Wann eigentlich ist ein Trainer ein guter Trainer? 

Die Diskussion ist wahrscheinlich so alt wie Dieter Matz, aber ich finde sie dennoch spannend. Wann ist ein Trainer eigentlich ein guter Trainer? Was macht den Übungsleiter einer Fußballmannschaft zu einer Zierde seiner Zunft? Oder andersherum – wann ist ein Trainer ein Versager? Wann muss man eingestehen, dass der Cheftrainer eher Blendgranate als Bombe ist? Der Weg zu einer Antwort ist lang, steinig und nicht wirklich einfach, trotzdem würde ich es gern versuchen. 

Wenn sich ein Fußballverein auf die Suche nach einem neuen Chefcoach begibt, nach welchen Kriterien wird selektiert? Nun, zuerst einmal wird natürlich die Vita des Kandidaten geprüft, werden seine Erfolge (und hoffentlich auch seine Mißerfolge) betrachtet, wird geschaut, wie denn die Mannschaften performt haben, bei denen der Mann oder die Frau die Verantwortung trugen. Ich fürchte, an dieser Stelle hören die meisten Sportdirektoren bereits auf mit dem Qualitäts-Check, denn ansonsten wären weder die zahllosen Fehlgriffe inklusive Millionenabfindungen noch die Halbwertzeit eines Profitrainers in Deutschland, die bei ca. 11 Monaten liegen soll, erklärbar. Also, was sollte noch Teil des Anforderungsprofils sein, welches der nächste Heilsbringer erfüllen sollte. Wäre ich Sportchef, ich würde grundsätzlich schauen, unter welchen Umstände der Kandidat bei seinen letzten Stadionen arbeiten musste/durfte. Welche Transfervolumina hatte er zur Verfügung? Welche Leistungsträger mussten abgegeben werden und wie konnten die Verluste aufgefangen werden? Nächste Frage: Warum wurde der Kandidat bei seinen letzten Stationen entlassen? Erfüllte er die Erwartungen nicht und waren diese Erwartungen eventuell gar nicht erfüllbar? Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem Sportchef, wie verhielt sich der Mann/die Frau im Umgang mit den Medien? Wie performte die gerade verlassene Mannschaft unmittelbar nicht dem Abgang des Kandidaten? Kurzum: Wenn ich nach einem neuen Chefcoach suche, ist mehr damit verbunden als nur den Markt nach möglichen freien Kadidaten abzusuchen. Manchmal macht es tatsächlich Sinn, einen geeigneten Kandidaten aus dem Vertrag herauszukaufen. 

Ein weiterer Aspekt: Nicht jeder Verein sucht die gleichen Trainer-Typus. Bei einem Verein wie Bayern München z.B. muss der Cheftrainer nicht entwickeln, er muss erfolgreich sein und zwar sofort. Man erwartet eine erkennbare Handschrift, attraktiven Fußball und Titel. Ende. Dafür wird der Mann auch fürstlich bezahlt und ihm wird nahezu jeder Spielerwunsch erfüllt. Bei vielen anderen Verein ist das anders, sie haben weder die Mittel zur Verfügung, noch haben sie Titel-Ambitionen. Es kann sein, dass ein Aufsteiger einen Trainer sucht, der die größtmögliche Chance bietet, die Klasse zu halten und gleichzeitig junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs einzubauen, die dem Klub auf dem nächsten Transfermarkt das nötige Kleingeld einbringen. Dies sind „Probleme“, mit denen sich ein Julian Nagelsmann nicht beschäftigen muss, dafür wurde er nicht geholt. Ganz wichtig bei der Trainersuche, jedenfalls nach meiner Auffassung: Ist der Kandidat in der Lage, aufgrund seines bevorzugten Spielstils aus dem vorhandenen Spielermaterial der Bestmögliche herauszukitzeln? Ebenso wichtig – ist der Mann/die Frau flexibel? Mir bringt ein Trainer wenig, der zwar einen angeblich attraktiven Stiefel spielen lassen möchte, der Verein aber gar nicht die Spieler für dieses System unter Vertrag hat. 

Man sieht an diesen stark gekürzten Ausführungen, dass es gar nicht so einfach ist, den richtigen Trainer zu finden und oft erscheint es mir, als ob viele Vereinsverantwortliche allzu oft einfach nur nach dem nächsten Strohhalm greifen, um irgendwen präsentieren zu können und den Anschein wahren können, sie hätten alles im Griff. Als guter Sportchef muss ich auf der Position des Trainers mindestens so intensiv scouten und vorbereitet sein wie auf der des Mittelstürmers, leider scheint dies absolut nicht an der Tagesordnung zu sein. Nochmal kurz: Ein Verein wie Bayern oder ManCity wird sich nie auf einen Einsteiger einlassen, sie werden immer nach einem Star-Trainer suchen. Bei allen anderen Vereinen gelten andere Gradmesser und diese werden scheinbar oft genug ignoriert, anders ist eine durchschnittliche Beschäftigungsdauer von gerade einmal 11 Monaten nicht erklärbar. Um das Ganze auf den KSV runterzubrechen: Ein guter Trainer wäre ein Trainer, der mit dem gleichen finanziellen Einsatz wie beispielsweise Paderborn oder Heidenheim das Gleiche erreicht. Wenn ich als Trainer aber die mit Abstand teuerste Mannschaft zur Verfügung habe und mit noch größerem Abstand das meiste Geld für Transfers ausgeben und ich dann trotzdem nur durchschnittliche Magerkost anbieten kann, dann bin ich kein guter Trainer. In diesem Fall gilt übrigens das Gleiche für den Sportvorstand. 

Fazit: Für mich gibt es zwei Arten von guten Trainer. Der Erste macht aus wenig viel. Er hat weniger Geld und Stars zur Verfügung als andere, erzielt aber durch Fleiß, Fachkenntnis und soziale Kompetenz mehr als sie. Der Andere schafft es, ein schwieriges Star-Ensemble zu Titeln zu führen, denn ich denke, dass ist schwieriger als es scheint. Habe ich 18 Spieler im Kader, von denen jeder einen Anspruch auf Startelf und Stammplatz erhebt, beschäftige ich mich als Trainer irgendwann mehr mit den persönlichen Eitelkeiten der Mega-Stars als mit den Trainingsinhalten. Hinzu kommt, dass bei einem Überangebot an Stars auch mit großer Wahrscheinlichkeit einige dabei sind, die bereits Titel gewonnen haben und von daher einen gewissen Status ableiten. All dies ist beim KSV nicht der Fall, hier wurde nach dem Abstieg jeder Übungsleiter daran bewertet, ob er mit einem Top 3-Etat den Aufstieg schafft oder nicht. Gemessen an diesen Ansprüchen ist Tom Walter ein absolut unterdurchschnittlicher Trainer und Judas Boldt ist ein noch mieserer Kaderplaner und Sportchef.