„Langweilige Ruhe vor dem Stadtderby“ titelte der Insolvenzbolger und auch daran kann man überdeutlich erkennen, dass die 2/7-Pfeife weniger als nichts begriffen hat, nicht begreifen will oder nicht begreifen darf, weil der Auftraggeber es nicht möchte. Die „langweilige Ruhe“ entsteht nämlich nicht aus einer vermeindliche Souveränität oder ähnlichem, sie entsteht aus dem Sturz in den Belanglosigkeit, die sich im fünften Jahr zweite Liga mehr und mehr manifestiert und unumkehbar ist. Anders ausgedrückt: Der KSV interessiert einfach nicht mehr, er ist bundesweit gesehen ein austauschbarer Zweitligist geworden und eben nicht ein Bundesliga-Dino, dessen erster Abstieg nicht mehr als ein Betriebsunfall war. Der KSV ist uninteressant, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern inzwischen auch in der eigenen Stadt. Dabei würden sich viele Fußballinteressierte unter Garantie über einen Erstligisten aus Hamburg freuen, die Freude wurde und wird jedoch immer wieder durch die Nebengeräusche und Begleitumstände getrübt, die seit Jahren die DNA dieses Vereins bestimmen. 

Denn machen wir uns doch nichts vor, wofür steht dieser Klub im Jahr 2022 und eigentlich schon die letzten 20 Jahre? Doch nicht für sportlichen Erfolg, rauschende Fußballfeste, Mega-Transfers oder Pokale. Der KSV steht für Skandale in Serie, für Abgreifer und Selbstoptimierer. Er steht für Abfindungen und Transferpossen. Er steht für Aufsichtsrats-Maulwürfe, Kühne-Interviews und Trainer-Entlassungsrekorde. Und aktuell steht er für einen arroganten Slenderman, einen dünn-angerührten Trainer, einen Präsident Pinselreiniger, einen Pseudo-Doktor und einen Identitätsbetrüger. „Vereint 2025“ sollte die Formel lauten, die all dies mit einer Powerpointseite wegwischt, aber dies ist ebenso lächerlich wie peinlich. Man kann die Geschichte der letzten Jahre nicht mit einer belämmert-formulierten Azubi-Präsentation ausradieren und so tun, als würde man sich pausenlos in den Armen liegen, obwohl sich die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats gegenseitig mit Klagen und Untersuchungsausschüssen drohen und sich am liebsten die Messer in die Rücken stecken würden. 

Fragt man KSV-Interessierte, welches das letzte wirklich geile Spiel ihres Vereins war, an welches sie sich erinnern können, fällt zu 90% die Aussage: „Das 4:4 gegen Juve“. Stimmt, das war wirklich ein Fest, ich war im Stadion. Aber dieses Spiel wurde am 13. September 2000 gespielt, das ist mehr als 22 Jahre her. Torschütze zum zwischenzeitlichen 1:1 war Tony Yeboah, der Mann ist heute (mindestens) 56 Jahre alt. Seither hat der Verein seine Anhänger nicht nur vorsätzlich enttäuscht, er hat sie vertrieben. Und nun möchte ein Journalisten-Simulant diese „langweilige Ruhe vor dem Stadtderby“ als etwas Gutes verkaufen? Es ist keine Langeweile, Münchhausen, es ist Desinteresse. Desinteresse von frustrierten und ermüdeten Ex-Anhängern, die nicht mehr daran glauben, dass sich dieser Verein jemals ändern könnte. Oder möchte.