„Gut ist der Reichtum, wenn keine Schuld an ihm klebt.“ (Jesus Sirach)

Am Ende ist es die Frage nach der Richtung, der Entwicklung? Ist diese Entwicklung gesund? Wird sie zu etwas Besserem führen? Das, was zur Zeit aus Saudi-Arabien in die Welt schwappt, ist zumindest in meinen Augen nicht gesund, im Gegenteil. Dabei sind die Massenwanderungen bisher in Europa spielender Fußballer weder Anfang noch Ende dieser Entwicklung, man befindet sich wahrscheinlich noch nicht einmal in der Mitte. Im Golfsport hat der saudische Staatsfond einfach mal eine neue Tour gegründet und diverse Topspieler mit unfassbaren Mond-Angeboten davon überzeugt, der etablierten PGA den Rücken zu kehren. So soll ein Phil Mickelson nur dafür, dass er die saudische Tour spielt, $ 100 Mio. pro Jahr kassieren, ohne Preisgelder wohlgemerkt. Und genau das ist sowohl Ansatz wie auch Problem, es wird nicht für Leistung, sondern für pure Anwesenheit bezahlt. Durch die Abwanderung zahlreicher Multi-Millionäre sah sich die PGA letztendlich gezwungen, sich mit den Geldsäcken aus Saudi-Arabien zu vereinigen, auch eine Form der Epressung. Natürlich ist Golf nicht alles, (gekaufte) Weltmeisterschaften in diversen Sportarten, Formel 1-Rennen etc.  das Sportswashing ist allgegenwärtig und die Mittel des Landes aus dem Nahen Osten scheinen unbegrenzt zu sein. 

„Wer seine Wünsche zähmt, ist immer reich.“ (Voltaire)

Nun ist es also der Fußball, der aufgrund seiner Popularität natürlich eine besondere Rolle spielen muss. Waren es zuerst nur halbwegs unbekannte Spieler, die größtenteils über ihren Zenit hinaus waren, gelang mit der Verpflichtung des 38-jährigen Christiano Ronaldo der erste große Coup, der nun eine Lawine nach sich ziehen könnte. Denn Spieler ab einem gewissen Alter (und entsprechend ohne längerfristige Zukunft in ihren Nationalmannschaften) können im Lande Sauds in einem Jahr soviel „verdienen“ wie in ihrer bisherigen Karrieren zusammen, wer kann dazu schon nein sagen? Nun, es könnte z.B. jemand nein sagen, der die Frage stellt, woher das Geld stammt, welches auf seinem Konto eingeht. Es könnte jemand die Frage nach Menschen- und Frauenrechten stellen und – rein sportlich- könnte jemand die Frage stellen, wie reizvoll es ist, vor 14.400 Zuschauern bei 46 Grad Außentemperatur in einem vollklimatisierten Stadion auf Oberliga-Niveau zu bolzen. Man könnte sich auch fragen, ob es ethisch vertretbar ist, Geld von einem Staat (dem saudischen Staatsfond gehören 75% der meisten Vereine) anzunehmen, welches einen kritischen US-amerikanischen Journalisten in seiner Botschaft töten und zerstückeln ließ. 

„Arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel braucht.“ (Seneca)

Und doch muss man sich die Frage stellen, ob man von Berufssportlern Entscheidungen erwarten kann, die Staaten und Länder nicht bereit sind zu treffen. Denn kaum ein Staat ist bereit, aus ethisch-moralischen Gründen auf Geschäfte mit den Saudis zu verzichten. Die USA, deren Bürger Jamal Kashoggi vom Staat Saudi-Arabien getötet wurde, weil er eben diesen Staat kritisiert hatte (Am 11. Oktober 2018 erklärten türkische Behördenvertreter, dass sie im Besitz von Ton- und Videoaufnahmen seien, die belegten, dass Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet wurde. Auf den Tonaufnahmen sei zu hören, wie Khashoggi „verhört, gefoltert und dann getötet“ wurde. Der Journalist sei bei lebendigem Leib zerstückelt worden), machen jedes Jahr Waffengeschäfte in Milliarden-Höhe mit dem Wüstenstaat, das saudische Öl lehnt ebenfalls niemand ab. Kann man also von Berufssportlern, deren Karrieren eine relativ kurze Halbwertzeit haben, erwarten, dass diese bei einem ummoralischen Angebot auf etwas verzichten, worauf ihre eigene Regierung, die FIFA und der Rest der Welt eben nicht verzichtet?

„Geld: der beste Köder um nach Menschen zu fischen.“ (Thomas Fuller)

Ich bin ehrlich, ich maße mir ein Urteil darüber nicht an, weil ich nicht weiß, wie ich selbst reagieren würde, würde mir als Mittdreißiger jemand für 2 Jahre Ballgeschieben € 50 Mio. bezahlen. Aber ich kann sagen, was diese Entwicklung mit mir als Sportfan macht, ich entfremde mich in Rekordzeit. Geld wurde schon immer im Sport verdient und es wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr, aber früher wurden Leistungen und Erfolge honoriert und keine Anwesenheit oder Abgebrühtheit. „Mein Sport“ ist das alles nicht mehr und in mir ist die Hoffnung, dass das saudische Sportswashing mittelfristig ebenso scheitert wie der chinesische Fußball-Versuch. In meiner Welt ist eben doch nicht alles käuflich und darauf bin ich ein wenig stolz. Traurig allerdings, dass man auf eine solche Selbstverständlichkeit stolz sein muss.