Die Message der gesamten Riege der Hamburger Hofberichterstatter ist eindeutig, wie sie eindeutiger nicht sein könnte.

„Verlängert endlich mit Boldt!“ kreischt der unsichtbare Matthias Müller-Bothmann in der BILD

„Das Abwarten des Aufsichtsrats schadet dem HSV“ meint Marktschreier Frederik Ahrens von der Mopo

Einen „HSV-Machtkampf-Sieger“ sieht der schleichende Schmierlappen ShyKiller vom Auftragsblatt

Dabei stellt sich doch eigentlich nur die eine Frage, oder? Warum in Gottes Namen ist die Vereinigung der Steigbügelhalter plötzlich so versessen darauf, dem Heimschläfer einen langfristigen Vertrag reinzuschreiben? Was haben die davon? In den Redaktionen kann es den Pfeifen doch komplett Latte sein, wer beim KSV im Vorstandsbüro hockt, warum also dieser plötzliche Druck und dann auch noch so vehement und flächendeckend? Nun, die Antwort darauf ist mehrteilig. Zuerst einmal entspricht man mit einer „Berichterstattung“ dieser Art natürlich dem aktuellen Zeitgeist und der dümmsten kritischen Masse des Universums aka der KSV-Fans. Sie sehen (natürlich auch bedingt durch eben diese „Berichterstattung) in Judas Bildt den Heilsbringer, der er nicht ist, nie war und nie sein wird. Aber Presse ist ein Tagesgeschäft und die billigen Blättchen müssen nicht nur gelesen, sie müssen auch gekauft werden, deshalb schreibt man bei jeder passenden Gelegenheit seine Lesern nach dem Mund. Teil 2 der Anwort ist etwas komplizierter, aber eigentlich doch leicht zu verstehen – weil man etwas dafür bekommt. 

Wie bereits erwähnt, ist es den Journalisten-Simulanten in den Redaktionen eigentlich vollkommen egal, wer in St. Ellingen für die Skandale sorgt, aber man ist gern bereit, als Gegenleistung für interne Informationen, Exklusiv-Interviews (Kühne) etc. eine Gegenleistung zu erbringen, dann ist man sich auch nicht zu schade, bei dem Versuch eines kompletten Imagewechsels das Helferlein zu spielen? Oder fällt es nicht auf? Sonnenkönig Judas I. wird seit Wochen als ein vollkommen anderer Mensch dargestellt. Der Wechsel vom inhaltlichen Versager, der drei Nichtaufstiege maßgeblich zu verantworten hat hin zum Macher und Baumeister der besten Mannschaft, die dieser Verein je gesehen hat. Der Wandel vom arroganten Arschloch, der zahlende Mitglieder während einer Versammlung von der Kanzel abwatscht hin zum introvertierten und schüchternden 2m-Slenderman, der im Restaurant gern allein in der Ecke sitzt und am besten nicht erkannt werden will. Weg vom eitlen Selbstdarsteller und hin zum einsamen Regen-Jogger mit tief ins Gesicht gezogener Basecap. Es ist so lächerlich offensichtlich, was dort gerade praktiziert wird, aber bei den Idioten wird es die Wirkung nicht verfehlen. 

Jonas Boldt ist gerne inkognito unterwegs. Meist trägt der Sportvorstand des HSV ein tief ins Gesicht gezogenes Cap, oft auch einen dicken Schal. Wenn es regnet und keiner auf der Straße ist, geht er gern joggen. Im Café setzt sich der 40-Jährige so hin, dass er den Raum überblickt – und nicht umgekehrt. Das einzige Problem: Boldt ist zwei Meter groß – und fällt den meisten Menschen schon beim Betreten des Cafés auf. „Ist das nicht Jonas Boldt?“, wird dann oft gefragt. Er ist es – dabei steht Boldt ungern im Mittelpunkt. Und auch das ist schwierig.

Die einen sagen: dickköpfig und arrogant. Die anderen sagen: konsequent

Ziemlich konsequent war Boldts Vorgehen in der vergangenen Woche, als er von dem Wüstefeld-Aus erfuhr. Der neue Allein-Vorstand verschickte umgehend Mails an die alte Direktorenebene, die Wüstefeld in Units aufgebrochen hatte. Der Tenor: Nach den Monaten des Stillstands, in denen es auf der Geschäftsstelle nur noch um Wüstefeld ging, soll nun wieder gemeinschaftlich vorangegangen werden

Und Boldt? Will nicht im Mittelpunkt stehen, wird aber bis dahin im Mittelpunkt stehen. Immerhin: Nach seinem Abitur an der Waldorfschule studierte er BWL mit Schwerpunkt Sportmanagement. Als sein Professor ihm damals eine Promotion anbot, lehnte Boldt ab. Über einen Doktortitel wird Boldt also definitiv nicht stolpern.

Oh Kotz! Ginge es nicht eine Spur weniger schmalzig, Schiller? Etwas weniger offensichtlich? Aber wenn man es zu subtil macht, begreifen es die Hohlhüpfer natürlich auch nicht. Dabei stellt sich mir auf der Stelle die Frage, woher das Hamburger Auftragsblatt all diese wunderschönen Geschichten aus dem Leben des Judas Bildt hat? Sollte man dem Hungerhaken vielleicht einen 24/7-Detektiv auf die Fersen gesetzt haben? Ob ShyKiller persönlich beim Prof des Waldorfschülers angerufen und die Geschichte mit der angebliche Promotion überprüft hat, ist nicht überliefert, es ist auch eher unwahrscheinlich, denn derartige Recherche-Ressourcen hat man vorerst für die Jagd auf Snowdon-Wüstefeld verpulvert. Und im Fall der Football Leaks-Berühmtheit fragt auch keiner so genau nach wie im Fall des pro-Porno-Vorstandes. Nein, natürlich haben alle Hamburger Blätter die Informationen direkt von Boldt, wie sie alle anderen Informationen über den Verein auch von Boldt haben. Das, was diese Ratte gerade macht, nennt man „Die Gunst der Stunde nutzen“, denn solange der sportliche Erfolg existiert, sind die Argumente für eine Vertragsverlängerung da. Sollte man zwei Spiele in Folge verlieren, könnte das Pendel ganz schnell wieder zur anderen Seite aussschlagen und auch die Kooperationspartner bei den Hamburger Medien könnten dann ganz plötzlich das genaue Gegenteil von dem fordern, was sie gerade verlangen. 

Der Aufsichtsrat, so kaputt und unfähig er auch sein mag, wäre gut beraten, sich nicht erpressen zu lassen. Weder von Boldt, noch von Kühne und auch nicht von den Hofberichtern. Denn am Ende des Tages wird eine Vertragsverlängerung mit dem schüchternen 😀 😀 Slenderman nur eines für den Verein: 

TEUER.