Am Tag, an dem Thomas Wüstefeld vom Amt des pro-Porno-Finanzvorstandes zurücktrat, hatte eine Leserin dieses Blogs eine Idee: „Wäre das nicht deine Chance auf ein Exklusiv-Interview?“ Um ehrlich zu sein, hatte ich darüber gar nicht nachgedacht, aber je mehr ich nachdachte, umso witziger fand ich die Idee. Allerdings gab es da zwei Probleme. 1. Ich lebe in Australien, das Interview müsste also schriftlich ablaufen. 2. Ich hatte keine Email-Adresse von Wüstefeld. Gar kein Problem, die Leserin besorgte mir innerhalb von 5 Minuten gleich zwei. Ich schrieb also an den weidwund geschossenen Pharma-Unternehmer folgende Mail: 

29.09.2022

Guten Tag Herr Wüstefeld,   gerade las ich von ihrem Rücktritt als Vorstand und Aufsichtsrat der HSV Fußball AG. Wie sie vielleicht wissen, betreibe ich den Blog „HSV-Arena“ und ich würde ihnen anbieten, im Rahmen eines (schriftlichen) Interviews ihre Sicht der Dinge zu schildern. Beim Hamburger Abendblatt würde ich es in ihrer Stelle nicht machen. 
Grüße aus Australien Ulrich Hetsch
 
29.09.2022
 
Ohne die Hoffnung auf eine Antwort beließ ich es dabei, ich sollte mich täuschen. Denn am nächsten Tag erhielt ich folgende Email:
 

Guten Tag Herr Hetsch,

vielen Dank für Ihre Mail, ich stehe gerne für ein Interview zur Verfügung.

Viele Grüße nach Australien Thomas Wüstefeld

 

 

30.09.2022

Potzblitz, damit hatte ich nicht gerechnet, aber ich machte mich sofort an die Arbeit. Nachlesen, Termine checken, Aussagen sammeln, Fragen formulieren. Nach weniger als 2 Stunden war der Fragenkatalog komplett und ich schickte mein schriftliches Angebot zurück nach Hamburg. Nachfolgende Fragen hätte ich gern beantwortet gehabt: 

Frage 1: Wie groß ist die persönliche Erleichterung nach ihrem „freiwilligen“ Rücktritt als pro bono-Finanzvorstand des HSV?

Kurze Zeit, nachdem sie das Amt als Nachfolger von Frank Wettstein angetreten hatten, bemerkten sie nach eigener Aussage, dass das gesamte Geld, welches der HSV durch den Verkauf des Vereinsgeländes eingenommen hatte sowie die vom Staat gewährten Corona-Hilfen restlos ausgegeben worden waren.
Frage 1 hierzu: Warum wurden sie ihrer Meinung nach über diese Tatsache nicht im Vorfeld informiert?
Frage 2 hierzu: Was genau haben sie hinsichtlich der Finanzen des HSV vorgefunden? Sie sprachen von einer überaus ernsten Situation?
Frage 3 hierzu: Was passierte, nachdem sie Herrn Kühne respektive Herrn Gernandt auf diesen Sachverhalt angesprochen hatten. Schließlich hat dieser Umstand durchaus Auswirkungen auf den Wert der AG-Anteile?
Frage 4 hierzu: Ist ihnen aus heutiger Sicht bekannt, wofür genau diese immerhin € 37,5 Mio. tatsächlich verwendet wurden?


Frage: Wie groß ist aus ihrer Sicht die Notwendigkeit, die Mitarbeiterzahl des HSV zu reduzieren, um den Verein finanziell solide aufstellen zu können?


Frage: Sie haben gesagt, dass sie zahlreiche Dienstleisterverträge aufgekündigt hatten und dadurch dem Verein viel Geld gespart hätten. Welcher Vertrag war aus ihrer Sicht der kurioseste?


Frage: Wie sehen sie die Chance des HSV, angesichts der aktuellen Strukturen und der finanziellen Situation in absehbarer Zeit in solides Fahrwasser zu manövrieren?


