananas, bei denen eh niemand mehr etwas von einer der teuersten Mannschaften der Liga erwartet. Dieses Präsidenten-Gesülze ist wieder einmal nichts anderes als heiße Luft und dient im Endeffekt dazu, sich selbst für anstehende Entscheidungen den Rücken freizuhalten. Denn darin sind sie wirkliche Meister im Volkspark, im Taktieren. Bloß nicht angreifbar machen, bloß die unangenehmen Geschichten von anderen erledigen lassen. Jansen ist dabei nur die gecremte Spitze des Eisbergs. 

„Bei uns läuft es jedes Jahr gleich“, bemängelt Jansen, der wie alle im Club ambitionierte Ziele verfolgt. „Natürlich ist mittelfristig unser Ziel aufzusteigen.“ (Quelle: Auftragsblatt)

Mittelfristig ist gut, wenn man demnächst bereits 5 Jahre im Unterhaus rumstochert. Was genau heißt denn „mittelfristig“? Kurzfristig hieße wohl innerhalb der nächsten 2 Jahre, mittelfristig dürfte entsprechend einen Zeitraum von bis zu weiteren 5 Jahren bedeuten, das ist ja großartig, was für eine Zielsetzung, was für ein Leistungsgedanke. Natürlich stecken hinter solchen Äußerungen glasklares Kalkül. Gibt man die Zielsetzung „mittelfristiger Aufstieg“ aus, hat man die nächsten 5 Jahre seine Ruhe, denn auf Nachfragen könnte man immer mit dieser getätigen Aussage kontern. „Warum? Ich hatte doch 2022 von einem mittelfristigen Plan gesprochen. Warum fragen sie im Jahr 2025 schon wieder danach. Aktuell sind wir Tabellen-12., also voll im Plan“. Oder aber der Aufstieg gelingt völlig überraschend schon innerhalb der nächsten zwei Jahre, dann kann man sich übergreifend als wahrer Messias feiern lassen. Der Umstand, dass im Profi-Fußball eine mittelfristige Planung so gut wie ausgeschlossen ist, wird an dieser Stelle einfach mal ignoriert. Der Zusatz: „Der wie alle im Club ambitionierte Ziele verfolgt“ soll an dieser Stelle wahrscheinlich eher der Belustigung dienen oder als Treppenwitz herhalten. Oder der Autor meint damit die persönliche Ziele von Präsident Pinselreiniger, dann kommt’s hin. 

 

Herrjeh, ist dieser Clown seicht. 

Tatsache ist, dass jeder Verein im professionellen Fußball ein Ziel hat, ein Ziel haben muss. Für die Einen ist es der Klassenerhalt, für die Anderen die Teilnahme am europäischen Geschäft. Selbst ein gesicherter Mittelfeldplatz kann als Ziel herhalten, denn selbst daran kann man gemessen werden. Die Herren im Volkspark jedoch spielen mit rhetorischen Seifenblasen wie „Entwicklung“, „Ausbildung oder „mittelfristig“, weil diese Faktoren eben nicht messbar sind und man sie für das Verfehlen dieser nicht vorhandenen Ziele nicht zur Verantwortung ziehen kann. So aber funktioniert Leistungssport nicht und Profi-Fußball funktioniert so erst recht nicht. Diese Herren kassierten deshalb so unglaublich viel Geld, weil ihre Arbeit eben genau das sein muss – messbar und bewertbar. Die Führungsriege des KSV möchte aber auch hier sämtliche Gesetze des Marktes außer Kraft setzen, um die eigenen Verträge aussitzen zu können. Mit tatkräftiger Unterstützung der Hofberichterstatter wird dies auch noch eine zeitlang  gutgehen.