Wie sich die Dinge ändern, oder? Da veröffentlicht ein (Grünen)-Politiker ein Video auf X (vormals Twitter) und das politische Deutschland liegt sich weinend in den Armen. Von allen Seiten des politischen Spektrums der Republik hagelt es Lob für die historische Rede Robert Habecks und viele Politker mit Ambitionen denken sich heute wahrscheinlich: „Shit, warum bin ich nicht auf die Idee gekommen?“ Dabei macht der Vize-Kanzler eigentlich nur etwas mehr als Selbstverständliches, er sagt die Wahrheit und der Umstand, dass dies ebenso als politische Sensation wie auch als Befreiungsschlag für Kühe-Schweine-Ziegen-Robert gesehen wird, sollte uns alle bedenklich stimmen, denn wie ist es um ein Land bestellt, in dem die Selbstverständlichkeit, die Wahrheit eine sensationelle Überraschung sein kann? Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang aber noch etwas anderes, nämlich der Sinneswandel der Gesamtbevölkerung. Denn, sein wir doch mal ehrlich, hätte Habeck die gleiche Rede vor zwei Jahren gehalten, er wäre umgehend in eine Ecke mit Bernd Höcke verfrachtet worden und jemand, der nicht weiß, wer Habeck ist, hätte wahrscheinlich gemutmaßt, es handele sich um irgendeinen verstrahlten AfD-Abgeordneten aus Sachsen-Anhalt. 

Doch was ist in diesen zwei Jahren denn eigentlich groß passiert? Klar, zuerst Krieg in der Ukraine und dann das Hamas-Massaker mit anschließender israelischen Antwort, aber im Land selbst waren die Zustände vor zwei Jahren doch bereits 2021 ähnlich wie heute. Warum muss das Fass eigentlich immer erst übergelaufen sein, bis es die Menschen begreifen? Warum muss ein Großteil der Bevölkerung „endlich“ persönlich betroffen sein, um zu reagieren? Robert Habeck hat die Dinge beim Namen genannt und die Situation richtig beschrieben, nun muss eine Regierung, bei der er selbst den Vize-Kanzler gibt, auch entsprechend reagieren, ansonsten waren es, wieder einmal, nur warme und leere Worte.