Frage: Thema Medienkampagne. Warum hatte aus ihrer Sicht besonders das Hamburger Abendblatt ein so großes Interesse, sie aus dem Amt zu schreiben?
Frage: War besonders das Hamburger Abendblatt aus ihrer Sicht fremdgesteuert und wenn ja, durch wen?


Frage: Sie haben erwähnt, dass die Kampagne gegen ihre Person besonders durch das leaken von Unterlagen, die lediglich zu internen Verwendung gedacht und die ausschließlich dem Vorstand sowie Teilen des Aufsichtsrats bekannt waren, befeuert wurde. Der Vorstand bestand bis auf ihre Person nur aus einem weiteren Mitglied, haben sie einen Verdacht, wer die Inhalte der Papiere an die Medien gespielt hat?


Frage: Ihrer Meinung bzw. ihres Wissen nach – werden Medienvertreter von Teilen des HSV gelenkt oder gar bezahlt, wenn sie wohlwollende Artikel verfassen (Stichwort NDR-Affäre)?


Frage: Sie waren Mitglied des Aufsichtsrats. Fühlen sie sich von ihren Kollegen, besonders in Anbetracht der medialen Hetzjagd im Stich gelassen?


Frage: Haben sie schon abschließend geklärt, was mit ihren 5,1% AG-Anteilen passiert, nachdem sie aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden sind?


Frage: Fehlende Mittel zur Stadionsanierung, Schuldenstand, extrem hohe laufende Kosten. Wie kann der HSV aus ihrer Sicht erklären, dass er während der abgelaufenen Transferperiode mehr Geld als alle anderen Zweitligisten zusammen ausgegeben hat und dann um Kredite und staatliche Bürgschaften betteln muss?


Frage: Ist ihrer Meinung nach das Fehlen eines Vorstandsvorsitzenden ein elementares Problem des HSV?
Frage: Mit dem Wissen von heute – hätten sie lieber auf ein Engagement beim HSV, sowohl Kauf der AG-Anteile wie auch Rolle des Finanzvorstandes, verzichten sollen?


Frage: Nachdem die Zweifel an ihren Titeln medial gespielt wurden und die Fragen auch nicht verstummten, wäre es für sie nicht einfacher gewesen, einfach ein Zertifikat/Urkunde vorzulegen, um die Zweifler ruhig zu stellen? Warum haben sie darauf verzichtet?


Frage: Empfinden sie es rückblickend als Fehler, öffentliche Ankündigungen wie die Sicherung der Bürgschaft oder den Beginn das Sanierungsarbeiten zu machen, die sie dann nicht einlösen konnten?


Frage: Mit dem Wissen, welches sie heute haben (Situation des Vereins, Verhalten einiger Offizieller, Verhalten der Medien etc.), kann man dann noch guten Gewissens HSV-Fan sein?


Frage: Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Marcell Jansen, hat sich lange vor sie gestellt. Macht man das so unter Geschäftspartner oder war dies nur deshalb so, weil Herr Jansen von ihnen profitiert hat? Wie „helfen“ sie Marcell Jansen?


Frage: Sie haben einige dringend notwendige Schritte zur Vereinssanierung (Mitarbeiter, Dienstleister etc.) angestoßen und sich damit garantiert unbeliebt gemacht, deshalb hat vor ihnen auch niemand diese Themen angefasst. War vor ihrer Ernennung zum Finanzvorstand dies Teil ihre „Aufgabe“ und wurde sie ihnen vom Aufsichtsrat in Auftrag gegeben oder war dies ausschließlich auf Eigeninitiative zurückzuführen?


Frage: Würden sie jemandem, der ein Amt beim HSV anstrebt und die ernsten Absichten hat, signifikante Veränderungen herbeizuführen, zu diesem Schritt raten?


Frage: Ist ihrer Meinung nach eine „Zusammenarbeit“ mit den Hamburger Medienvertretern Voraussetzung für eine längerfristige Tätigkeit beim HSV?`


Frage: Aus ihrer Sicht – könnte angesichts der all-in Transferstrategie von Herrn Boldt der HSV einen 5. erfolglosen Wiederaufstieg überleben?


Frage: Würden sie sagen, dass der HSV kurz- und mittelfristig ohne Herrn Kühne nicht existieren kann, wenn man keine signifikanten Veränderungen in der Vereinsstruktur herbeiführt, wie sie sie angstrebt haben?


Frage: Wie schädlich ist aus ihrer Sicht der Einfluß von Herrn Kühne auf den HSV?


Frage: Wie schwer ist es eigentlich, die ganze Zeit zu schweigen, wenn man um die internen Gegebenheiten des HSV weiß?


Frage: Marcell Jansen erklärte heute in einer einigermaßen seltsamen Pressekonferenz, dass es in ihrem eigenen Interesse sein müsste, für Aufklärung hinsichtlich ihrer Titel zu sorgen. Ihre Meinung dazu?

 

Diesen Fragenkatalog schickte ich Thomas Wüstefeld am Freitag, den 30.09.2022 um 8.23 Uhr australischer Zeit zu. Nun wartete ich. Am 2. Oktober erdreistet ich mich, nachzufragen, was denn aus meinen Fragen geworden wäre oder ob sich Wüstefeld die Sache mit dem Interview anders überlegt hätte. Erneut keine Antwort. Nach erneuter Nachfrage meinerseits am 05.10.2022 erhielt ich diese Mail: 

Guten Abend Herr Hetsch,

sorry, für mein verspätete Antwort,

ich habe mir nochmals Gedanken gemacht und würde das Thema zunächst im Sinne des HSVs ruhen lassen.

Ich würde mich bei Ihnen melden, vielleicht wäre eine Videokonferenz dann das geeignete Medium.

Ich hoffe auf Ihr Verständnis

Mit freundlichen Grüßen | Best Regards Dr. Thomas Wüstefeld Ph.D.

 

 

06.10.2022

Ich reagierte umgehend, weil ich das so gelernt habe.

Hallo Herr Dr. Wüstefeld, zuerst einmal vielen Dank für die Rückmeldung. Schade, ich war der Meinung, für sie wäre eine schriftliche Darstellung der Geschehnisse am einfachsten und bequemsten zu bewerkstelligen. Natürlich können wir uns auch für eine Videokonferenz verabreden, nach meinem Dafürhalten sollte dies jedoch einigermaßen zeitnah geschehen, in zwei Wochen interessiert das alles keinen Menschen mehr und der Vertrag mit Herrn Boldt ist verlängert. Ich würde demnach einen Tag Anfang der nächsten Woche vorschlagen, am besten um 21.00 Uhr deutscher Zeit. Viele Grüße nach Hamburg Ulrich Hetsch
 
11.10.2022
 
Nach nunmehr 5 weiteren Tagen des Wartens ohne eine Antwort las ich nun heute nach dem Aufstehen dies hier: 
 
 
Nun denn, im Sinne des KSV möchte der „Dr.“ also vorerst das Thema ruhen lassen, ich verstehe. Nur zur richtigen Einordnung der Dinge: Ich habe absolut keinen Anspruch und auch kein Recht auf irgendein Interview! Wenn mir aber jemand signalisiert, dass er für ein Gespräch zur Verfügung stehen würde, gehe ich davon aus, dass er es sich gut überlegt hat. Natürlich kann es vorkommen, dass man eine Nacht darüber schläft und zu einer anderen Ansicht kommt, gar kein Problem. Wenn man mir aber mitteilt, dass man das Thema erst einmal ruhen lassen möchte, bei mir auf Zeit spielt, um sich dann in einem anderen Medium zu äußern, dann ist das genau das Verhalten, welches Wüstefeld dorthin gebracht hat, wo er heute steht. Sprüche, Ankündigungen, Zusagen und nichts davon wird eingehalten. Ein Blender wie er im Buch steht. Ich für meinen Teil verzichte jedenfalls auf ein Gespräch/Interview mit diesem Herren.
 
In diesem Sinne…